Von: APA/Reuters/AFP
Im Gazastreifen haben nach Angaben des von der Hamas geleiteten Gesundheitsministeriums Sicherheitskräfte mindestens 20 Menschen bei der Plünderung von Hilfsgütern getötet. Die Sicherheitskräfte seien gemeinsam mit Mitgliedern örtlicher Familienclans gegen die “Bandenmitglieder” vorgegangen, erklärte die Behörde am Montag. Wie aus Kreisen des Gesundheitsministeriums weiter verlautete, wurden die Angreifer im Zusammenhang mit einem Angriff auf einen Hilfskonvoi getötet.
Am vergangenen Samstag war ein Lebensmittelkonvoi des UNO-Welternährungsprogramms (WFP) mit 109 Lastwagen nach der Einreise in den Gazastreifen geplündert worden. Dabei seien 98 Lastwagen verloren gegangen, sagte eine Vertreterin des Palästinenser-Hilfswerks der Vereinten Nationen (UNRWA) Reuters.
Aus dem europäischen Krankenhaus in Khan Younis im Süden des Gazastreifens hieß es, die Leichname von 15 Menschen seien nach dem Einsatz der Sicherheitskräfte eingeliefert worden. Das Hamas-Ministerium erklärte, der Einsatz sei “nicht der letzte” und markiere den “Anfang einer breit angelegten Sicherheitskampagne”, die sich gegen jeden richte, der “an der Plünderung von Hilfsgüter-Lastwagen beteiligt ist”.
Zu dem Vorfall erklärte UNO-Sprecher Stéphane Dujarric am Montag vor Journalisten, lediglich elf von insgesamt 109 Lastwagen aus dem Konvoi seien am geplanten Zielort angelangt. Die Fahrzeuge waren demnach über den im Süden Israels gelegenen Grenzübergang Kerem Shalom in den Gazastreifen gelangt. Sie seien im Gazastreifen “schwer beschädigt” worden und hätten teilweise ihre vollständige Ladung verloren. Es handle sich im Hinblick auf die Menge an gestohlenen Gütern um die bisher schlimmste Plünderung im Gazastreifen. Die israelische Armee habe die Verantwortlichen des eigentlich für Sonntag geplanten Konvois kurzfristig angewiesen, zu starten und ihnen eine wenig bekannte Alternativroute zugewiesen.
Mehrere Mitglieder von Hilfsorganisationen erklärten indes gegenüber der Nachrichtenagentur AFP, dass beinahe die Hälfte aller Hilfslieferungen, die in den Gazastreifen hineinfahre, geplündert werde – insbesondere Hilfsgüter zur Grundversorgung der Bevölkerung. Israel wirft Hilfsorganisationen vor, nicht in der Lage zu sein, große Mengen an Hilfsgütern im Gazastreifen an die dortige Bevölkerung zu verteilen.
Der Chef des Palästinenserhilfswerks, Philippe Lazzarini, hoffte unterdessen in den nächsten Wochen auf einen klaren politischen Pfad zu einer Zweistaaten-Lösung für Palästinenser und Israelis. Darin müsse die Rolle UNWRAs klar definiert werden, sagte Lazzarini in Genf. Dies müsste bis Ende Jänner geschehen, weil dann ein israelisches Gesetz in Kraft treten soll, das UNRWA die Arbeit in den besetzten Gebieten verbietet.
Nur ein palästinensischer Staat sei eine Alternative zu UNRWA sagte der Schweizer. Nach dem Mandat der Vereinten Nationen erfüllt es Staatsaufgaben wie Bildung und Gesundheitswesen für palästinensische Flüchtlinge. Es hat rund 17.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Ohne Alternative würde bei einem Ende von UNRWA ein Vakuum in den Palästinensergebieten und noch mehr Nährboden für Extremismus und Hass entstehen, so Lazzarini. In der UNO-Familie gebe es keinen Plan B für einen Ersatz des UNRWA. Keine UNO-Organisation könne die Aufgaben übernehmen.
Die 29 Regierungen im UNRWA-Beirat wollen alle diplomatischen Register ziehen, um Israel zum Umdenken zu bringen. Das sagte der Vorsitzende des Beirates, der Direktor spanischen Entwicklungshilfeorganisation Antón Leis, am Rande einer Sitzung in Genf. Die Mitgliedsländer seien sich in der Verurteilung der Parlamentsentscheidung einig, sagte Leis. Auch Deutschland ist Mitglied des Beirates.
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