Vorstoß von Thomas Widmann

Antrag zu Gratis-Öffis im Landtag nur knapp gescheitert

Mittwoch, 12. März 2025 | 11:54 Uhr

Von: mk

­Bozen – Die Finanzierung des öffentlichen Nahverkehrs wird in Südtirol derzeit heiß diskutiert. Wie berichtet, stehen Vorschläge im Raum, der einheimischen Bevölkerung eine Gratis-Nutzung von Öffis zu ermöglichen. Die Initiative „Make Tourists Pay“ fordert etwa eine höhere tägliche Abgabe für Urlauber, um die Kosten für Busse und Bahnen in Südtirol zu decken. Befürworter argumentieren, dass Touristen bereits jetzt stark vergünstigte Tarife nutzen und eine generelle Kostenübernahme für alle die Verwaltung erleichtern würde. Der Landtagsabgeordnete Thomas Widmann hat nun mit einem Antrag einen ähnlichen Vorstoß im Landtag unternommen.

Am Mittwoch wurde im Landtag der Beschlussantrag Nr. 208/25 „ÖPNV gratis für alle SüdtirolerInnen – ein Anliegen der Bevölkerung“ (eingebracht vom Abgeordneten Thomas Widmann am 03.01.2025) behandelt. Damit soll die Landesregierung verpflichtet werden, 1. zu veranlassen, den ÖPNV umgehend für alle Südtiroler Bürgerinnen und Bürger kostenlos zur Verfügung zu stellen; 2. die Berechnung eines Modells zur Querfinanzierung durch Einnahmen aus verschiedenen Allgemeingütern zu beauftragen 3. den Dienst weiterhin zu verbessern und auszubauen. Die Debatte dazu hatte bereits am Vortag begonnen.

Einige Teile des Antrags seien nicht einleuchtend, erklärte Harald Stauder (SVP). Südtirol habe italienweit die günstigsten Öffis, und es sei zu überlegen, ob man alles gratis machen wolle. Die Schalter abzubauen, wäre kontraproduktiv, da diese auch für Informationen genutzt würden. Slowenien habe die Öffis auch gratis angeboten, sei wegen Missbrauchs aber wieder zurückgerudert. Das Ticket diene auch der Kontrolle, und es würden große Einnahmen verloren gehen.

Paul Köllensperger (Team K) erinnerte daran, dass er bereits eine Querfinanzierung der Gratisfahrten durch den Tourismus vorgeschlagen habe. Bei den Einnahmen in den Bussen liege man hinter den Prä-Covid-Werten, auch weil die Entwerter oft nicht funktionierten. Bei einer Abschaffung würden 8-10 Vollzeitäquivalente eingespart, also nicht der große Wurf. Die Daten aus Luxemburg seien durchwachsen, wer unbedingt mit dem Auto zur Arbeit wolle, lasse sich durch Gratisfahrten nicht ansprechen. Eine Querfinanzierung durch den Tourismus würde rund 1,5 Euro pro Nacht kosten und würde der EU-Richtlinie entsprechen.

Andreas Leiter Reber (Freie Fraktion) zeigte sich offen dazu, ob man alles gratis anbiete oder einen kleinen Einheitsbetrag verlange. Gratis gebe es nicht, es koste immer etwas. Eine Querfinanzierung wäre denkbar. Er werde dem Antrag zustimmen.

Der Antrag sei interessant, es gebe aber Für und Wider, meinte Andreas Colli (Wir Bürger). Es sei in den letzten Jahren einiges schiefgegangen, aber es habe Verbesserungen gegeben. Mit funktionierenden digitalen Zahlungssystemen gäbe es Einsparungspotenzial. Mit den Gratisfahrten würde viel Komplexität entfallen. Eine Erhöhung beim Gästepass wäre anzudenken, um die Gratisfahrten für Einheimische zu finanzieren, aber es sollten zuerst genauere Berechnungen angestellt werden.

Zeno Oberkofler (Grüne) sah die zentrale Frage darin, ob Gratisfahrten zu einer Verbesserung führten. Mit Gratisöffis könne man einen Impuls geben, um viele zum Umsteigen zu bewegen. Aber auch ein Klimaticket von 250 Euro, wie es nun geplant sei, sei ein Schritt in die richtige Richtung. Man könnte das Klimaticket für 1-2 Jahre gratis an die Haushalte schicken, damit sich die Bürger an die Öffis gewöhnen. Er werde dem Antrag zustimmen.

LH und Finanzlandesrat Arno Kompatscher betonte, dass es um die Frage gehe, wie man das Ziel am besten erreiche. Gratisangebote würden immer gut ankommen, aber das Argument, die derzeitigen Kosten würden die Einnahmen überwiegen, sei eine Milchmädchenrechnung. Die Einnahmen dienten auch dazu, das System auszubauen. Laut Umfragen seien die Ticketkosten nicht der Grund, warum jemand nicht umsteige. Man könne nicht ständig eine Spending Review fordern und gleichzeitig auf Einnahmen verzichten. Das Wichtigste sei, das Angebot attraktiv zu machen.

Auch LR Daniel Alfreider sprach sich gegen den Antrag aus. Man sollte, bevor man solche Forderungen stelle, die Zahlen genauer anschauen. Das neue Ticketingsystem habe man einführen müssen, weil das alte privatisiert war und man keinen Zugriff auf die Daten hatte. Man brauche die Daten, um zu wissen, wo und wie die Öffis genutzt würden. Das Entwertungssystem koste übrigens nur einen Bruchteil des gesamten digitalen Systems. Südtirol sei die Region mit den günstigsten Tarifen. Die EU schreibe eine gewisse Kostenbeteiligung für Dienstleistungen vor, Südtirol liege unter den empfohlenen 30 Prozent. Es sei schwer zu rechtfertigen, dass alle zahlen müssten für jene, die den Dienst nutzen. Wenn man auf die 50 Mio. verzichten wolle, solle man auch sagen, wo man kürzen wolle: bei Umfahrungen, Bushaltestellen? Die Touristen würden nicht gratis fahren, der Tourismus zahle insgesamt 20 Mio. für die Gästekarten. Man strebe nun Einheitstarife für verschiedene Kategorien an. Die Verrechnung nach Kilometern, die Widmann eingeführt habe, sei nachvollziehbar, aber aufwändig. Ein Jahresticket von 250 Euro, das man auch noch steuerlich absetzen könne, sei ein gutes Angebot.

Thomas Widmann (Für Südtirol) sah es als Erfolg des Südtirolpasses, dass die Jugend gratis fahren durfte, und das habe die Verkehrssituation total geändert. Die Jugend nutze jetzt die Öffis und das sei nur durch den einfachen Zugang möglich gewesen. Die Einfachheit sei wichtig, nicht ob Jahresticket oder gratis. Es gehe nicht um 50, sondern um 41 Mio. an Einnahmen, 12,8 davon würden vom Tourismus gezahlt. Die Entwerter hätten mehrere Jahre nicht funktioniert, und niemand rede über den Einnahmenausfall. Man könnte durchaus die Tourismusabgabe, die jahrelang gleichgeblieben sei, erhöhen. Südtirol sei Vorreiter bei den Öffis gewesen, hinke jetzt aber nach. Der Antrag wurde mit 15 Ja, 16 Nein und einer Enthaltung abgelehnt.

Bezirk: Bozen

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