Von: ka
Rom/Turin – Auch wenn die römische Regierung und die Experten, die sie beraten, eine generelle Impfpflicht noch ausschließen wollen, lässt das Urteil eines angesehenen, auf das Arbeits- und Gesundheitsrecht spezialisierten ehemaligen Richters Raffaele Guariniello keine Zweifel aufkommen. „Der Arbeitgeber ist dazu verpflichtet, zum Schutz der Gesundheit seiner Mitarbeiter organisatorische Maßnahmen zu ergreifen. Wenn dies nicht möglich ist, kann das Arbeitsverhältnis gekündigt werden“, so die unmissverständlichen Worte von Raffaele Guariniello.
Obwohl die römische Regierung zögert, von einer Impfpflicht zu sprechen, fanden der Koordinator des die Regierung beratenden technisch-wissenschaftlichen Komitees(CTS), Agostino Miozzo, gleich wie der Gesundheitsminister Roberto Speranza bereits bisher deutliche Worte.
„Die Impfung wird vorerst freiwillig sein. Jetzt müssen wir mit den Menschen in Dialog treten, sie beruhigen und die vielen Zurückhaltenden überzeugen. Viele Bürger sind besorgt, was auch legitim ist. Eine mögliche Impfpflicht muss im Parlament debattiert werden. Indes werden sich jene, die zu den gefährdetsten Personengruppen zählen, sich impfen lassen müssen. Ich habe betont, dass sich die Mehrheit der Bevölkerung an die Regeln hält. Dann gibt es noch die ‚Schlaumeier‘, denen wir es nicht erlauben werden, die bereits getane Arbeit zunichtezumachen“, so die unmissverständliche Warnung von Agostino Miozzo.
Im Lichte der bereits gültigen Gesetze kommt der angesehene, auf das Arbeits- und Gesundheitsrecht spezialisierte ehemalige Richter Raffaele Guariniello sogar zum Schluss, dass Impfverweigerer ihren Arbeitsplatz riskieren. „Wer sich nicht impft, riskiert die Entlassung“, fasst Raffaele Guariniello seine Expertise zusammen. Der bekannte und angesehene Experte für Arbeits- und Gesundheitsrecht verweist auf den Artikel 279 des gesetzlichen Einheitstextes, der den „Gesundheitsschutz und die Arbeitssicherheit am Arbeitsplatz“ rechtlich festlegt:
„Auf ein entsprechendes Gutachten des Betriebsarztes hin ergreift der Arbeitgeber besondere Schutzmaßnahmen für jene Arbeitnehmer, für welche, auch aus persönlichen Gesundheitsgründen, gezielte Maßnahmen erforderlich sind, darunter: a) die Bereitstellung von wirksamen Impfstoffen für jene Arbeitnehmer, die gegen den im Bearbeitungsverfahren vorhandenen biologischen Arbeitsstoff noch nicht immun sind, wobei die Impfung vom Betriebsarzt vorgenommen wird“, so der Artikel des auch auf der Seite des Landes Südtirol öffentlich einsehbaren Gesetzestextes.
Da laut zwei auf europäischen Richtlinien fußenden Gesetzesdekreten SARS-CoV-2 ebenfalls unter die im Gesetz genannten „Erreger und Arbeitsstoffe“ fällt und gegen das Coronavirus nun ein Impfstoff verfügbar ist, ist laut Raffaele Guariniello der Arbeitgeber geradezu dazu verpflichtet, seinen Mitarbeitern den Impfstoff zur Verfügung zu stellen. „Wir sprechen von Millionen von Angestellten öffentlicher und privater Betriebe“, so Raffaele Guariniello.
Raffaele Guariniello zufolge verpflichten dieselben gesetzlichen Normen den Arbeitgeber auch dazu, den Arbeitnehmer im Falle einer Arbeitsuntauglichkeit – die sich in diesem Fall aus der Verweigerung des Impfung ergibt – auf Empfehlung des zuständigen Arztes vorübergehend vom Arbeitsplatz zu entfernen. „Allerdings sieht das Gesetz die Verpflichtung, den Arbeitnehmer zu entfernen und ihn einen anderen Arbeitsplatz zuzuweisen, nur in jenen Fällen vor ‚in denen das möglich ist‘. Der Kassationsgerichtshof hat entschieden, dass diese Pflicht zum internen Arbeitsplatzwechsel nicht als verletzt angesehen werden kann, wenn die Versetzung des Arbeitnehmers nicht mit der vom Unternehmen selbst festgelegten Organisationsstruktur vereinbar ist. Zusammengefasst ist der Arbeitgeber verpflichtet, organisatorische Maßnahmen zur Sicherheit des Arbeitsplatzes zu ergreifen. Ist dies aber nicht möglich, droht die Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Dies wird nicht heute, sondern nach Ablauf des Kündigungsverbots geschehen“, so die Schlüsse des angesehenen und bekannten Arbeits- und Gesundheitsrechtlers.
“Die Gesundheitsüberwachung dient nicht nur dem Schutz des einzelnen Arbeitnehmers, sondern auch dem Schutz aller anderen. Das Verfassungsgericht hat mehrfach bestätigt, dass der Schutz der Gesundheit nicht nur ein Recht des Einzelnen ist, sondern auch im Interesse der Gemeinschaft liegt”, schließt Raffaele Guariniello.
Auch vielen Beobachtern zufolge sind diese Argumentationen nicht von der Hand zu weisen. Die Regierung und mehrere Spitzenbeamten ließen bereits durchblicken, dass im Falle einer schleppenden Corona-Impfkampagne über eine „Impfpflicht durch die Hintertür“ nachgedacht werden wird. Laut Raffaele Guariniello besteht diese bereits heute schon.