Von: mk
Bozen – Noch immer schmiedet die SVP an den Koalitionsverhandlungen mit ihren Partnern in spe, um eine Regierungsmannschaft und eine tragfähige Mehrheit im Landtag auf die Beine zu stellen. Doch in Teilen der Bevölkerung gibt es nach wie vor Widerstand.
Südtiroler Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben einen Brief an Landeshauptmann Arno Kompatscher verfasst, der ihre Bedenken zur geplanten Regierungskoalition ausdrücken soll.
Diesen Appell haben 224 Akademikerinnen und Akademiker unterzeichnet. Wörtlich heißt es in dem Brief.
Sehr geehrter Herr Landeshauptmann Arno Kompatscher!
Die Südtiroler Volkspartei (SVP) hat Koalitionsverhandlungen mit den Parteien Fratelli d’Italia (FdI), Lega per Salvini Premier, Die Freiheitlichen und La Civica aufgenommen. Damit öffnet die SVP (ultra)rechten Parteien das Tor zur Regierungsbeteiligung.
FdI hat sich nie eindeutig vom Faschismus distanziert, der die deutschsprachige Minderheit assimilieren wollte. Die Lega ist eine antieuropäische Partei, die das Integrations- und Friedensprojekt Europa rückgängig machen will. Die Freiheitlichen sind eine rechtspopulistische Partei. Zumindest FdI und Lega relativieren die wissenschaftlichen Erkenntnisse des Klimawandels.
Der Tausch Regierungsbeteiligung gegen einige Autonomiebestimmungen wird die drohende Klimakatastrophe und die Zerstörung des Ökosystems nicht aufhalten, dafür aber unsere Gesellschaft zusätzlich spalten und unsere Demokratie schwächen.
Wir alle tragen eine gemeinsame Verantwortung für unser Land, für den Schutz aller Minderheiten und das friedliche und konstruktive Zusammenleben der Sprachgruppen, für die Achtung der Menschenwürde. An diesen Werten halten wir fest und appellieren an Sie und an die Südtiroler Volkspartei, ihre Koalitionsabsichten zu überdenken.
Auch an anderer gesellschaftlicher Stelle hatte sich zuletzt Widerstand gegen das äußerst wahrscheinliche Bündnis formiert. So wandten sich auch rund 200 Künstler gegen eine Regierungsbeteiligung von Fratelli d’Italia, der Partei von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni.
Kompatscher versuchte indes zu beruhigen. Es werde keinen Rechtsruck geben. “Wir werden dies in der Koalitionsvereinbarung bekräftigen. Wir haben lediglich das Ergebnis der Landtagswahlen zur Kenntnis genommen und sind in Verhandlungen mit Parteien eingetreten, die rechts der Mitte stehen”, erklärte er in der “Tiroler Tageszeitung”.
Ein Abschluss der Koalitionsverhandlungen wurde indes laut APA-Informationen für Mitte dieser Woche erwartet. Ende der Woche dürfte die Vereinbarung medial verkündet werden. Bisher drang von den Gesprächen wenig bis gar nichts nach außen – ganz nach der ursprünglichen Intention der Verhandler. Jedenfalls war zu Beginn der Verhandlungen bekräftigt worden, dass man noch vor Weihnachten ebendiese abschließen wolle.
Die SVP-Gremien hatten sich Anfang Dezember mehrheitlich für die Mitte-Rechts-Variante und gegen eine solche links der Mitte ausgesprochen. Kommt es zu einem positiven Abschluss der Verhandlungen, weist das neuen Bündnis 19 von 35 Mandaten im Südtiroler Landtag auf und verfügt damit über eine komfortable Mehrheit. Von vornherein war klar gewesen: Die “Sammelpartei” braucht nach ihrer Wahlniederlage zwei weitere Koalitionspartner, um auf eine Landtagsmehrheit zu kommen bzw. jedenfalls auch einen deutschsprachigen Partner. Ein Novum in der Südtiroler Geschichte. Zuletzt regierte man nur mit der Lega. Dass eine italienischsprachige Partei bzw. deren Proponenten in einer Landesregierung vertreten sind, ist ohnehin zwingend vorgeschrieben.