Von: mk
Moskau – Obwohl die Beliebtheitswerte von Kreml-Chef Wladimir Putin in Russland bereits seit Jahren sinken, hat der Angriffskrieg auf die Ukraine dem Abwärtstrend neuen Schwung verliehen. Im Internet lassen Bürger ihrem Zorn freien Lauf. Doch das kann teuer werden. Wie stern.de berichtet, wacht die russische Zensur peinlich genau darauf, was über Putin gesagt und gepostet wird.
Föderaler Dienst für die Aufsicht im Bereich der Informationstechnologie und Massenkommunikation nennt sich jene Behörde offiziell, die nicht nur die Arbeit der Medien reguliert, sondern auch die Aktivitäten im Internet überwacht. Kurz wird sie einfach Roskomnadsor genannt. Mitunter blockiert sie ganze Internetseiten.
Nach dem Angriff auf die Ukraine wurden etwa der Zugang zum Portal des Rechernetzwerks Bellingcat, das Nachrichtenangebot von Google News oder die Online-Ausgabe der “Bild”-Zeitung gesperrt. Nun wurde bekannt, dass Roskomnadsor auch soziale Netzwerke nach Veröffentlichungen und Kommentaren durchforstet, die Wladimir Putin beleidigen. Dies geht aus internen Dokumenten hervor, die in die Hände der weißrussischen Hacker-Gruppe “Cyberpartisans” geraten sind.
Die russische Investigativplattform “Mediazona” nahm darauf Bezug und veröffentlichte die Liste von über 700 Begriffen, die von der Zensur nicht toleriert werden. So ist die Verwendung der Wörter „Zar“ und „Palast“ an und für sich unproblematisch. Werden sie allerdings in Zusammenhang mit Putin verwendet, wertet Roskomnadzor dies als Verstoß. Auch Unterschriften zu Bildern, auf denen der russische Präsidenten abgebildet ist, sind betroffen.
100.000 Rubel Strafe
Dasselbe gilt für viele andere, auf den ersten Blick harmlose Begriffe, die in Zusammenhang mit Putin an Brisanz gewinnen, wie etwa Korruption, Sanktionen, KGB, Palast, Glatze oder kein Geld.
Laut russischem Gesetz kann die Beleidigung von Regierungsorganen im Internet mit einer Geldstrafe von bis zu 100.000 Rubel geahndet werden. Umgerechnet sind das rund 1.275 Euro. Zum Vergleich: Im Jahr 2021 betrug der Durchschnittslohn in Russland knapp 600 Euro.
Den größten Teil auf der Verbotsliste stellen beleidigende und obszöne Worte dar, beispielsweise Begriffe wie Scheißerchen, Bastard oder Dummkopf. Außerdem darf man Putin mit Wörtern wie Sex, Porno oder Vagina nicht in den Kontext von Geschlechtsverkehr rücken. Laut Roskomnadsor ist das diskreditierend. Kurioserweise landeten auch Begriffe wie Wahlen, Amtszeit, Tyrann und Demonstrationen in diese Kategorie.
Unter die Rubrik Beleidigungen fallen auch die Aussage “hat Absätze angezogen” und Adjektive wie kurz oder klein. Witze über die geringe Körpergröße von Putin, die er mit Absätzen zu kaschieren versucht, sollen offenbar unterdrückt werden.
Name der Ex-Ehefrau auf der Verbotsliste
Auf der Verbotsliste steht ebenfalls der Name Lijudmila. So heißt Putins Ex-Ehefrau, die in seinem Leben eine wichtige Rolle gespielt hat, bis er sich 2013 von ihr scheiden ließ. Die russische Öffentlichkeit soll wohl nicht an sie erinnert werden – und damit auch nicht an den unbekannten Familienstand des Kreml-Chefs.