Von: ka
San Marino – Während Italien auf „sanften Druck“ und viel Überzeugungsarbeit setzt, will San Marino Impfgegnern und Impfverweigerern die harte Hand des Gesetzes spüren lassen.
Die Zwergrepublik, die auch sonst für ihre „innovativen Lösungen“ bekannt ist, wird aller Voraussicht nach jenen Personen, die die vom Staat kostenlos zur Verfügung gestellte Corona-Impfung verweigern, im Falle einer Covid-19-Erkrankung alle Krankenhauskosten in Rechnung stellen.
Im Übrigen scheint San Marino in der Corona-Krise eine „Zuckerbrot und Peitsche-Strategie“ zu verfolgen. Im Gegensatz zu Italien, Deutschland und vielen anderen europäischen Ländern, in denen über die Festtage hinweg strenge Corona-Einschränkungen gelten werden, werden die San-Marinesen Weihnachten und Silvester fast wie in den vergangenen Jahren feiern können. Einzig für die Impfgegner kennen die Väter der kleinen Republik keine Gnade.
Gleich wie Italien bereitet sich auch San Marino auf die kommende Corona-Impfung vor. Die regierenden Verantwortlichen des Zwergstaates gedenken, in den nächsten Monaten alle Staatsbürger sowie alle in San Marino Ansässigen zu impfen. Wie in vielen anderen europäischen Staaten wird die Impfung kostenlos und „freiwillig“ sein.
Das Attribut „freiwillig“ stimmt aber nicht ganz. Zwar sieht die zurzeit geltende Gesetzgebung eine Freiwilligkeit der Impfung vor, aber auf der anderen Seite möchten die politisch Verantwortlichen der kleinen, aber stolzen Republik die gesundheitlichen Gefahren nicht unterschätzen. Um diese Probleme erst gar nicht entstehen zu lassen, will San Marino mit harter Hand vorgehen. Wer die kostenlose Impfung verweigert, aber später an Covid-19 erkrankt, wird alle Leistungen der Gesundheitsfürsorge, die mit der Behandlung der Covid-19-Krankheit zusammenhängen, aus der eigenen Tasche bezahlen müssen. Im Sinne der Einbringer dieser gesetzlichen Vorlage soll diese „finanzielle Abschreckung“ nicht nur dazu dienen, „notorische Impfgegner“ zur Raison zu bringen, sondern auch die Staatskasse vor unvorhergesehenen und aus Sicht der Republik ungerechtfertigten Kosten zu schützen.
Dieser Vorschlag, der von dem für das Gesundheitswesen zuständigen Staatssekretär Roberto Ciavatta stammt, wird in den nächsten Tagen dem „Consiglio Grande e Generale“ („Großer und Allgemeiner Rat“, das gesetzgebende Organ der Republik von San Marino, Anmerkung der Redaktion) unterbreitet werden. Da diese Praxis der seit Jahrzehnten vorangetriebenen Impfpolitik von San Marino entspricht, hat der Vorschlag gute Aussichten, vom „Consiglio Grande e Generale“ genehmigt zu werden.
In der Tat sieht ein bereits aus dem fernen Jahr 1995 stammendes Gesetz vor, dass alle Ansässigen, die die vom Gesetz vorgesehenen Impfungen verweigern, einen Versicherungsvertrag zulasten Dritter abschließen müssen.
„Die Experten der Impfstoffkommission des Instituts für soziale Sicherheit haben zugestimmt. Der Impfstoff wird in San Marino für die ganze Bevölkerung kostenlos zur Verfügung stehen. Nicht die, die einer der von der Impfung ausgeschlossenen Gruppen wie unter anderem jener der Allergiker angehören oder andere, ärztlich bescheinigte gesundheitliche Gründe, die gegen eine Impfung sprechen, anmelden können, sondern jene Personen, die sich aus freien Stücken gegen eine Impfung entscheiden, werden im Falle einer Ansteckung mit dem Coronavirus alle Folgekosten, die sich aus der Behandlung der Krankheit ergeben, selbst bezahlen müssen“, so die unmissverständlichen Worte von Roberto Ciavatta.
Die für den Gesundheitsbereich in San Marino geltende Strenge gilt aber nur für die Impfgegner. Die „Repubblica del Titano“, wie die Zwergrepublik nach ihrem beherrschenden Burgberg genannt wird, sieht für die eigenen Bürger sowohl für die Weihnachtsfesttage als auch für Silvester keinerlei Einschränkungen vor. Nach dem Willen der Verantwortlichen des Kleinstaates dürfen sich die San-Marinesen nach Herzenslust zu jeder Tag- und Nachtzeit treffen, um gemeinsam Weihnachten und den Beginn des neuen Jahres zu feiern. Zudem können die Einwohner, wann immer es ihnen beliebt, in die benachbarten italienischen Regionen Emilia Romagna und in die Marken fahren und in „ihren Staat“ zurückkehren. In diesem Sinne bieten die Restaurants und Hotels von San Marino wie jedes Jahr Silvestermenüs mit Mitternachtsfeier an. Die einzige Einschränkung ist die gebotene soziale Distanzierung an den Tischen.
Viele Italiener blicken neidisch auf die vielen „Corona-Freiheiten“ der Bewohner von San-Marinesen. Die nächsten Monate werden zeigen, ob die „Zuckerbrot und Peitsche-Strategie“ – kaum Einschränkungen für die normalen Bürger und harte Konsequenzen für die Impfgegner – die erhofften Früchte tragen wird. Viele Beobachter meinen, dass Italien das „Experiment“ von San Marino genau beobachten und daraus gegebenenfalls Schlüsse für die eigene Impfkampagne ziehen wird.