Von: mk
Bozen – Der Tag der Arbeit verkommt leider zusehends zu einer Folkloreveranstaltung, bei der manche Politiker staatstragende Reden halten und dem Arbeitsmodell des vorigen Jahrhunderts huldigen. Das glauben zumindest die Co-Sprecher der Südtiroler Grünen, Marlene Pernstich und Felix von Wohlgemuth.
Das sei insofern bedauerlich, da heute mehr denn je ein Bewusstsein dafür geschaffen werden müsse, dass ein Großteil der Bevölkerung – ganz egal ob Angestellte, Arbeiter, Kleinhandwerker, formal Selbständige oder Freiberufler – zunehmend an den Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit angelangt seien und „daher ein Protesttag wieder zielführender wäre als ein reiner Feiertag“.
Geradezu explodierende Lebenshaltungs- und Wohnkosten, ungleiche Steuergesetzgebung, prekäre Arbeitsverhältnisse und Lohndumping würden dazu führen, dass ein immer größerer Teil der Bevölkerung von ihrer Hände Arbeit nicht mehr würdevoll leben kann. Die Politik der letzten Jahrzehnte habe es verschlafen, auf diese Herausforderungen zu reagieren und versuche, die gröbsten Ungleichheiten durch Subventionen und Beihilfen aufzufangen, anstatt die Ursachen dieser Ungleichheit wirkungsvoll zu bekämpfen.
„Es fehlen – und das zeigt sich in der aktuellen Krise überdeutlich – Konzepte, um längere Zeiten von Verdienstausfällen zu kompensieren. Menschen, die Familien zu ernähren, Mieten- und Darlehnsraten zu bezahlen haben, stehen folglich oft schutzlos da. Besonders betroffen davon sind derzeit Saisonangestellte, die wegen der Krise keine Anstellung finden und bisher Arbeitslosengeld bezogen; sie stehen plötzlich ohne finanzielle Absicherung da“, so Pernstich und von Wohlgemuth.
Die Bedingungen am Arbeitsmarkt hätten sich bereits vor der Pandemie grundlegend geändert. „Heute sind 40 Jahre Dienstzeit mit derselben Tätigkeit und am selben Arbeitsplatz nicht mehr üblich. Durch die Corona-Krise haben sich diese geänderten Bedingungen nochmals verstärkt. Daher braucht es Initiativen, welche die Umorientierung und Umschichtung erleichtern. Fortbildungen und Umschulungen auf dem zweiten Bildungsweg müssen intensiv gefördert werden, damit den Arbeitstätigen, ob angestellt oder selbstständig, eine Umorientierung erleichtert wird. Auch hier muss Südtirol Menschen, die sich aus unterschiedlichsten Gründen beruflich umorientieren (müssen), Verdienstausfälle über einen längeren Zeitraum ausgleichen“, erklären die Grünen.
Die Rechte und Absicherungen, welche im letzten Jahrhundert von der Arbeiterschaft erstritten wurden, gelte es natürlich zu verteidigen. „Doch wir müssen heute – und das nicht nur am 1. Mai – dafür kämpfen, dass ‚die da oben‘ wieder ihren fairen Beitrag zum Wohle der Gesellschaft leisten; dafür kämpfen, dass die Politik wieder die Interessen der Bevölkerung über jene der Lobbyisten stellt; dafür kämpfen, dass wieder jede und jeder mit einer Vollzeitarbeit würdevoll leben kann. Wir werden, und das nicht nur am 1. Mai, diesen Kampf führen müssen – für unsere Gesellschaft und unsere gemeinsame Zukunft“, erklären die Grünen.