Von: ka
Lamon/Oltra – Der kleine Bergdorf Oltra in der Gemeinde Lamon in der Provinz Belluno nahe der Grenze zum Trentino war Schauplatz eines grausamen Mordes, der ganz Italien erschüttert. Um seine Ex-Frau zu bestrafen, die ihn angezeigt hatte, tötete der 49-jährige Arbeitslose Vladislav Gaio seinen 17-jährigen Sohn Riccardo. Anschließend richtete der 49-Jährige die Waffe gegen sich selbst. Die 13-jährige Tochter, die wie ihre Mutter zum Zeitpunkt der Bluttat nicht im Haus war, entdeckte die beiden Leichen.
Die schreckliche Bluttat in dem kleinen Bergweiler Oltra in der Gemeinde Lamon in der Provinz Belluno, nahe der Grenze zum Trentino, birgt eine Wahrheit, die selbst viele Ermittler nicht aussprechen wollen. Der Mord, der sich zunächst nach einem Streit zwischen Vater und Sohn ereignet zu haben schien, entpuppte zwei Tage nach der Tat als grausamer und erschütternder Racheakt an einer Ehefrau und Mutter. Den Ermittlungen der Carabinieri zufolge tötete der 49-jährige Vladislav Gaio am Dienstagnachmittag seinen 17-jährigen Sohn Riccardo, um sich an seiner Ex-Frau Miriam Tommasini zu rächen, die ihn wenige Stunden zuvor angezeigt hatte.
Der genaue Tathergang wurde von den Carabinieri rekonstruiert. Am frühen Dienstagnachmittag gegen 14.00 Uhr war Miriam Tommasini, mit der Vladislav zwei Kinder hatte, von der er aber schon lange getrennt lebte, zu den Carabinieri gegangen, um ihn anzuzeigen. Jemand hatte ihn offensichtlich gewarnt, wahrscheinlich Miriam selbst, dass die Carabinieri ihn früher oder später zu seinem Verhalten befragen würden. Und er war nicht in der Lage, das zu akzeptieren, was in seinen Augen ein Sakrileg war.
Wie die Nachbarn später bestätigten, soll der Tat kein lautstarker Streit vorausgegangen sein. Ohne ein Wort zu sagen, ergriff er gegen 16.00 Uhr ein Messer und versetzte seinem 17-jährigen Sohn Riccardo, der mit ihm allein zu Hause war, mehrere Stiche in den Unterleib. Anschließend nahm er ein Bolzenschussgerät – eine frei erhältliche Waffe, die zum Töten von Tieren verwendet wird – und richtete es gegen den Kopf des Jugendlichen und dann gegen sich selbst.
Nach ersten Erkenntnissen handelte es sich nicht um eine Affekttat, sondern um eine kaltblütig geplante Hinrichtung. Wäre seine erst 13-jährige Tochter dabei gewesen, hätte er sie vermutlich ebenfalls getötet. Stattdessen war es ihr Schicksal, das unvorstellbar schreckliche Szenario als Erste zu entdecken. Als sie gegen 17.30 Uhr nach Hause kam, fand sie im Schlafzimmer die Leichen ihres Bruders und ihres Vaters. Die Tochter alarmierte die Rettungskräfte, doch dem Notarzt blieb nur noch die traurige Aufgabe, den Tod der beiden festzustellen.
Vor 13 Jahren war die vierköpfige Familie nach Oltra gezogen. Die Eltern hatten sich schon vor einiger Zeit getrennt, aber vermutlich aus finanziellen Gründen war niemand umgezogen. Für die Nachbarn in dem kleinen Weiler war es kein Geheimnis, dass sich das Ehepaar in einer schwierigen finanziellen und emotionalen Situation befand. Das erzwungene Zusammenleben als „Getrenntlebende unter einem Dach“ soll laut Zeugenaussagen immer wieder zu lautstarken Auseinandersetzungen geführt haben.
Die Tochter und Miriam Tommasini, die nach dem Fund der beiden Leichen unter Schock standen, wurden zur Beobachtung ins Krankenhaus gebracht. Als die Frau wieder ansprechbar war, schilderte sie den Carabinieri die schwierige Lage, in der sich ihre Familie befand. Der Inhalt der Anzeige, die Miriam Tommasini nur zwei Stunden vor der Tat erstattet hatte, wird von den Ermittlern streng vertraulich behandelt. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass Vladislav ihr und ihren Kindern gegenüber gewalttätig geworden ist.
Viele der familiären Auseinandersetzungen dürften jedoch auf die prekären Arbeitsverhältnisse des 49-Jährigen zurückzuführen sein. Miriam Tommasini hatte eine feste Anstellung, während ihr Mann seit einem Monat arbeitslos war. Zwangsläufig war die Familie auf das Einkommen der Frau angewiesen.
Vladislav, Sohn einer Polin, aber in den Bergen Venetiens geboren und aufgewachsen, hatte früher in Nachtclubs gearbeitet, dann aber häufig die Stelle gewechselt. Bis Ende März arbeitete er bei der Firma Metalba in Bassano del Grappa, die Aluminiumprodukte herstellt. Auf telefonische Anfrage wollte sich das Unternehmen nicht zu den Gründen für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses äußern.
In den sozialen Medien trat er kürzlich einer Facebook-Gruppe von Kawasaki-Motorradliebhabern bei und postete vor einigen Tagen ein Foto von sich auf seinem Motorrad, um es mit anderen Enthusiasten zu teilen. Vielen Nutzern galt Vladislav Gaio als freundlich und umgänglich.
Riccardo hingegen war von eher ernster und einsamer Natur. Nach dem Abschluss der Mittelschule in der Nähe seines Heimatortes besuchte er das Gymnasium in Fiera di Primiero im Trentino. Diejenigen, die ihn kannten, beschrieben ihn als verschlossen und zurückhaltend.
Seit bekannt ist, dass Vladislav Gaio seinen 17-jährigen Sohn Riccardo ermordet hat, um sich an seiner Frau zu rächen, herrscht weit über Oltra und Lamon hinaus Abscheu und Entsetzen. Für viele Italiener ist es schwer vorstellbar, dass ein Vater sein eigenes Kind tötet, nur um sich an der Mutter zu rächen.
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