Von: Ivd
Rom – Der öffentlich-rechtliche Nachrichtensender RAI gerät erneut in die Kritik, nachdem der Schriftsteller Antonio Scurati aus einer politischen Talkshow ausgeladen wurde. Ursprünglich sollte er dort zum Gedenktag der Befreiung des Faschismus am 25. April einen Monolog vortragen. Dieser enthielt auch Kritik an der postfaschistischen Regierungschefin Meloni.
Nachdem Scurati dem Sender seinen Text zusandte, wurde er von der Sendung ausgeladen. Grund dafür sei angeblich ein zu hoher Honoraranspruch von 1.800 Euro. Im Anschluss warfen Scurati und weitere Kritiker dem Sender Zensur vor.
Scuratis Text wurde dennoch öffentlich verlesen und von verschiedenen Medien verbreitet. Sogar Meloni selbst teilte den Text mittlerweile, um die Vorwürfe von sich zu weisen. Die breite Aufmerksamkeit verstärkte die Kontroverse um die Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Senders, der bereits als “Tele-Meloni” bezeichnet wird. Der Vorwurf: Der Sender werde zu einem Sprachrohr für Melonis politische Agenda. Bas Eickhout, Spitzenkandidat der Grünen im Europaparlament, sagte dem Guardian gegenüber: „Meloni will die italienischen Medien in uneingeschränkte Propagandakanäle für die Regierungsparteien verwandeln“.
Auch aus Kreisen des Senders äußert sich harte Kritik. Die Journalistengewerkschaft Usigari kündigte jüngst einen fünftägigen Streik bei RAI an. Der Showmoderator Amadeus zieht Konsequenzen und verlässt den Sender. Es ist nicht das erste Mal, dass Angestellte des Senders die Anstalt aufgrund der aktuellen Regierung verlassen. Bereits Melonis Amtsantritt im Oktober 2022 verließen bekannte Moderatoren und Journalisten wie Fabio Fazio und Bianca Berlinguer den Sender.
Die Ausladung Scuratis fand im Kontext eines gesellschaftlichen Gedenktags statt, der die Befreiung Italiens von der deutschen Besatzung und dem Mussolini-Regime würdigt. Melonis Partei Fratelli d’Italia, die aus postfaschistischen Parteien hervorging, steht dabei im Mittelpunkt der Diskussion über politischen Einfluss auf die Medienlandschaft.
Die Unterstützung für Scurati wächst. Zahlreiche Bürgermeister planen, seinen Text öffentlich zum Gedenktag vorzutragen. Der Vorfall wirft Fragen zur Pressefreiheit und politischen Einflussnahme auf die Medien in Italien auf, insbesondere im Vorfeld der Europa-Wahl im Juni. Es wird befürchtet, Meloni könne die Pflicht zur ausgewogenen Berichterstattung über die Parteien im Vorfeld der Wahl aushebeln.