Kaum Mietangebote und hohe Preise in Norditalien

Wohnungsmarkt südlich des Gardasees in Schieflage

Donnerstag, 24. April 2025 | 08:19 Uhr

Von: luk

Brescia/Sirmione – Der Mietwohnungsmarkt in der Provinz Brescia und rund um das Südufer des Gardasees steckt tief in der Krise. Während immer mehr Menschen bezahlbaren Wohnraum suchen, stehen zahlreiche Wohnungen leer oder werden lieber kurzfristig an Touristen vermietet. Die Folge: stark steigende Mietpreise und wachsender sozialer Druck.

In der Tourismushochburg Sirmione etwa sind auf dem Immobilienportal Immobiliare.it aktuell nur sieben Mietwohnungen gelistet, drei davon mit Preis „auf Anfrage“, die übrigen mit teils deutlich überhöhten Mieten, berichtet der Corriere della Sera. Die günstigste Wohnung kostet 950 Euro im Monat. Auch in Desenzano zeigt sich ein ähnliches Bild: Rund 60 Wohnungen sind dort derzeit verfügbar, doch selbst winzige Einzimmerwohnungen schlagen mit 600 Euro pro Monat zu Buche.

Etwas weiter westlich, in der Stadt Brescia selbst ist die Situation kaum besser. Unter rund 200 gelisteten Angeboten gibt es wenige bezahlbare Optionen – etwa ein geteiltes Zimmer oder ein 25-Quadratmeter-Apartment für 500 Euro im Monat. Parallel dazu bleibt das Lohnniveau seit Jahrzehnten praktisch unverändert.

Ein Blick auf die Entwicklung im Tourismus verdeutlicht die Schieflage: Während Brescia 37 Hotels zählt, liegt die Zahl der nicht-hotelgebundenen Unterkünfte bei 458 – darunter 286 Ferienwohnungen, 105 Kurzzeitvermietungen und zahlreiche Bed & Breakfasts. Die Nachfrage nach kurzfristigen Vermietungen durch Touristen und Studierende verdrängt klassische Mietverhältnisse zunehmend.

Besonders prekär ist die Situation bekanntlich in Städten wie Rom, Florenz, Bologna oder Venedig, wo ganze Stadtteile fast ausschließlich aus touristischen Kurzzeitmieten bestehen. Die Gemeinden reagieren bislang nur zögerlich – mit höheren Müll- oder Tourismussteuern, Zugangsbeschränkungen für „Auto-Check-ins“ oder der Pflicht zur nationalen Identifikationsnummer für Ferienvermietungen. Wirksamere Maßnahmen wie Mietobergrenzen oder eine Zweckentfremdungssteuer – wie sie im Ausland teils üblich sind – fehlen in Italien bislang.

Die Wohnexpertin Sarah Gainsforth verweist in ihrem aktuellen Buch „L’Italia senza casa“ auf ein strukturelles Marktversagen: In Italien sind derzeit mehr Wohnungen leer (18 Prozent) als offiziell nicht vermietet (elf  Prozent). Für sie steht fest: Ohne politischen Willen und öffentliche Eingriffe wird sich die Lage weiter verschärfen. „Es braucht keine Patentlösung, sondern ein Bündel an Maßnahmen und nennt sozialen Wohnbau, Mietregulierung sowie gezielte Förderungen.“

In Brescia hat die Stadtregierung unter Bürgermeisterin Laura Castelletti angekündigt, innerhalb von fünf Jahren 600 neue Sozialwohnungen zu schaffen. Doch auch hier gelte: Ohne flankierende Maßnahmen auf nationaler Ebene – etwa ein neues öffentliches Wohnbauprogramm – drohen die lokalen Initiativen zu verpuffen.

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