Von: mk
Bozen – Sind Kinder oder Jugendliche schwer krank, ist es besonders schwierig, Entscheidungen darüber zu treffen, welche Notfallmaßnahmen bei einer akuten Verschlechterung des Gesundheitszustands zu ergreifen sind. Wie kann eine Vorausplanung dieser Behandlungsentscheidungen sicherstellen, dass auch in einer Krisensituation nur jene Maßnahmen ergriffen werden, die von den jungen Patienten bzw. ihren Eltern gewünscht werden? Diese Frage stand im Mittelpunkt der Tagung des Landesethikkomitees heute in Bozen.
Kathrin Knochel vom Kinderpalliativzentrum der Uniklinik München sprach über ihre Erfahrungen bei der Betreuung schwerkranker Kinder und ihrer Familien. “Für Eltern sind vor allem die Gespräche wichtig. Prognosegespräche geben Sicherheit”, nahm sie auch Bezug auf internationale Studien und berichtete davon, wie sie konkrete Behandlungsentscheidungen gemeinsam mit den Familien trifft. “Für die Eltern ist das Gespräch wichtiger als das Dokument”, hielt sie fest. Es gehe um den Prozess, darum, die Entscheidungen nachvollziehen zu können. “Auch wenn die Situation belastend ist, das Thema schwierig und die Prognose unsicher: Das Gespräch mit Eltern, und wenn möglich auch mit den Kindern, ist wichtig”, gab sie den – mehrheitlich – Ärzten und Krankenpflegern mit auf den Weg.
“Das Thema ist herausfordernd. Bei der Vorausplanung dieser Entscheidungen geht es darum, wie wir selber mit dem Abschied umgehen, es geht aber immer auch ein bisschen darum, wie mit uns selbst einmal umgegangen wird”, sagte auch Gesundheitslandesrätin Martha Stocker. Wenn Kinder und Jugendliche schwer erkranken, sei die Situation noch schwieriger. Das Landeskomitee für Gesundheitsplanung (Plankomitee) habe in der vergangenen Woche Ja zu einem Kinderpalliativzentrum in Südtirol gesagt, berichtete Stocker. Einstimmig. Geplant sind Wohneinheiten für fünf Familien. Eine dieser Wohnungen, die im Großraum Bozen errichtet werden sollen, soll immer für Not- und Härtefälle zur Verfügung stehen. Nach der positiven Entscheidung des Plankomitees ist jetzt die Landesregierung am Zug.
“In Südtirol sind derzeit 200 bis 300 Kinder und Jugendliche unheilbar krank, zehn bis 36 von ihnen sterben jedes Jahr”, erklärte Marianne Siller, Pflegedirektorin im Sanitätsbetrieb. Zu diesen Zahlen kommt man, wenn man gesamtstaatliche und auch internationale Zahlen auf Südtirol herunterbricht. Neben der Betreuung der Patienten gehe es immer auch um die Betreuung der Angehörigen. Derzeit baue man auf ein Netzwerk aus territorialen Diensten, Krankenhäusern, den Diensten zur Notfallversorgung und dem mobilen Kinder Palliativ Care-Team, sagte sie. Im Anschluss daran gingen die Leiterin Kinder Palliativ Care-Team, Grazia Molinaro, und die Kinderärztin Emanuela Pedevilla auf die Situation in Südtirol ein.
Georg Marckmann vom Institut für Ethik, Theorie und Geschichte der Medizin der LMU München stellte die Broschüre “Vorausplanung von Behandlungsentscheidungen bei Kindern und Jugendlichen” vor, die die ethischen und rechtlichen Hintergründe erläutert und Hilfestellung für die Vorausplanung und die Behandlungsentscheidungen bietet. Sie richtet sich vor allem an das Gesundheitspersonal, wurde aber so aufgebaut, dass sie auch den Eltern und den jungen Patienten Orientierung bieten kann. Die Broschüre kann über das Sekretariat des Landesethikkomitees bezogen werden.
Weitere Referenten waren Marcello Orzalesi, wissenschaftlicher Koordinator und Direktor der Schule für Palliativecare in der Pädiatrie der Stiftung Maruzza in Rom und Mitglied des Komitees für Bioethik der italienischen Gesellschaft für Pädiatrie, und Marta Tomasi, Expertin für Biorecht an der Universität Trient.