Zwei junge Männer festgenommen

Verstörend: Zwölfjähriger entführt, um von seinem Bruder 650 Euro zurückzubekommen

Mittwoch, 25. Oktober 2023 | 07:00 Uhr

Von: ka

Ferrara – Die norditalienische Stadt Ferrara ist Schauplatz eines verstörenden Vorfalls. Nachdem ein 27-Jähriger durch einen 15-Jährigen mit einem gefälschten Smartphone betrogen worden war, entführte der junge Mann zusammen mit einem 20-jährigen Freund dessen Bruder. Anschließend rief der junge Mann die Mutter des Buben und teilte ihr mit, dass sie ihren Sohn nur dann wiedersehen werde, wenn sie ihm die an den 15-Jährigen online bezahlten 650 Euro aushändigen werde. Der dreiste Erpressungsversuch des betrogenen Mannes sollte ihn und seinen Freund aber geradewegs ins Gefängnis führen.

APA/APA/dpa/Symbolbild/Karl-Josef Hildenbrand

Die verstörende Geschichte nahm ihren Anfang, als in einer Gemeinde in der Nähe von Ferrara in der Emilia-Romagna ein 27-jähriger Mann über eine auf einer Online-Plattform erschienenen Annonce ein Smartphone erwarb. Nachdem er das Gerät erhalten hatte, stellte der Käufer jedoch fest, dass ihm ein minderwertiges, gefälschtes Produkt untergejubelt worden war.

Wutentbrannt versuchte er den Verkäufer, der ihn um 650 Euro betrogen hatte, zu kontaktieren, musste aber feststellen, dass der Anbieter des angeblich hochwertigen Smartphones eigens für diesen Betrug ein Fake-Profil geschaffen hatte. Allerdings fand der Betrogene heraus, dass das Profil von einem 15-Jährigen aus Ferrara stammte. Der betrügerische Jugendliche hatte jedoch nicht die Absicht, die erhaltenen 650 Euro zurückzuüberweisen. Nach der Zahlung blockierte der 15-Jährige den 27-Jährigen und machte sich auf diese Weise unerreichbar.

Carabinieri – Symbolbild

Wild entschlossen, sein Ziel dennoch zu erreichen, schuf der junge Mann selbst ein gefälschtes Profil, mit dessen Hilfe es ihm in der Tat gelang, mit dem 15-Jährigen erneut in Kontakt zu treten. Um ihn persönlich zu treffen, vereinbarte er mit ihm den Kauf eines Paars teurer Schuhe. Die Übergabe des Schuhkartons sollte am Abend des 19. Oktober auf der belebten Piazza del Travaglio in Ferrara stattfinden.

Zum Treffen, zu dem der betrogene Käufer zusammen mit einem 20-jährigen Freund auftauchte, erschien aber nicht der 15-jährige Onlinebetrüger, sondern sein zwölf Jahre alter Bruder und dessen gleichaltriger Freund. Der Zwölfjährige hatte zwar zwei Kartons mit Markenschuhen, aber nicht die 650 Euro mit dabei. Um die vermeintlich letzte Chance gebracht, sein Geld zurückzubekommen, beschlossen die beiden Freunde, die eigens für dieses Treffen nach Ferrara gekommen waren, den Zwölfjährigen zu packen und ihn in ihr Auto zu verfrachten. Die beiden Männer ließen den verängstigten kleinen Freund des Zwölfjährigen allein auf dem Platz zurück und brausten mit dem kleinen Bruder des minderjährigen Onlinebetrügers davon. Nachdem die beiden Männer verschwunden waren, wählte der Junge aber die Notrufnummer 112. „Jemand hat meinen Freund entführt“, so der Bub. Kurze Zeit später traf auf dem Platz ein Polizeiauto ein.

Kaum das Stadtgebiet von Ferrara verlassen, hielten die Entführer ihr Auto auf einem Supermarktparkplatz in Vigarano Mainarda an. Sie nahmen dem Zwölfjährigen sein Handy ab und riefen damit die Mutter der beiden Brüder an. Sie teilten ihr mit, dass sie ihren jungen Sohn erst dann wiedersehen werde, wenn sie die an seinen älteren Bruder online bezahlten 650 Euro zurückgeben werde. Die zutiefst erschrockene Frau willigte ein. Anstatt aber sogleich nach Vigarano Mainarda zu fahren, wandte sie sich an die Carabinieri von Ferrara, denen sie den ganzen Erpressungsversuch schilderte.

APA/APA/dpa/gms/Karl-J. Hildenbrand/Karl-Josef Hildenbrand

Gegen 21.30 Uhr trafen auf dem Parkplatz mehrere Carabinieri in Zivil ein. Die beiden überrumpelten Männer ließen sich widerstandslos festnehmen. Der verängstigte, aber unverletzt gebliebene Junge wurde seinen Eltern übergeben. Die beiden Männer hingegen wurden nach der Festnahme in das Gefängnis von Ferrara überstellt. Sie werden sich vor Gericht wegen Entführung eines Minderjährigen, Erpressung und eigenmächtiger Ausübung eigener Rechtsansprüche verantworten müssen.

Dem 27-jährigen Entführer wurde vermutlich erst in der Gefängniszelle bewusst, dass es besser gewesen wäre, auf die Rückgabe der 650 Euro ganz zu verzichten oder den Onlinebetrug selbst zur Anzeige zu bringen. Das verstörende Vorhaben, auf diese Weise „Selbstjustiz“ zu üben, wird beiden Männern nun aber sehr teuer zu stehen kommen.