Nach Vovan und Lexus-Scherzanruf: Hartes Durchgreifen von Giorgia Meloni? – VIDEO

„Wir dachten, er sei der Chef der Afrikanischen Union“

Freitag, 03. November 2023 | 09:49 Uhr

Von: ka

Rom – Giorgia Meloni kommt nicht zur Ruhe. Nachdem sie aufgrund der Trennung von ihrem langjährigen Lebensgefährten in die Schlagzeilen geraten ist, kommt nun heraus, dass die italienische Ministerpräsidentin im September Opfer eines Telefonstreichs zweier russischer Komiker – Vovan und Lexus – wurde.

Gegenüber dem Komiker, den sie für den Präsidenten der Afrikanischen Union hielt, kritisierte Giorgia Meloni nicht nur offen die Migrationspolitik der EU, sondern gewährte auch Einblicke über ihre Ansichten betreffend den Krieg in der Ukraine. Die italienische Ministerpräsidentin sagte eigentlich nichts Weltbewegendes, aber für die Ämter im Palazzo Chigi, die die eingehenden Mails und Anrufe kontrollieren und die Telefonlinie bis zur Ministerpräsidentin freischalten, ist der Telefonscherz dennoch eine sehr große Schmach.

„Wir dachten, er sei der Chef der Afrikanischen Union“, so das peinliche Eingeständnis. Wie es den russischen Komikern, denen enge Verbindungen zum Kreml nachgesagt werden, gelingen konnte, bis zum Telefon von Giorgia Meloni vorzudringen, ist jetzt Gegenstand eingehender Untersuchungen. Beginnt im Palazzo Chigi nun das große Köpferollen?

Rumble/Vovan & Lexus, Prank with Italian Prime Minister Georgia Meloni

Ministerpräsidentin Giorgia Meloni tappte in eine geschickt ausgelegte Falle, die ihr von den beiden russischen Komikern Vovan und Lexus gestellt wurde. In einem am vergangenen 18. September stattgefundenen Telefongespräch glaubte Meloni wirklich, mit einem wichtigen afrikanischen Staatschef zu sprechen. Da alle eingehenden Anrufe und Mails von den zuständigen Ämtern im römischen Regierungssitz Palazzo Chigi eingehend kontrolliert werden, hegte die Ministerpräsidentin keinen Verdacht, dass am anderen Ende der Leitung nicht der „Vorsitzende der Kommission der Afrikanischen Union“, sondern die beiden russischen Komiker Vovan und Lexus waren. Vovan und Lexus, die bereits dadurch Bekanntheit errungen hatten, zu prominenten Persönlichkeiten der Welt wie Henry Kissinger und J.K. Rowling vorgedrungen zu sein, gelang es aber auch den diplomatischen Beratern der italienischen Premierministerin weiszumachen, dass sie ein afrikanischer Staatsmann seien.

Der Zeitpunkt war gut gewählt. Da wenige Tage später die UN-Vollversammlung beginnen sollte und der Rekordzustrom von Migranten nach Lampedusa Italien in Atem hielt, war Giorgia Meloni gerne dazu bereit, mit einem afrikanischen Amtskollegen zu sprechen. Im Gespräch, das etwas mehr als 13 Minuten dauerte, gestand die Premierministerin dem „Chef der Afrikanischen Union“ ihre Verbitterung über die mangelnde Unterstützung durch die übrige EU bei der Bewältigung der Flut von Migranten. „In den letzten Monaten sind über 120.000 Menschen angekommen. Die Lage ist schwierig. Sie (die anderen EU-Staaten) glauben, dass sie das Migrationsproblem lösen können, indem sie es auf Italien abwälzen. Was sie nicht verstehen, ist, dass das unmöglich ist. Aber das Problem ist, dass es ihnen egal ist. Sie sind sich alle einig, dass Italien das Problem allein lösen muss“, geht Giorgia Meloni mit der EU-Migrationspolitik hart ins Gericht. Der russische Komiker, der sich für einen afrikanischen Staatsmann ausgibt, stimmt ihr zu.

Nach einigen Ausschweifungen über den Staatsstreich im Niger und der Rolle Frankreichs in Afrika lenkt der Gesprächspartner die Diskussion auf das heikelste Thema von allen, den Krieg zwischen Russland und der Ukraine. Auf die Frage des russischen Komikers, wie sie aus der schmerzhaften Pattsituation herauszukommen gedenke, macht Meloni ein paar Zugeständnisse, wobei sie aber nicht zu viel verrät. „In der europäischen Öffentlichkeit ist die Kriegsmüdigkeit groß und ja, die ukrainische Gegenoffensive hat bisher nicht die erhofften Erfolge gebracht“, räumt die Premierministerin ein. Im selben Atemzug rückt Giorgia Meloni aber nicht davon ab, die Ukraine weiterhin zu unterstützen.

Instagram/Giorgia Meloni

Allerdings gewährt sie einige Einblicke, dass auch in Rom darüber nachgedacht wird, wie der Einstieg in den Ausstieg aus dem Ukrainekrieg bewerkstelligt werden könnte. „Ich habe meine Ideen, wie man das machen könnte, aber ich werde sie erst zu gegebener Zeit vorstellen“, so Giorgia Meloni, die aber betont, dass die Lösung für beide Seiten akzeptabel sein müsse und das Völkerrecht nicht verletzten dürfe.

Da der „afrikanische Staatsmann“ angeblich seine institutionellen Verpflichtungen wahrnehmen muss, verabschiedet er sich höflich von der italienischen Ministerpräsidentin. „Es war mir ein Vergnügen, mit Ihnen zu sprechen, ich hoffe, es wird weitere Gelegenheiten geben“, grüßt ihn Giorgia Meloni, die nicht ahnt, in Wirklichkeit mit einem russischen Komiker zu sprechen.

APA/APA/AFP/JOHANNA GERON

Nach der Veröffentlichung in den sozialen Netzwerken bleibt den diplomatischen Beratern der italienischen Ministerpräsidentin nichts anderes übrig, als zuzugeben, dafür verantwortlich zu sein, dass Giorgia Meloni in eine bittere Falle gelockt worden sei. Was auffällt, ist, dass im Palazzo Chigi alle Sicherheitsfilter – vom Partikularsekretariat der Ministerpräsidentin bis hin zum Büro des diplomatischen Beraters Francesco Maria Talò – restlos versagt haben. Francesco Maria Talò übernahm am Allerheiligentag die Verantwortung dafür, von einem „Hochstapler in die Irre geführt“ worden zu sein.

Wie der römische Regierungssitz in die Falle von Vovan und Lexus tappen konnte, scheint geklärt. Der erste Kontakt wurde offenbar über eine E-Mail hergestellt, die an das Partikularsekretariat von Giorgia Meloni gerichtet war und die eine Rufnummer für einen Rückruf enthielt. In der Folge benachrichtigte das Sekretariat das Büro des diplomatischen Beraters. Wahrscheinlich, weil es sich um eine afrikanische Nummer handelte, wurde der Kontakt trotz fehlender Bestätigung durch Dritte – etwa durch die italienische Botschaft bei der Afrikanischen Union – als echt angesehen. Daraufhin wählte das entsprechende Amt im Palazzo Chigi die Nummer und schaltete das Gespräch direkt zu Giorgia Meloni durch.

Facebook/Palazzo Chigi – Presidenza del Consiglio dei Ministri

Letztere trifft keine Schuld. „Wenn die diplomatische Vertretung mir einen Anruf über die Telefonzentrale von Palazzo Chigi durchgibt, muss ich ihn als echt annehmen. Weil aber der Ton meines Gesprächspartners einem hohen politischen Vertreter nicht angemessen war, fiel mir auf, dass etwas nicht stimmte. Bezüglich des Inhalts des Gesprächs wiederholte ich nur seit Langem bekannte außenpolitische Positionen Italiens. Im Übrigen werden wir der Frage auf den Grund gehen müssen, wie es dazu kommen konnte. So etwas darf nie wieder vorkommen“, so Giorgia Meloni.

Politische Beobachter meinen, dass die italienische Ministerpräsidentin zutiefst erzürnt sei. Nach dem peinlichen Versagen gleich mehrerer Ämter in ihrem Haus, dem Palazzo Chigi, wird sie mit hoher Sicherheit hart durchgreifen. Verschiedene hohe Beamte, allen voran Francesco Maria Talò, werden vermutlich ihren Hut nehmen müssen.

Es ist ein Glück im peinlichen Unglück, dass sich Giorgia Meloni gegenüber den beiden Russen nicht in ihre Karten blicken ließ. Es ist aber schlimm genug. Im Kreml dürfte man zufrieden darüber sein, dass Europa kriegsmüde ist und hinter geschlossenen Türen offenbar an Plänen für einen „stillen Ausstieg“ aus dem Ukrainekonflikt gebastelt wird. Einige Experten glauben, dass es sich beim Fake-Telefonanruf von Vovan und Lexus weniger um einen Scherz, sondern vielmehr um eine von Geheimdiensten unterstützte Form von Spionage handelt.