Ungleichgewicht bei Krynky

300 Ukrainer halten Tausende russische Soldaten in Schach

Samstag, 06. Januar 2024 | 10:22 Uhr

Von: mk

Krynky – Die Situation erinnert an den Kampf von David gegen Goliath. Bereits seit Monaten versuchen die ukrainischen Truppen mit kleinen Booten über den Dnipro an das Südufer überzusetzen, um dort Brückenköpfe zu errichten. An mindestens drei Stellen ist dies bereits geglückt, was teilweise auch westliche Militäranalysten erstaunen ließ. Im Dorf Krynky auf der Ostseite des Flusses spiegelt sich das Ungleichgewicht besonders deutlich.

Dank eines taktischen Tricks halten dort seit zwei Monaten 300 Ukrainer gleich Tausende russische Soldaten in Schach. Dies berichtet der US-Analyst Donald Hill.

Brückenköpfe sind die Sicherung einer Flussbrücke. Was Experten des „Institute for the Study of War“ (ISW) zunächst für eine temporäre Stellung hielten, können die Ukrainer nun offenbar doch als dauerhafteren Erfolg verbuchen. Selbst von eigener Seite war der Brückenkopf zunächst noch kritisiert worden.

Wie Hill beschreibt, gelang es den zahlenmäßig unterlegenen Ukrainern, bei Artillerie und Drohnen die Oberhand zu gewinnen. Während sie mittels Funkstörung russische Drohnen am Boden hielten, wehrten sie mit eigenen Drohnen Haubitzen und Raketenwerfer der Russen ab.

In der Vergangenheit versuchten die Russen bei Krynky, ukrainische Drohnen mit Dummies zu täuschen – offenbar mit wenig Erfolg.

Facebook/The New Voice of Ukraine

Dass so wenig Ukrainer die Stellung bei Krynky verteidigen können, liegt gleichzeitig auch an einem taktischen Trick: In der Nacht werden Minenfelder zum Schutz installiert. „Am Morgen, bevor die russischen Fahrzeuge geborgen werden können, werfen die Drohnen Sprengkörper ab und zerstören sie komplett“, schreibt Hill laut einem Bericht von Focus online.

Auch auf die Minenfelder reagieren die Russen auf ganz eigene Weise. Wie ein russischer Militärblogger bei Telegram mitteilt, bedient man sich offenbar der Taktik des einstigen russischen Generals Georgi Schukow, der im 2. Weltkrieg seinen Soldaten befahl, deutsche Minenfelder zu räumen, in dem sie einfach darüber laufen.

Taurus-Flugkörper: Druck auf Scholz wächst

Unterdessen wächst der Druck auf den deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz, Taurus-Marschflugkörper an die Ukraine endlich zu liefern. “Die Aussage: ,As Long as its takes’ werden wir helfen, klingt zynisch, wenn Europa der Ukraine zwar genug liefert, damit sie nicht verliert, aber zu wenig, um ihr komplettes Territorium zu befreien”, erklärte die die FDP-Verteidigungsexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann der “Rheinischen Post”. Die Ukraine brauche mehr Munition, mehr Ersatzteile für den Leopard 2, aber vor allem auch den Marschflugkörper Taurus, betonte die  Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag angesichts der massiven russischen Luftangriffe auf die Ukraine.

„Die Lieferung der Taurus-Marschflugkörper an die Ukraine ist längst überfällig“, meinte auch Sara Nanni, verteidigungspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Bundestag. „Der effektivste Schutz gegen die russischen Luftangriffe ist der Beschuss von Zielen auf russischem Territorium und in den besetzten ostukrainischen Gebieten, von wo aus Russland seine Angriffe startet.“

CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter befürchtet, dass sich Russland durch die Schwäche des Westens und ausbleibende Taurus-Lieferungen bestärkt sehe.

Scholz hatte Anfang Oktober entschieden, vorerst keine Taurus-Marschflugkörper an die Ukraine zu liefern, weil man Angst davor hat, dass auch russisches Territorium von den Präzisionswaffen mit einer Reichweite von 500 Kilometern getroffen wird.