Von: ka
Rom – Die immer häufiger vorkommende Wilderei löst bei Tierschützern, Naturparkwächtern und Förstern in Italien tiefe Besorgnis aus.
Nach Schätzungen des Umweltministeriums werden jedes Jahr zehn Prozent der gesamten Wolfspopulation des Stiefelstaats von Wilderern getötet. Innerhalb weniger Stunden wurden in Italien vier Wölfe von Wilderern zur Strecke gebracht. Die Tatsache, dass von den Wilderern und anderen Menschen, die Wildtiere töten wollen, immer öfter Giftköder ausgelegt werden, wird von den Parkwächtern als besonders bedrohlich eingeschätzt. Um dem Phänomen der Wilderei beikommen zu können, fordern Tierschutzorganisationen, Wilderer härter zu bestrafen.
Seit Jahresbeginn wurden in Italien mehr als 20 Wölfe und andere Wildtiere Opfer von Wilderei. Nach dem Wolf, den ein Unbekannter Ende Februar im Gemeindegebiet von Valfurva im Nationalpark Stilfser Joch mit einem Gewehrschuss erlegt hatte, und jenem, der in der ländlichen Umgebung von Nago oberhalb des Gardasees gefunden worden war, wurden von den Parkwächtern und Förstern erst kürzlich weitere vier Wolfskadaver entdeckt.
Beim ersten der vier Kadaver, die innerhalb von nur wenigen Stunden entdeckt wurden, handelte es sich um eine Wölfin, die in der Nähe der florentinischen Gemeinde Vaglia entdeckt wurde. Die drei anderen Wolfskadaver hingegen wurden alle auf dem Gebiet des Nationalparks Abruzzen, Latium und Molise aufgefunden. Nach eingehenden Untersuchungen gab die Parkverwaltung bekannt, dass der Tod der drei Raubtiere auf vergiftete Köder zurückzuführen sei. Dies – so die Verantwortlichen des mittelitalienischen Nationalparks – stelle eine Bedrohung für die gesamte Artenvielfalt des Naturgebiets dar. Im gleichen Nationalpark wurden auch die Kadaver von vier Greifvögeln entdeckt. Das Ergebnis eingehender Untersuchungen steht zwar noch aus, aber allem Augenschein nach seien gleich wie die drei Wölfe auch die vier Greife Opfer von Giftködern geworden.
Nach dem Fund der ersten sechs Tierkadaver, die auffälligerweise alle in der Umgebung des gleichen Ortes – Cocullo – entdeckt wurden, schritten die von der Verwaltung des Nationalparks verständigten Carabinieri und der zuständige Tierarzt ein. Da sie für andere Wildtiere gefährlich sein könnten, wurden die Kadaver schnellstmöglich geborgen und zur Untersuchung in ein Tierseucheninstitut gebracht. Die parkeigene Hundestaffel, deren Hunde speziell für die Suche nach Giftködern trainiert sind, suchte das Parkgebiet nach weiteren vergifteten Ködern ab. Dabei wurde der dritte Wolfskadaver entdeckt.
„Ein sehr schwerwiegender Vorfall, der offenbar mit der Verwendung von Giftködern zusammenhängt“, erklärte der Direktor des Parks, Luciano Sammarone. Der Direktor des Parks fügte hinzu, dass der Fund weiterer toter Tiere nicht ausgeschlossen werden kann.
„Die verantwortungslose und geradezu kriminelle Verwendung von Gift ist nach wie vor die größte Bedrohung für die Tierwelt, die vom Menschen ausgeht. Da wir keine genauen Hinweise haben, können wir natürlich niemanden beschuldigen, aber da sowohl die Jagd als auch das Sammeln von Trüffeln derzeit geschlossen sind, bleiben nur noch wenige andere menschliche Tätigkeiten übrig, die für diesen Vorfall verantwortlich gemacht werden könnten. Im Gebiet, in dem Freiwillige und Parkwächter die Köder gefunden haben, leben auch Bären. In der Vergangenheit sind auch Bären Opfer dieser Praktiken geworden“, so Luciano Sammarone.
Mit Blick auf die rechtswidrigen Abschüsse und die widerwärtige Praxis, vergiftete Köder auszulegen, meint die italienische Tierschutzvereinigung ENPA, dass im Stiefelstaat eher von einem Wilderei- als von einem Wolfsnotstand gesprochen werden müsse. Nach Angaben des römischen Umweltministeriums werden in Italien jedes Jahr rund 300 Wölfe Opfer von Wilderei, was bedeutet, dass jährlich etwa zehn Prozent der gesamten italienischen Wolfspopulation von Wilderern getötet werden. Dem gleichen Ministerium zufolge werden jedes Jahr nicht weniger als fünf Millionen Wildvögel illegal geschossen oder eingefangen.
Angesichts dieser verheerenden Zahlen und um diese aus Sicht der Naturliebhaber „ausufernden Verbrechen gegen die Natur entsprechend zu ahnden“, fordern die Tierschützer der Enpa die politisch Verantwortlichen dazu auf, die Strafen für Wilderei spürbar zu verschärfen. Die bisher vom Gesetz vorgesehenen Strafen für Wilderei, die Haftstrafen von bis zu sechs Monaten oder Geldbußen von bis zu 4.000 Euro beinhalten, werden von der Enpa als zu gering erachtet.
„Aus diesem Grund erneuern wir unsere Aufforderung an die Regierung, die Gesetzgebung, die die Wilderei betrifft, zu reformieren, die Strafen für die Wilderer zu erhöhen und die Kontrollen zu verstärken“, schreibt die Tierschutzvereinigung Enpa in ihrer Aussendung.
Viele Italiener pflichten der Enpa bei, dass Wilderei und besonders das Auslegen von Giftködern, die nicht für Tiere, sondern beispielsweise auch für Kinder eine Gefahr darstellen, härter bestraft werden sollen, merken zugleich aber auch an, dass der Bestand der Großraubtiere auf legale Art und Weise reguliert gehört.