Von: mk
Bozen/Trient – ach dem Rückzug von USA und NATO-Staaten ist Afghanistan in wenigen Wochen, weit schneller als erwartet, unter die Herrschaft der Taliban geraten. Der Verzicht auf jede Gegenwehr und der Totalausfall der Regierung Ghani haben die Situation enorm beschleunigt. Die Grünen im Regionalrat haben nun einen Vorstoß gewagt, der auch von Abgeordneten anderer Parteien mitgetragen wird.
„Von der neuen Herrschaft ist bestenfalls ein moderater islamischer Staat zu erwarten, wohl eher aber ein Emirat, in dem Menschen- und Bürgerrechte dem Diktat der Scharia zu weichen haben. Zivilgesellschaftliche Entwicklungen, vorab die Rechte und Emanzipation von Frauen, die neben der problematischen Militärintervention der Westmächte in Gang gesetzt wurden, kommen nun aller Voraussicht nach zum Stillstand und werden radikal abgewürgt“, erklären die Regionalratsabgeordneten.
Die existenzielle Angst vieler Afghaninnen und Afghanen, die vom neuen Regime wenig Gutes erwarten, habe sich im Ansturm auf den Flughafen Kabul dramatisch gezeigt, wo Tausende eine verzweifelte wie meist vergebliche Flucht versucht haben.
Unter solchen Umständen gelte es, nach dem militärischen und moralischen Debakel der Westmächte zumindest auf humanitärer Ebene ein Minimum an Hilfeleistung zu gewähren. „Diese Hilfe sollte vor allem afghanischen Frauen geboten werden, denen es in überschaubarer Zahl gelingen dürfte, das Land zu verlassen. Mit ihren Familien sollte ihnen im Wege humanitärer Hilfe, ein geschützter Aufenthalt ermöglicht werden, um ihnen ein moralisch gebotenes Existenzminimum zu sichern“, heißt es in dem Antrag.
Die Region Trentino-Südtirol habe die Möglichkeit wie andere Regionen und Städte, eine überschaubare Zahl von Frauen und Angehörigen aufzunehmen, die demnächst im Wege humanitärer Korridore oder Resettlement-Programme Europa erreichen dürften. Dieser Aufgabe sollte sich unsere Region nicht entziehen. Die beiden Länder der Region sollten ein Aufnahmeprogramm in kurzer Frist entwickeln, die Region sollte den Einsatz koordinieren, so die Abgeordneten.
Sie fordern von der Regionalregierung, ein Aufnahmeprogramm für afghanische Frauen und ihre Angehörigen in den beiden Provinzen Bozen und Trient zügig ins Auge zu fassen und konkret zu planen, wobei der Region die Aufgabe der Koordinierung zugewiesen wird.
Neben den Regionalratsabgeordneten der Südtiroler Grünen Brigitte Foppa, Riccardo Dello Sbarba und Hanspeter Staffler tragen auch die Abgeordneten Lucia Coppola, Paolo Zanella, Sandro Repetto, Sara Ferrari, Paul Köllensperger, Maria Elisabeth Rieder, Peter Faistnauer Alex Ploner und Franz Ploner mit.
Absage von den Freiheitlichen
Die freiheitliche Abgeordnete Ulli Mair erteilt dem Vorstoß der Grünen zur Aufnahme von Afghanen hingegen eine klare Absage.
„Der Westen hat in Afghanistan grandios versagt und dieses Versagen hat sich von Anfang an abgezeichnet, da die Herzen der Bevölkerung niemals gewonnen wurden. Die rasche Machtübernahme der Taliban konnte nur mit Unterstützung der afghanischen Bevölkerung vonstattengehen, zumal auch die Regierungsarmee keine ernsthaften Bemühungen unternommen hat, um den Vormarsch der Islamisten aufzuhalten“, hält Ulli Mair in einer Aussendung einleitend fest.
„Afghanen, die sich in dieser Lage nun bedroht sehen, haben das Recht einen Asylantrag in den sicheren Staaten der Region zu stellen. Es gibt keinen Grund, weshalb diese Personen nach Europa gebracht werden sollen. Es ist nicht die Aufgabe von uns Europäern für die Fehler von anderen gerade zu stehen“, unterstreicht die freiheitliche Landtagsabgeordnete. „Darüber hinaus könnten auch islamischen Staaten, wie Saudi-Arabien, Katar oder die Emirate Solidarität zeigen und die Afghanen, die nun ihr Land verlassen wollen, aufnehmen“, so Mair.