Von: ka
Sandrigo – Die Gemeinde Sandrigo in Südtirols Nachbarregion Venetien ist Schauplatz eines aufsehenerregenden und verstörenden Verbrechens.
Eine „Badante“, die 46-jährige Paola Pettinà, wird des vierfachen Mordes und des fünffachen Mordversuches verdächtigt. Die 46-Jährige, die vom Untersuchungsrichter als „notorische Lügnerin“ bezeichnet wird, wird beschuldigt, einer ganzen Reihe von älteren Menschen, für die sie zwischen den Jahren 2022 und 2024 als „Badante“, als Pflegerin und Haushaltshilfe, gearbeitet hat, hohe Dosen der Medikamente Alprazolam, Lorazepam und Trazodon verabreicht zu haben. In einem der Fälle scheint es gesichert, dass sie ihrem Opfer eine tödliche Medikamentendosis eingeflößt hat.
Die lange Liste der ihr zur Last gelegten schweren Straftaten, die dem 77-seitigen Haftbefehl zugrunde liegen, ist erschütternd und verstörend. Neben den an den älteren Personen begangenen Verbrechen soll Paola Pettinà unter anderem versucht haben, ihren Lebensgefährten, der ihr hohe Geldsummen geliehen hatte, zu vergiften. Auch dessen Mutter, die unter verdächtigen Umständen starb, könnte von der „Badante“ getötet worden sein.
Obwohl laut der Staatsanwaltschaft die Beweise erdrückend seien, weist Paola Pettinà jegliche Verantwortung von sich. „Schon möglich, dass ich es mit der Gabe der Medikamente etwas übertrieben habe, aber die älteren Menschen sind unruhig gewesen, ich wollte ihnen nichts antun“, sagte Paola Pettinà zu den Carabinieri, die sie am Mittwochabend festnahmen. Seither sitzt die 46-Jährige im Gefängnis von Verona in Untersuchungshaft.
Den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zufolge gab sich Paola Pettinà gegenüber den Familien der älteren Menschen, die sie pflegen und betreuen sollte, als erfahrene Pflegekraft und diplomierte Krankenpflegerin des Krankenhauses von Vicenza aus. In Wahrheit jedoch besaß die 46-Jährige, die früher in einem Einkaufszentrum als Verkäuferin gearbeitet hatte, keine Fachausbildung im Pflegebereich. Zudem verschwieg sie den Angehörigen, dass sie selbst hohe Dosen des Medikaments Xanax – ein Medikament, das zur Gruppe der Benzodiazepine gehört und zur kurzzeitigen Behandlung von Angst- und Panikstörungen eingesetzt wird – konsumiert.
Indem sie sie in Kaffee, Wasser oder Tee auflöste, ging Paola Pettinà so weit, ihren „Patienten“ bis zu 100 Tropfen Xanax am Tag einzuflößen. Die hohen Dosen dieses und ähnlicher Medikamente führten bei den älteren Menschen zu massiven gesundheitlichen Beeinträchtigungen wie Taubheit, Schwindel, Artikulationsstörungen und Schwierigkeiten beim Aufstehen, an denen sie vor der „Betreuung“ durch die neue „Badante“ nicht gelitten hatten. In mindestens einem Fall, jenem der 81-jährigen Imelda Stevan, soll diese „Behandlung“ den Tod herbeigeführt haben. Allerdings könnte sie für den Tod von drei weiteren älteren Personen verantwortlich sein.
Die Spuren dieser Medikamente, die in den Haaren der Toten und der Überlebenden gefunden wurden, veranlassten die Staatsanwaltschaft dazu, sie des vorsätzlichen Mordes zu beschuldigen, denn laut der Anklage habe Paola Pettinà gewusst, dass die verabreichten Dosen tödlich sein könnten. Als die Angehörigen der Opfer auf das Verhalten der „Badante“ aufmerksam wurden, versuchte sie ihnen weiszumachen, dass die älteren Menschen diese Mengen ohne ihr Wissen zu sich genommen hätten.
Neben den an den älteren Personen begangenen Verbrechen soll Paola Pettinà unter anderem versucht haben, ihren Lebensgefährten zu vergiften. Der 50-Jährige, der von den Taten seiner Lebensgefährtin keine Kenntnis hatte und der 46-Jährigen verfallen war, hatte ihr hohe Geldsummen geliehen. Sie ließ ihm glauben, dass es sich bei den Tabletten, die sie ihm gab, um Multivitamine handle. Die Xanax-Tropfen hingegen löste sie in seinem Fruchtsaft auf.
Als ihm am 14. März dieses Jahres zu Hause schlecht wurde, woraufhin er das Bewusstsein verlor, war Paola Pettinà gezwungen, Hilfe zu rufen. Der Notarzt und sein Team trafen gerade noch rechtzeitig ein, um das Leben des Mannes zu retten. Im Krankenhaus wurde beim 50-Jährigen eine Überdosis Benzodiazepine diagnostiziert. Die Ärzte spritzten ihm den Antagonisten des Benzodiazepins und hielten ihn anschließend einige Tage unter Beobachtung. Verstörend ist, dass auch der Tod seiner 75-jährigen Mutter, die unter verdächtigen Umständen starb, auf das Konto der „Badante“ gehen könnte. Beide Namen scheinen in der dem Staatsanwalt vorliegenden Liste der Paola Pettinà zur Last gelegten versuchten Morde auf.
Finta badante accusata di quattro omicidiLa Procura di Vicenza ha disposto l'arresto della finta badante Paola Pettinà per l'omicidio di quattro anziani e il tentato omicido di altre cinque persone, tra cui l'ex compagno, finito in ospedale per overdose da ansiolitici. Valeria Papitto per il Tg3 delle 12 del 22 dicembre 2024
Posted by Tg3 on Sunday, December 22, 2024
Auffällig ist, dass es ihr gelang, sich Unmengen des Medikaments Xanax zu beschaffen. Nicht zuletzt dank der tätigen Mithilfe eines Apothekers, der beide Augen zugedrückt haben soll, gerieten zwischen den Jahren 2021 und 2024 nicht weniger als 272 Schachteln des Medikaments Xanax in den Besitz der 46-Jährigen.
Neben den Morden und versuchten Morden werden Paola Pettinà zudem Drogenhandel – der Kauf von Xanax und der anschließende Verkauf an Dritte – Raub und Geldwäsche vorgeworfen. Die beiden letztgenannten Straftaten soll sie begangen haben, als sie einer ihrer „Patientinnen“ nach der Betäubung durch eine Medikamentenüberdosis den Schmuck im Gesamtwert von 3.000 Euro stahl und diesen in einem Juweliergeschäft verkaufte.
Abgesehen von den angeblich von ihrem Lebensgefährten geliehenen Geldsummen und dem Raub an der „Patientin“ scheint in den übrigen Fällen das Motiv völlig im Dunkeln zu liegen. Während ihres ersten Verhörs durch den Untersuchungsrichter Matteo Mantovani nahm sie ihr Recht in Anspruch, zu allen Vorwürfen zu schweigen.
Was Paola Pettinà zu den ihr vorgeworfenen Straftaten, für die es eine erdrückende Beweislast gibt, angetrieben hat, ist für die Ermittler ein Rätsel.
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