Netzwerk tief in Politik und Wirtschaft

Verbrecherbande erbeutet Millionen mit Datenklau

Dienstag, 29. Oktober 2024 | 07:51 Uhr

Von: Ivd

Rom – Die jüngste Datenklau-Affäre in Italien offenbart ein bislang ungeahntes Netzwerk illegaler Spionage und Erpressung. Die Mailänder Staatsanwaltschaft ermittelt gegen rund 60 Personen wegen des unerlaubten Zugriffs auf vertrauliche Informationen aus staatlichen und wirtschaftlichen Datenbanken. Unter den Festgenommenen befindet sich auch ein Beamter der Finanzpolizei. Zu den Beschuldigten gehören hochrangige Unternehmer und IT-Spezialisten, die eine beispiellose Datenbeschaffungs- und Erpressungsmaschinerie aufgebaut haben sollen.

Bande aus hohen Beamten und Wirtschaftsgrößen

Die mutmaßlichen Täter, darunter ein ehemaliger Elite-Polizist und IT-Experten, sollen nicht nur auf sensible Daten italienischer Spitzenpolitiker wie Senatspräsident Ignazio La Russa und Ex-Bürgermeisterin von Mailand, Letizia Moratti, zugegriffen haben. Auch hochrangige Unternehmer wie Leonardo Del Vecchio, der Sohn des Luxottica-Gründers, und Bankier Matteo Arpe stehen unter Verdacht, sich Informationen illegal beschafft zu haben, um Konkurrenten unter Druck zu setzen.

Im Zentrum der Ermittlungen steht die IT-Firma Equalize, geleitet von Carmine Gallo, einem Ex-Polizisten, der den Ermittlern zufolge im Auftrag des einflussreichen Geschäftsmannes Enrico Pazzali agierte. Die Hackerbande soll über 3,1 Millionen Euro an illegalen Profiten erzielt haben, indem sie Datenbanken infiltrierte und geheime Informationen sammelte. Besonders schockierend: Laut den Ermittlern konnte das Netzwerk offenbar sogar auf E-Mail-Accounts zugreifen, die mit dem Namen von Staatspräsident Sergio Mattarella registriert waren.

ANSA

Eine zentrale Figur des Netzwerkes, der IT-Experte Nunzio Calamucci, soll über gehackte Informationen auch anderen Verdächtigen berichtet haben, darunter auch Aufträge zur Überwachung prominenter Namen wie Carlo Sangalli, Präsident von Confcommercio sowie weiterer bekannter Unternehmer und Politiker.

„Das kann kein Rechtsstaat dulden“

Premierministerin Giorgia Meloni äußerte sich schockiert: „Kein Rechtsstaat kann das illegale Sammeln von Dossiers dulden,“ kommentierte sie die Vorfälle. Justizminister Carlo Nordio forderte eine Reform der Gesetzgebung: „Die Technologie entwickelt sich schneller als die Gesetze – das stellt eine ernsthafte Gefahr für unsere Demokratie dar.“

Mit diesem jüngsten Skandal scheint ein geheimer Markt für persönliche Daten scheint ans Tageslicht gekommen zu sein. Der Anti-Mafia-Staatsanwalt Giovanni Melillo bestätigte, dass die Affäre tief in die italienische Wirtschaftswelt reicht. Neben Erpressungen sollen die gesammelten Daten offenbar auch ins Ausland verkauft worden sein – ein Umstand, der aus geopolitischer Sicht eine Gefahr für Italien darstelle, so Außenminister Antonio Tajani.

Wer zieht die Fäden?

Verteidigungsminister Guido Crosetto wirft die Frage auf, ob es einen roten Faden gibt, der die vielen illegalen Informationssammlungen und Datenzugriffe verbindet. Der Skandal offenbart ein bedrückendes Szenario für Italien: Unternehmen, Politiker und Journalisten wurden gezielt überwacht und womöglich im großen Stil erpresst. Es bleibt die Frage, ob Italien dem Druck von Aus- und Inland in einer zunehmend digitalisierten Welt standhält.

Kommentare

Aktuell sind 13 Kommentare vorhanden

Kommentare anzeigen