15 Neofaschisten dringen in Saal ein und verlesen Proklamation – VIDEO

Wie in den 20-er Jahren: Naziskins stürmen Sitzung von Hilfsorganisation

Donnerstag, 30. November 2017 | 08:17 Uhr

Von: ka

Como – Schier Unglaubliches geschah am Dienstagabend in der lombardischen Provinzhauptstadt Como. Eine Gruppe von Naziskins stürmte die Sitzung einer Hilfsorganisation und zwang die Teilnehmer einer Proklamation, in der ein Vorleser mit rechtsextremen Parolen nur so um sich warf und in dem er ein „Ende der Invasion“ forderte, zuzuhören. Wenige Minuten später zogen die Rechtsextremen wieder von dannen und die verängstigten Sitzungsteilnehmer, die sich an faschistische Aktionen der 20-er Jahre erinnert fühlten, konnten ihre Tagung fortsetzen. Die Polizei ermittelt wegen Nötigung.

Es war gegen 21.15 Uhr am Dienstagabend als eine abendliche Versammlung von „Rete Como Senza Frontiere“ – eines Netzwerks von Hilfs- und Freiwilligenorganisationen, welches sich seit 2016 um hilfsbedürftige Migranten und Asylsuchende kümmert – jäh unterbrochen wurde. Eine Gruppe von 15 Skinheads – allesamt der rechtsextremen, neonazistischen Vereinigung „Veneto Fronte Skinhead“ angehörend – drang in den Sitzungssaal ein, forderte das Wort und zwang die Mitglieder des Freiwilligennetzwerks dazu, einer wirren und von rechtsextremer Menschenverachtung nur so stotzenden „Proklamation“ zuzuhören.

Twitter/Como

In dem vom Wortführer der Faschisten, der wie alle anderen kahlköpfig geschoren und mit einer dunklen Bomberjacke bekleidet war, verlesenen Text ging es um einen angeblichen „Austausch“ des europäischen Volkes mit Menschen, die einem „Nichtvolk“ angehören und um „Turbokapitalismus“. Dazwischen nannte er die Sitzungsteilnehmer „Söhne und Töchter eines Vaterlandes, das sie nicht mehr lieben“. Während der ganzen „Vorlesung“ blieben die Freiwilligen der Hilfsorganisationen vollkommen ruhig und nahmen die Angriffe auf ihre Ideale und ihre Hilfsarbeit teilweise verängstigt, aber vor allem mit pazifistischer Gelassenheit hin. Nach den letzten Sätzen der nur wenige Minuten dauernden Saalerstürmung – „Nun könnt ihr fortfahren zu diskutieren, wie man das Vaterland und unsere Stadt zugrunde richtet“, „Keinen Respekt für Euch“ und  „Basta mit der Invasion“ – zogen die 15 Naziskins wieder von dannen.

Twitter/Como

Am Tag darauf schalteten die Mitglieder des Netzwerks „Rete Como Senza Frontiere“ die Polizei ein. Wie die Quästur von Como mitteilte, werden alle 15 Naziskins des „Veneto Fronte Skinhead“, welche an der Erstürmung des Saals teilgenommen hatten, wegen Nötigung angezeigt werden. Dank der Videoaufnahmen einer im Sitzungssaal installierten Kamera, konnten bereits vier der 15 Naziskins identifiziert werden, so die Quästur.

Am Mittwoch, dem Tag nach der Erstürmung, erntete „Rete Como Senza Frontiere“ viel Zustimmung und Unterstützung. Mehrere Organisationen und politische Parteien sowie die nationale Partisanenvereinigung Anpi drückten den Freiwilligen ihre uneingeschränkte Solidarität aus und gingen mit den Faschisten des „Veneto Fronte Skinhead“ hart ins Gericht.

Aber vor allem wünschen sich die Unterstützer, dass in Italien nie wieder solche an jene der faschistischen „Squadristi“ der 20-er Jahre erinnernde Aktionen Fuß fassen können. Sie verlangen von der Exekutive und der Justiz ein hartes Durchgreifen.