Polizei nahm den Täter fest

Angreifer von AfD-Kandidat in Mannheim psychisch krank

Mittwoch, 05. Juni 2024 | 14:28 Uhr

Von: APA/dpa/Reuters

In der deutschen Stadt Mannheim ist erneut ein Politiker mit einem Messer attackiert worden. Ein AfD-Kandidat für die Kommunalwahl wurde am späten Dienstagabend mit einem Messer verletzt. Der mutmaßliche Angreifer ist nach ersten Erkenntnissen der Polizei psychisch krank. Es lägen keine konkreten Hinweise vor, “dass der Tatverdächtige bei dem Angriff erkannt hatte, dass es sich bei dem Geschädigten um einen AfD-Politiker handelt”, teilte die Polizei am Mittwoch mit.

Der AfD-Gemeinderatskandidat Heinrich Koch, der in Mannheim mit einem Messer verletzt wurde, geht von einem politischen Motiv der Tat aus. Die Verdächtigen hätten Wahlplakate an dem ganzen Platz “heruntergerockt”, sagte Koch der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart. Im Netz habe es bereits zuvor Aufrufe zu Angriffen auf AfD-Politiker in Mannheim gegeben.

Der AfD-Politiker wurde nach Angaben aus der Gemeinderatsfraktion am Ohr und am Bauch getroffen. Wie die Polizei mitteilte, habe der Täter ein Cuttermesser verwendet. Der 25-jährige Tatverdächtige wurde nach Angaben der Behörden in ein psychiatrisches Krankenhaus eingeliefert.

Der Mann soll den Angaben zufolge am Dienstagabend mehrere Wahlplakate beschädigt haben. Der AfD-Politiker habe ihn gestellt, woraufhin er ein Messer gezückt habe. Nach der Tat sei er zunächst geflüchtet, habe wenig später aber widerstandslos von Einsatzkräften festgenommen werden können.

Nach Angaben des Kreisverbands der AfD ereignete sich der Vorfall in der Nähe des Marktplatzes im Mannheimer Stadtteil Rheinau. Nach Angaben der AfD waren insgesamt drei Personen am Abriss der Plakate beteiligt, zwei konnten demnach flüchten.

AfD-Chefin Alice Weidel kritisierte nach dem Angriff die Ampel-Koalition und die Medien. “Mit ihrer Hetze gegen die Opposition schaffen Ampel & Medien ein Klima, in dem selbst vor extremen körperlichen Attacken nicht mehr zurückgeschreckt wird”, schrieb die Partei- und Fraktionsvorsitzende am Mittwoch auf der Plattform X. “Wir verurteilen diese Gewalt und fordern dazu auf, sich endlich auf die minimalen demokratischen Gepflogenheiten zu besinnen!” Der Co-Vorsitzende Tino Chrupalla schrieb auf X: “Unsere Mitglieder und Repräsentanten sind am häufigsten Opfer politischer Gewalt und Zerstörung.” Das könne die AfD aber nicht aufhalten.

Deutschlands Innenministerin Nancy Faeser (SPD) verurteilte die Gewalttat scharf. “Es gibt niemals eine Rechtfertigung für Gewalt”, sagte sie am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. “Dem Verletzten wünsche ich gute und vollständige Genesung und danke der Polizei für den schnellen Zugriff.”

Mannheims Oberbürgermeister Christian Specht (CDU) verurteilte den Angriff: “Diese feige Tat ist abscheulich und durch nichts zu rechtfertigen. Wer Wahlbewerber attackiert, stellt unsere freien, gleichen, allgemeinen, unmittelbaren und geheimen Wahlen in Frage – und damit die Basis unserer Demokratie.” Der Hass und die Gewaltbereitschaft, die sich in der Gesellschaft derzeit Bahn brechen, seien unerträglich. “Wir müssen zurückkehren zu einem respektvollen und friedlichen Wettstreit um die besten Lösungen für unser Gemeinwesen.”

Auch die Grüne Bundestagsabgeordnete Franziska Brantner, die parlamentarische Staatssekretärin im deutschen Wirtschaftsministerium ist, erklärte: “Mit Entsetzen habe ich vom brutalen Angriff auf einen AfD-Gemeinderatskandidaten in Mannheim erfahren. Die Eskalation der Gewalt gegenüber Politikern aller Parteien, die wir in den letzten Wochen beobachten mussten, ist in keiner Weise zu rechtfertigen.”

In den vergangenen Wochen hatten zahlreiche Angriffe auf Politikerinnen und Politiker für Aufsehen gesorgt. In Mannheim hatte am vergangenen Freitag ein 25-jähriger Afghane mehrere Menschen bei einer Veranstaltung der islamkritischen Bewegung Pax Europa (BPE) attackiert. Ein Polizist wurde dabei mit Messerstichen lebensgefährlich verletzt und erlag Sonntagnachmittag seinen Verletzungen im Krankenhaus. Fünf weitere Männer, darunter BPE-Vorstandsmitglied Michael Stürzenberger, waren im Zuge der Attacke ebenfalls verletzt worden. Auch fünf Tage nach der tödlichen Messerattacke in Mannheim ist der Täter weiter nicht vernehmungsfähig, bestätigte ein Sprecher des Landeskriminalamtes Baden-Württemberg am Mittwoch auf Nachfrage.

Mit einer Schweigeminute haben die Abgeordneten des Deutschen Bundestages am Mittwoch an den Polizisten erinnert, der bei der Messerattacke von Mannheim in der vergangenen Woche getötet wurde. “Sein Tod erschüttert uns alle zutiefst”, sagte Parlamentspräsidentin Bärbel Bas (SPD) am Mittwoch zum Auftakt der Plenardebatte. “Rouven L. ist für unsere freiheitliche Demokratie gestorben.”

Der tödlich verletzte Polizist habe bei seinem Einsatz die Meinungsfreiheit verteidigt, sagte Bas. Diese sei in der freiheitlichen Demokratie ein hohes Gut. “Sie gilt auch für Meinungen, die kontrovers sind.” Gleichzeitig mahnte die Bundestagspräsidentin zu einer verantwortungsvollen Debatte über die Konsequenzen aus dem Messerangriff. “Jeder und jede von uns trägt Verantwortung für das politische Klima in unserem Land. Dazu gehört vor allem ein respektvoller Umgang mit abweichenden Meinungen.”

Mehrere deutsche Politiker fordern eine Abschiebung des afghanischen Täters der Bluttat vom vergangenen Freitag. Thüringens Innenminister Georg Maier etwa forderte Gespräche mit den Nachbarländern Afghanistans über gemeinsame Abschiebungen. “Man muss jetzt keine Deals mit den Taliban machen, sondern es geht jetzt darum, mit den Nachbarländern Gespräche zu führen, zum Beispiel mit Pakistan”, sagte der SPD-Politiker am Mittwoch im Deutschlandfunk. Die FDP-Bundestagsfraktion beschloss ein Positionspapier zur Bekämpfung des Islamismus in Deutschland, das unter anderem ein entschlosseneres Vorgehen gegen extremistische Moscheegemeinden und radikale Influencer vorsieht.

Der Grünen-Vorsitzende Omid Nouripour zeigt sich gegenüber der Forderung nach Abschiebungen von Afghanen skeptisch. “Man sollte nicht die Illusion schüren, wir stecken jetzt Leute ins Flugzeug und dann machen wir einfach fest die Augen zu und dann wird alles besser”, sagte er am Mittwoch bei MDR Aktuell. Abschiebungen seien keine Selbstverständlichkeit. “Einfach nur Parolen raus dreschen, wo man am Ende nicht liefert, bedeutet, dass man am Ende die Leute enttäuscht.”