Von: Ivd
Bozen/Rom – Am 25. April gedenkt Italien einmal jährlich feierlich seiner Befreiung vom Faschismus und erinnert an den Beginn einer neuen demokratischen Ordnung. Doch gerade in Südtirol, so betonen politische Stimmen aus verschiedenen Lagern, ist dieser Tag weit mehr als eine bloße Rückschau. Es ist ein Mahnmal gegen das Vergessen – und eine Aufforderung, die Gegenwart kritisch zu gestalten.
Unterberger über die vergessenen Helden und Taten
„Wenn man über die Verbrechen des Faschismus spricht, gibt es eine Geschichte, die nicht alle kennen: die Geschichte Südtirols“, erklärte die Südtiroler Senatorin Julia Unterberger (SVP). Für Südtirol sei der Faschismus „nicht nur eine Ideologie, sondern eine existenzielle Bedrohung“ gewesen. Unterberger erinnerte in ihrer Rede an historische Ereignisse wie die Erschießung des Lehrers Franz Innerhofer im Jahr 1921 oder die Vertreibung des deutschsprachigen Bürgermeisters Julius Perathoner ein Jahr später durch die Squadristen. „Der Faschismus verbot den Deutschunterricht, änderte Tausende von Nachnamen und Ortsnamen und entfernte von den Friedhöfen sogar die Tiroler Symbole.“
Sie erinnerte an den geheimen Unterricht in den Katakombenschulen, an den Optionspakt von 1939 und an Persönlichkeiten wie Michael Gamper oder Josef Noldin, die „mit zivilem Widerstand“ den Erhalt von Sprache und Kultur verteidigten. „Was wir sind, verdanken wir den Frauen und Männern des Antifaschismus, die für die Demokratie gekämpft haben“, sagte Unterberger. Der 25. April sei deshalb „nicht nur ein Tag der Erinnerung, sondern auch eine Mahnung“.
Grüne rufen zum Widerstand auf
Auch für die Grünen in Südtirol steht der Tag der Befreiung im Zeichen aktueller politischer Herausforderungen. „Widerstand ist eine Entscheidung“, heißt es in einer Mitteilung der Verc-Grünen. Achtzig Jahre nach Kriegsende müsse die Botschaft lauten: „Habt den Mut, euch den Gräueltaten des Hasses entgegenzustellen, der an der Wurzel ausgerottet werden muss, angefangen bei den ersten Worten“, betonte Elide Mussner, Co-Sprecherin der Grünen.
Luca Bertolini, ebenfalls Co-Sprecher der Grünen, fordert, den antifaschistischen Widerstand „unseren Söhnen und Töchtern“ weiterzugeben. Die Demokratie sei „nur durch die Förderung eines demokratischen Bewusstseins geschützt und bewahrt“. Demokratie, Freiheit, Solidarität – all das beginne im Alltag und in den Schulen. „Schweigen ist keine Option. Widerstand beginnt mit unseren Worten.“
Für Aurora Floridia, Senatorin der Grünen im italienischen Parlament, ist klar: „Der Widerstand hat uns gelehrt, dass Freiheit gemeinsam und tagtäglich aufgebaut wird – auch durch den Schutz der Umwelt und der Rechte aller Menschen.“
Junge Grüne mahnen Tatenlosigkeit
Die Young Greens South Tyrol mahnen an, dass der antifaschistische Widerstand in Südtirol bis heute kaum sichtbar sei. Die Aufarbeitung sei unvollständig, Persönlichkeiten wie Hans Egarter seien „vielfach diffamiert“ worden. „Die Freiheit, die wir heute genießen, wurde auch durch den Einsatz jener errungen, die sich gegen das NS-Regime und den italienischen Faschismus stellten“, heißt es in einer Stellungnahme der Jugendorganisation.
Besonders kritisch äußert sich Julian Rossmann von den Young Greens mit Blick auf den gesellschaftlichen Umgang mit rechter Ideologie: „Rechtsextreme Einstellungen entstehen nicht im luftleeren Raum – und sie beginnen nicht bei der Jugend. Sie wachsen in der gesellschaftlichen Mitte.“ Die Vorstellung, Rechtsextremismus sei ein „Jugendproblem“, greife zu kurz. Es brauche deshalb eine offensive antifaschistische Erinnerungskultur – „gerade im ländlichen Raum“.
Die Forderungen der Jugendorganisation sind klar: mehr Unterstützung für zivilgesellschaftliches Engagement, Einbindung von Schulen und Gemeinden in Gedenkprojekte – und eine klare Abgrenzung aller demokratischen Kräfte gegenüber rechtsextremen und geschichtsrevisionistischen Tendenzen. „Antifaschismus ist das Fundament unseres demokratischen Zusammenlebens“, so Rossmann. „Der 25. April ist nicht nur ein Tag der Hoffnung – er ist ein Tag der Verantwortung.“
Erinnern heißt verhindern
Der 25. April ist mehr als ein historisches Datum – er ist ein lebendiges Zeugnis dafür, dass Freiheit und Demokratie keine Selbstverständlichkeiten sind, sondern täglich neu verteidigt und mit Leben gefüllt werden müssen. In einer Zeit, in der autoritäres Denken wieder an Boden gewinnt und demokratische Errungenschaften infrage gestellt werden, bleibt die Erinnerung an den Widerstand gegen Faschismus ein moralischer Kompass.
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