Von: ka
Rom/Casal Bruciato – Die Zuweisung einer Sozialwohnung an eine Roma-Familie sorgt in einem römischen Volkswohnviertel für wilde Proteste. Die Demonstrationen begannen, nachdem in einem Volkswohnbau in Casal Bruciato – einem ärmeren Viertel in der östlichen Peripherie der Ewigen Stadt – eine 14-köpfige, ursprünglich aus Bosnien stammende Roma-Familie eingezogen war. Viele Bewohner des Viertels und militante Anhänger der neofaschistischen Bewegung CasaPound errichteten unter dem Mehrfamilienhaus bald einen „ständigen Wachpunkt“, um gegen die Zuweisung zu protestieren und den Eingang des Kondominiums abzuriegeln. Praktisch zwangen sie die Familie dazu, in der eigenen Wohnung wie Gefangene zu leben. Aber es regt sich Widerstand.
#Casalbruciato Giù le mani dalle case popolari! Presidio in solidarietà con la famiglia rom minacciata dai fascisti sotto l'alloggio che legittimamente gli è stato assegnato 2 giorni fa, lasciati liberi di fare affari e campagna elettorale alimentando odio e guerra tra i poveri. pic.twitter.com/WlXkHwOHDG
— bpm (@bpm_roma) May 7, 2019
Als am frühen Dienstagnachmittag Aktivisten der linksgerichteten Gewerkschaftsbewegung Asia Usb am selben Ort eine Gegendemonstration organisierten, um der Roma-Familie ihre Solidarität auszudrücken, kam es auf der Straße zu schweren Spannungen. Vermutlich war es nur dem großen Polizeiaufgebot zu verdanken, dass es zwischen den linken Aktivisten und den Neofaschisten nicht zu Handgreiflichkeiten gekommen ist und es bei verbalen Auseinandersetzungen blieb.
#casalbruciato "La vergogna dell'Italia siete voi" intona il presidio antifascista in difesa del diritto all'abitare per tutte e tutti pic.twitter.com/E4umZzDO9W
— DinamoPress (@DinamoPress) May 7, 2019
Die Anwesenheit der Polizei war auch notwendig, um den Eingang des Kondominiums von Demonstranten zu räumen und der ursprünglich aus Bosnien stammenden Familie von Senada und Imed den Zutritt zu ihrer Wohnung zu ermöglichen. Dabei wurden die Erwachsenen und sogar die Kinder auf schockierendste Weise bedroht. Bereits am Dienstagmorgen, als Senada, Imed und ihre Kinder das Haus verließen, mussten Eltern und Kinder einen wahren Spießrutenlauf über sich ergehen lassen.
„Lass dich hier nicht mehr blicken. Wenn du wiederkommst, prügeln wir dich zu Tode“, so einige „Protestler“. Einige Frauen des Viertels, die unter dem Haus auf die Familie warteten, wünschten sich „Mussolini zurück“. Gemeinsam skandierten sie „Wir wollen sie erhängt und verbrannt sehen“. Am Nachmittag wiederholte sich dasselbe Spiel. Während einige Beamte rechte Demonstranten und CasaPound-Aktivisten vom Eingang des Hauses weggetragen mussten, wurde die rund 40 Jahre alte Mutter mit einem kleinen Buben im Arm von einer Polizeieskorte über einen Nebeneingang bis zu ihrer Wohnung geleitet. Dabei wurden die Frau und ihr Kind am Eingang von Faschisten bedrängt und mit unaussprechlichen Beleidigungen und Bedrohungen überschüttet. Auch die nachvollziehbare Entscheidung der Polizei, für diese kurze Zeit das gesamte Gebäude für alle anderen Bewohner zu sperren, sorgte bei den Bewohnern des Viertels für erheblichen Unmut.
🔴 "Troia, ti stupriamo": gli insulti dei militanti di #Casapound alla madre rom che rientrava nell'alloggio popolare regolarmente assegnato con la figlia a #casalbruciato
Leggi cosa è successo su https://t.co/q1ASURP3iJ pic.twitter.com/4vabSOK8iH
— Agenzia DIRE (@Agenzia_Dire) May 7, 2019
Nachdem Senada und Imed in einem ersten Moment die Gemeinde darum gebeten hatten, aufgrund der unhaltbaren Zustände für sie eine andere Bleibe zu suchen, äußerten sie nach einem Gespräch mit der Assessorin für Wohnpolitik der Stadtgemeinde Rom, Rosalba Castiglione, deutlich ihre Absicht, doch zu bleiben. „Die Zuweisung ist rechtmäßig. Ein Klima des Hasses und der Intoleranz zu nähren, nützt keinem“, so Rosalba Castiglione in einer Stellungnahme.
Während das Kräftemessen zwischen Polizei und Gemeinde auf der einen und wütenden Bewohnern des Viertels und Neofaschisten weitergeht, kündigten linke Aktivisten und Hilfsorganisationen wie „Nonna Roma“ an, weiterhin gegen „faschistische Bedrohungen und Angriffe“ auf die Straße zu gehen. Dies findet auch viel Zustimmung, wird aber vermutlich leider nichts daran ändern, dass viele Bewohner des römischen „Armenviertels“ weiterhin versuchen wollen, die Roma-Familie loszuwerden.