Von: apa
Die Vereinigung Europäischer Journalistinnen und Journalisten (AEJ) zeigt sich besorgt über aktuelle Bedrohungen und Einschränkungen der Medienfreiheit in Mitteleuropa, darunter in Österreich. In einer aktuellen Stellungnahme der Medien-NGO mit mehr als 700 Mitgliedern in 16 europäischen Ländern heißt es: “Die Medienfreiheit gehört zu den Grundwerten der Europäischen Union.” Sie benötige daher “mehr Schutzmaßnahmen”, EU-weit und auf nationalen Ebenen.
In mehreren mitteleuropäischen Staaten gebe es derzeit besonderen Grund zur Sorge, betonte die europaweit aktive Journalistenvertretung. Zu Österreich wurde angesichts der laufenden Koalitionsverhandlungen zwischen FPÖ und ÖVP festgestellt: “Aussagen von FPÖ-Chef Herbert Kickl lassen befürchten, dass er als Regierungschef versuchen wird, kritische Medien durch Entzug von staatlicher Presseförderung und öffentlichen Inseraten zu domestizieren.”
Warnung vor Eingriffen beim ORF
Im Fall einer von der EU-kritischen FPÖ geführten Regierung sei zu befürchten, dass vor allem der öffentlich-rechtliche ORF auf Regierungslinie gebracht werden solle, analysierte die AEJ sinngemäß. Die FPÖ verfüge wiederum ihrerseits über ein Netzwerk parteieigener Medien.
Die AEJ erinnerte daran, dass der Wiener FPÖ-Chef Dominik Nepp die liberale Tageszeitung “Der Standard” wegen eines Berichts über ein heimlich gefilmtes Video zu einem FPÖ-Stammtisch beschimpft und mit Entzug von staatlichen Förderungen und Inseraten bedroht habe. Zudem seien bei einer “Pressekonferenz” von FPÖ-Chef Kickl zu Beginn der Koalitionsverhandlungen keine Fragen gestattet gewesen sowie mehrere kritische Medien wie die Wochenzeitungen “profil” und “Falter” nicht zugelassen worden.
AfD-Attacken auf unabhängige Medien
In Deutschland verstärke die rechtsextreme Partei “Alternative für Deutschland” (AfD) ihre Attacken auf unabhängige Medien, die sie als “Lügenpresse” bezeichne, warnte die AEJ. Dass sich mit Elon Musk ein US-Oligarch und enger Vertrauter des neuen US-Präsidenten Donald Trump direkt in den Wahlkampf vor den Ende Februar stattfindenden deutschen Bundestagswahlen eingemischt habe, bereite ebenfalls Sorgen.
Es sei zudem zu befürchten, dass die Nutzer der von Musk erworbenen Plattform X (vormals Twitter) über seinen Einfluss zunehmend einseitige und schönfärberische Berichte über die Aktivitäten Trumps erhalten werden. In der EU gelte die Medienfreiheit jedoch als Bestandteil europäischer Werte. Daher seien auch im Bereich der Medienpolitik Konflikte zwischen den USA und der EU zu erwarten.
Doch gebe es auch in EU-Ländern genug Grund zur Sorge, betonte die AEJ. In Ungarn habe die regierende rechtsnationale Fidesz-Partei von Premierminister Viktor Orbán schon seit Jahren die Kontrolle über die meisten Medien erlangt, hielt die Journalistenvertretung fest. “Nur mehr wenige unabhängige Medien, vor allem im Internet, berichten noch kritisch über die Regierung.”
Mehr Schutz für die 4. Säule der Demokratie
In der Slowakei imitiere der linkspopulistische Premierminister Robert Fico diesen Kurs. “Er hat den öffentlich-rechtlichen Rundfunk völlig unter seine Kontrolle gebracht und dazu die meisten Leitungsfunktionen neu besetzt. Es gibt Protestaktionen von MitarbeiterInnen sowie Demonstrationen.”
“Wir fordern mehr Schutz für unabhängige Medien, die als ‘4. Macht’ für eine funktionierende Demokratie unersetzbar sind. Es darf keine Einschüchterung seitens der Regierungen über Entzug von Fördermaßnahmen und Inseraten geben”, wurde in der AEJ-Aussendung daher betont.
Die AEJ (Association of European Journalists) wurde 1962 von Journalisten aus Italien, Frankreich und Deutschland in San Remo (Italien) gegründet. Sie ist als NGO (Non-Governmental Organisation/Nichtregierungsorganisation) der Medienfreiheit und der Europäischen Integration verpflichtet. Zurzeit hat die AEJ mehr als 700 Mitglieder in 16 europäischen Ländern, darunter Österreich.
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