Von: ka
Dortmund/Berlin/Rom – Nach ihrem Ausscheiden von der Fußballeuropameisterschaft wird Italiens Nationalelf nicht nur mit herber Kritik, sondern auch mit Hohn und Spott überhäuft. Gleich wie die ungläubigen Tifosi vermögen auch vergangene Spieler- und Trainergrößen des Stiefelstaats ihre Enttäuschung kaum in Worte fassen. Nicht wenige, die es dennoch versuchen, sprechen von der schlechtesten Mannschaft des letzten halben Jahrhunderts.
Leider haben sie nicht unrecht. Von allen Azzurri, die in den vier Spielen auf dem Platz standen, lieferte nur Gianluigi „Gigio“ Donnarumma eine fußballeuropameisterschaftswürdige Leistung ab. Mit vielen Glanzparaden stemmte sich „Gigio“ gegen das frühe EM-Aus. Alle anderen hingegen versagten kläglich, wobei es nicht nur am fußballerischen Können, sondern auch am nötigen Einsatz fehlte.
Zu allem Überdruss sticht heraus, dass Italien zwei Rekorde aufstellte, auf die die Azzurri nicht stolz sein können, die aber für lange Zeit halten dürften.
I pari ⚽️🥅 në vetëm 24 sekondat e parë të ndeshjes. Çfarë emocioni Nedim Bajrami
Posted by Toni Gogu on Saturday, June 15, 2024
Der erste ist, dass sie das schnellste EM-Tor der Geschichte kassierten. Kaum hatte der Schiedsrichter die Partie angepfiffen, lag der Ball im italienischen Tor. Bei der Niederlage gegen die Schweiz hingegen war die zweite Spielhälfte nach dem Wiederanpfiff des Unparteiischen erst 32 Sekunden alt, als der Ball im langen Eck des italienischen Tors landete.
Das war kein Zufall. Offensichtlich hatten die Azzurri unerklärliche Probleme, sofort ins Spiel zu kommen und sich auf ihre Gegner einzustellen. Seit dem Anpfiff waren erst 23 Sekunden vergangen, als Federico Dimarco eine der elementarsten Regeln missachtete und dem Albaner Nedim Bajrami, der vergangene Saison mit seinem Club Sassuolo bei Bologna in die italienische Serie B abgestiegen war, das Tor auf dem Silbertablett servierte. Anstatt den Ball einem anderen Spieler in die Mitte des Feldes zuzuspielen, warf der Inter-Außenverteidiger ihn in die Mitte des Strafraums, was in der Verteidigung der Azzurri für Chaos sorgte.
Weil niemand damit gerechnet hatte, dass der Inter-Außenverteidiger in dieser Spielsituation eine solche Lösung wählen würde, standen die Azzurri schlecht und waren zu weit von ihren Gegnern entfernt. Von dieser „Variante“ überrascht, war es auch seinem Clubkollegen bei den Nerazzurri von Mailand, Alessandro Bastoni, nicht mehr möglich, entscheidend dazwischenzugehen. Selbst Gianluigi „Gigio“ Donnarumma vermochte gegen Nedim Bajramis kräftigen Schuss ins obere Eck nichts mehr auszurichten. Nach gemessenen 23 Sekunden stand es 1:0 für Albanien.
Das bisher schnellste EM-Tor, das der Russe Dmitri Kirichenko fast genau vor zwei Jahrzehnten, am 20. Juni 2004, verwandelt hatte, wurde um genau 44 Sekunden unterboten.
Aber das ist noch nicht alles. Die Statistiker sind zwar noch am Suchen, aber beim zweiten Tor der Schweizer gegen Italien, das nur 32 Sekunden nach Beginn der zweiten Halbzeit fiel, dürfte es sich beim schnellsten EM-Tor handeln, das nach Wiederanpfiff verwandelt wurde. Wie beim Spiel gegen die Albaner, das die Italiener am Ende doch noch für sich entscheiden konnten, waren die italienischen Mittelfeldspieler und Verteidiger wieder sehr unaufmerksam. Von den Azzurri unbedrängt genügten den Eidgenossen wenige Ballwechsel, bis das Leder zum Fuß von Ruben Vargas gelangte, der den Ball von der Strafraumgrenze aus für „Gigio“ unhaltbar ins lange Eck schoss.
Nach dem 2:0 der Schweizer reichte es für die Azzurri nur mehr für einen Pfostenschuss, den ein erstklassiger Stürmer, den Italien zurzeit nicht hat, eigentlich hätte verwandeln müssen. Beim Abpfiff schienen die leidgeplagten Spieler der italienischen Nationalelf fast erlöst zu sein.
Zu ihrem Leidwesen müssen sie nun nicht nur harsche Kritik über sich ergehen lassen, sondern auch noch den Hohn und den Spott ertragen, innerhalb von nur wenigen Tagen gleich zwei unrühmliche Rekorde aufgestellt zu haben, die vielleicht für die nächsten Jahrzehnte halten könnten.