Von: apa
Vier Namen aus Österreich stehen auf der gestern in Venedig von Kurator Adriano Pedrosa präsentierten Künstlerliste der Hauptausstellung der 60. Kunstbiennale. Zu “Stranieri Ovunque – Foreigners Everywhere” hat er 332 Positionen eingeladen. Mit dabei sind die 1929 in Hollabrunn geborene, in Bologna lebende Künstlerin Greta Schödl und der 1960 geborene Mistelbacher Leopold Strobl. Gezeigt werden auch Arbeiten der 2009 in Nigeria verstorbenen gebürtigen Grazerin Susanne Wenger.
Zusätzlich zu den drei österreichischen Einzelpositionen ist auch der gebürtige Steirer Oliver Ressler in der Hauptausstellung vertreten, der gemeinsam mit der australischen Künstlerin und Filmemacherin Zanny Begg zu den rund 40 Positionen zählt, die im Rahmen des Beitrags von Marco Scotinis “Disobedience Archive” präsentiert werden. Über die österreichische Präsenz freut sich auch Phileas – The Austrian Office for Contemporary Art: Zwei der österreichischen Teilnehmer seien “während Pedrosas Forschungsreise nach Österreich im Juli 2023 auf Einladung von Phileas ausgewählt” worden, wie es auf der Phileas-Website heißt.
“Der Ausdruck ‘Stranieri Ovunque’ hat mehrere Bedeutungen. Erstens, dass man, egal wo man hingeht und wo man ist, immer auf Ausländer trifft – sie/wir sind überall. Zweitens, dass man, egal, wo man sich befindet, immer wirklich und tief im Inneren ein Fremder ist”, erläuterte Pedrosa den Titel der Ausstellung, die im zentralen Pavillon in den Giardini und im Arsenale stattfinden wird und in zwei Sektionen geteilt ist: “Nucleo Contemporaneo” und “Nucleo Storico”. Erstere konzentriere sich auf Werke von Künstlerinnen und Künstler, in denen sich das Fremde in vielfältiger Weise manifestiere: queere Künstler, Außenseiter am Rande der Kunstwelt, Autodidakten und Volkskünstler sowie indigene Künstler, die oft als Fremde im eigenen Land behandelt werden. Der “Nucleo Storico” versammle Werke aus dem Lateinamerika des 20. Jahrhunderts, aus Afrika, dem Nahen Osten und Asien und widme sich zudem der weltweiten italienischen künstlerischen Diaspora im 20. Jahrhundert, hieß es.
Leopold Strobl ist seit seiner Kindheit künstlerisch tätig und arbeitet seit 2002 im atelier gugging, “wobei seine Arbeiten seit 2019 an seinen Wohnsitzen in Poysdorf und Kritzendorf (Niederösterreich) entstehen”, wie heute die galerie gugging bekannt gab, die Strobl im Jahr 2016 im Rahmen der Ausstellung “lokomotiven unter grünem himmel” das erste Mal der Öffentlichkeit präsentierte. “Niemand hätte damals erahnen können, dass Strobl binnen weniger Jahre nicht nur vom MoMA in New York für die Sammlung angekauft werden würde, sondern nun auch bei der Jubiläums-Biennale in Venedig zu Gast sein darf.” Das museum gugging bei Klosterneuburg zeigt ab 3. Februar in der Ausstellung “gugging.! classic & contemporary UPDATE” einen Raum mit 45 Werken von Leopold Strobl. Werke Strobls werden auch in der Schau “fantastische orte.! walla | strobl | vondal | fink” ab 12. September zu sehen sein. Am 5. Mai (15 Uhr) ist Gisela Steinlechner, Autorin des Strobl-Beitrags im Biennale-Katalog, bei der Veranstaltungsreihe “museum gugging im gespräch” zu Gast.
Greta Schödl studierte an der Angewandten in Wien, wo sie 1953 abschloss. 1959 übersiedelte sie nach Italien und nahm nach einer familiär bedingten Unterbrechung ihrer künstlerische Tätigkeit Mitte der 1960er-Jahre wieder auf. Schödl etablierte sich im Bereich der “Visual Poetry”, ihre Arbeit umfasst Buchstaben und Symbole, die “zwanghaft wiederholt werden, bis sie abstrakt werden”, wie es auf der Website der Galerie Richard Saltoun heißt. Zuletzt waren ihre Arbeiten u.a. in der Ausstellung “Poesia Visiva” im Museo di arte moderna e contemporanea di Trento zu sehen. Die in den vergangenen Jahren wiederentdeckte 94-Jährige war schon einmal auf der Biennale von Venedig vertreten: 1978 im italienischen Pavillon.
Susanne Wenger, geboren am 4. Juli 1915 in Graz, studierte in Wien unter anderem bei Arnold Boeckl. 1949 übersiedelte sie zunächst nach Paris und kam Anfang der 1950er-Jahre zu den Yoruba nach Nigeria. Dort wurde sie zur “Weißen Priesterin” und versuchte eine Verbindung von Kunst und Ritual herzustellen. Später baute sie neue Schreine, errichtete zusammen mit Künstlern und der “Priester”-Gruppe “New sacred Art” Skulpturen im heiligen Hain von Oshogbo, in einem Stück Urwald, der, ebenso wie der Fluss Oshogbo, der Göttin Oshun geweiht ist. Ihr außergewöhnliches Leben war u.a. Gegenstand von Claudia Wilkes Dokumentarfilm “Ein Leben mit den Göttern”. Laut dem Susanne Wenger-Archiv im Krems vereint die Künstlerin in ihrem Werk “große Mythen aller Zeiten zu einem Epos von Schöpfung, Tod, Opfer und Wiedergeburt”.
Oliver Ressler wurde 1970 im steirischen Knittelfeld geboren und lebt und arbeitet in Wien. Mit Installationen, Arbeiten im Außenraum und Filmen bearbeitet er Themen wie Ökonomie, Demokratie, Klimawandel, Widerstandsformen und gesellschaftliche Alternativen. Er nahm an zahlreichen internationalen Ausstellungen Teil, 2017 war er etwa auf der documenta 14 vertreten. Am 1. März startet als Beitrag zur Klima Biennale Wien im Belvedere 21 seine neue Schau “Dog Days Bite Back”, bei der Arbeiten zur Klimakrise im Mittelpunkt stehen.
Den österreichischen Pavillon bespielt in diesem Jahr Anna Jermolaewa, die mit “Swan Lake” in Zusammenarbeit mit der ukrainischen Balletttänzerin und Choreografin Oksana Serheieva eine Forderung nach politischem Wandel postuliert. Bei den Länderpräsentationen gibt es heuer 90 Teilnehmer, wobei Benin, Äthiopien, Osttimor und Tansania zum ersten Mal vertreten sind. Erstmals eigene Länderpavillons bespielen diesmal Nicaragua, Panama und Senegal, die bisher in Gemeinschaftspavillons aufgetreten waren.
(S E R V I C E – www.labiennale.org)