Von: luk
Bozen – Der Brixner Auwald, Züge in die Skigebiete und leere Wohnungen waren heute im Landtag auf der Agenda.
Am Nachmittag wurde die Debatte zum Beschlussantrag Nr. 223/20: Rettung des Auwaldes Industriezone Brixen (eingebracht von den Abg. Ploner F., Köllensperger, Faistnauer, Ploner A., Rieder und Unterholzner am 07.01.2020) wieder aufgenommen. Der Landtag möge die Landesregierung verpflichten, 1. die Zerstörung dieses wertvollen Lebensraumes für Tier- und Pflanzenwelt zu verhindern und den Auwald wie vom LG Nr. 6 vom 10.Mai 2010, Art.17 gesetzlich vorgesehen zu erhalten, zu schützen und als Biotop auszuweisen, 2. sich im Sinne der ökologischen Nachhaltigkeit und der Biodiversität dafür stark zu machen, dass Auwälder und hochwertige natürliche Lebensräume erhalten bleiben, 3. dass Ausgleichsmaßnahmen angestrebt werden, aber nicht als Ersatz für bestehende wertvolle Lebensräume fungieren dürfen, 4. durch die Unterschutzstellung dieses einzigartigen Waldstückes in der Industriezone Brixen der Zerstörung wertvoller Lebensräume vorzubeugen.
Gerhard Lanz (SVP) wies darauf hin, dass in Südtirol sehr viel Fläche unter Schutz gestellt sei, auch daher seien nur fünf Prozent bebaubar. Man nehme aber die vorgebrachten Argumente mit Respekt, wenngleich Nachhaltigkeit nicht nur in eine Richtung gehe. Der Landtag möge berücksichtigen, dass solche Projekte Gemeindeangelegenheit seien. Nur wenn die verschiedenen Interessenträger nicht eingebunden oder angehört würden, solle das Land einschreiten. Daher sollte man den Antrag wenigstens aussetzen und sich informieren, was bisher getan worden sei.
LR Maria Hochgruber Kuenzer bezeichnete Natur als das Elixier auch der Menschen, nicht nur der Pflanzen und Tiere. Beim Auwald in Brixen würden heute die regelmäßigen Überschwemmungen fehlen, daher werde er seine Charakteristik auch nicht erhalten. Es sei nicht selbstverständlich, dass der Betrieb, der erweitern wolle, von sich aus einen Grund ankaufe, um ihn in ein Biotop umzuwandeln – das sei anzuerkennen. Die Ausgleichsmaßnahmen würden nicht die originale Natur ersetzen, aber der neue Standort sei für das Biotop besser. Die Ausgleichsmaßnahmen müssten beginnen, bevor der derzeitige Auwald verbaut werde, die Umwandlung in Naturgebiet müsse erfolgt sein. Eine Renaturierung dauere Jahre, daher könne man noch nicht werten, wie sie ausgehen werde.
Franz Ploner (Team K) sah wie Knoll den Zusammenhang zwischen Heimat- und Naturschutz. Der bestehende Auwald ließe sich auch künstlich fluten. In der Brixner Umgebung gäbe es viele freie Flächen, die für die Industrie geeignet wären. Bei dem Projekt seien viele nicht vertreten gewesen, z.B. WWF oder Legambiente. Man könne nicht zwei Räume miteinander gleichsetzen, es sei nicht gesagt, dass die betroffenen Tiere das akzeptierten.
Der Antrag wurde mit 14 Ja und 15 Nein abgelehnt.
Beschlussantrag Nr. 230/20: Direkte Nachtreisezüge in die Tiroler Skigebiete (eingebracht von den Abg. Knoll, Atz Tammerle und Foppa am 20.01.2020). 1. Der Südtiroler Landtag bekräftigt den Beschluss des Dreierlandtages zur Umsetzung einer Gesamt-Tiroler Tourismusstrategie, mit der Gäste vermehrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln in die Tiroler Landesteile gebracht werden sollen. 2. Die Südtiroler Landesregierung wird aufgefordert – in Zusammenarbeit mit den Verantwortlichen von Nord- und Ost-Tirol sowie der ÖBB – die Ausweitung der Angebote der Nightjet-Züge bis nach Süd- und Ost-Tirol zu überprüfen und umzusetzen.
“In Nord-Tirol wird bereits an der Umsetzung dieses Beschlussantrages gearbeitet”, berichtete Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit). “Seit 7. Jänner 2020 werden Gäste mit dem ÖBB-Nightjet täglich von Wien, Hamburg und Düsseldorf aus direkt zu den Skigebieten St. Anton am Arlberg, in die Skiwelt Wilder Kaiser-Brixental, in das Skigebiet St. Johann und zum Stubaier Gletscher-Skigebiet gebracht. Mit diesen Zugverbindungen wird Gästen eine echte Alternative zur Straße angeboten. Bisher fahren die Nachtzüge jedoch nur zu Destinationen in Nord-Tirol. In Zusammenarbeit mit Ost-Tirol ließe sich eine Ausweitung dieser Verbindungen – im Sinne des Beschlusses des Dreierlandtages – für ganz Tirol realisieren. Bei einem Erfolg dieses Projekts ließe sich auch ein zusätzliches Angebot in den Sommermonaten andenken, das Gäste bis nach Meran bringt.” Ein Teil dieser Nightjet-Züge könnte in Innsbruck abgekoppelt werden und in die Südtiroler Skigebiete fahren.
Brigitte Foppa (Grüne) erinnerte an die Debatte im Dreierlandtag, bei der man überlegt habe, wie man die Gäste ohne Auto in die Europaregion bringt. Die Nachtzüge seien heutzutage komfortabel, die Nachfrage sei im Steigen. Foppa kündigte eine Änderung des Antrags an, um das Angebot auch auf Gäste aus dem Süden auszuweiten.
Der Änderungsantrag von Knoll und Foppa ändert den Punkt 2: “Die Landesregierung wird aufgefordert, in Zusammenarbeit mit den Verantwortlichen von Nord- und Osttirol sowie den Zugbetreibern die Ausweitung der Angebote der Nachtreisezüge bis nach Süd- und Osttirol zu überprüfen und umzusetzen.”
Alessandro Urzì (L’Alto Adige nel cuore – Fratelli d’Italia) wies darauf hin, dass das Land nicht die Zuständigkeit habe, das Angebot auszudehnen. Außerdem sei von den Gästen aus dem Süden nicht mehr die Rede.
Andreas Leiter Reber (Freiheitliche) unterstützte den Antrag.
LH Arno Kompatscher meinte, es sei nicht notwendig, alle Beschlüsse des Dreierlandtags in allen drei Landtagen noch einmal zu bestätigen und teilte mit, dass die Landesregierung bereits im Sinne des Antrags aktiv geworden sei. Er teilte auch mit, dass das Land für die Verbindung Bozen Wien eine Million Euro mitzahle, während für die Verbindung Bozen Mailand nichts zahle. Die Zugbetreiber hätten inzwischen gemerkt, dass sich Zugverbindungen rentieren. Die Landesregierung werde dem Antrag auch deshalb nicht zustimmen, weil er unschlüssig formuliert sei und zu wenig offen für verschiedene Lösungen.
Alessandro Urzì (L’Alto Adige nel cuore – Fratelli d’Italia) gab zu bedenken, dass die Beschlüsse des Dreierlandtags nicht bindend seien. Es sei auch nicht unbedingt sinnvoll, dessen Beschlüsse im Landtag zu wiederholen.
Präsident Josef Noggler teilte mit, dass über 80 Prozent der Beschlüsse des Dreierlandtags umgesetzt wurden, während LH Kompatscher betonte, dass sie auch ernstgenommen werden.
Sven Knoll bezweifelte die hohe Umsetzungsrate und kritisierte die Ablehnung durch die Landesregierung, der manche Anträge zu detailliert und manche zu ungenau seien. Er habe einen praktischen Vorschlag gemacht: bestehende Züge nach Südtirol weiterzuleiten.
Der Antrag wurde mit 13 Ja und 14 Nein abgelehnt.
Beschlussantrag Nr. 232/20: Leerstehende Wohnungen (eingebracht vom Abg. Repetto am 20.01.2020). Der Landtag möge die Landesregierung verpflichten, a) festzulegen, wann eine Wohnung als leer stehend bezeichnet werden kann; b) gemeinsam mit der Südtiroler Informatik AG ein IT-System zu entwickeln, die sowohl von der Agentur für Einnahmen als auch vom Gemeindenverband genutzt werden kann, um die Zahl der leer stehenden Wohnungen zu ermitteln. c) im Sinne eines Gebietsabkommens zwischen Wohnungsbesitzern und dem Mieterschutz für Vermieter einen Garantiefonds bei Zahlungsverzug einzurichten.
“Seit eh und je geht man davon aus, dass es viele leerstehende Wohnungen gibt: Dieses Phänomen ist allerdings nur schwer messbar”, erklärte Sandro Repetto (Demokratische Partei – Bürgerlisten). “Die Erhebung einer unvorteilhaften Immobiliensteuer sowie verschiedener Grundsteuern sollten Eigentümer dazu bewegen, ihre Wohnungen erneut auf dem Mietmarkt anzubieten. Allerdings lässt sich das Ausmaß des Phänomens der leerstehenden Wohnungen in den verschiedenen Gemeinden schwer erfassen, da es kaum Daten dazu gibt und dies stellt ein Problem dar. Problematisch ist auch, dass viele Eigentümer nicht wissen, dass sie die Vermietung ihrer Wohnung dem Finanzamt der zuständigen Gemeinde melden müssen. Nur so haben sie Anspruch auf eine geringere Immobiliensteuer und nur so scheint die bis dato leerstehende Wohnung als vermietet auf. Eine andere Möglichkeit wäre es, sich an die Agentur für Einnahmen, welche die Mietverträge registriert, zu wenden, damit gemeinsam mit den Gemeinden ein entsprechendes IT-System entwickelt wird.”
Riccardo Dello Sbarba (Grüne) unterstützte den Antrag und wies darauf hin, dass in Bozen einen Experten für leere Wohnungen gebe: Pietro Tosolini. Er habe Tausende von ungenutzten Kubikmetern, halbfertige Wohnungen, fertige ohne Vertrag usw. Ausnahmebestimmungen zum Baufortschritt ließen hier viel Spielraum. Dazu kämen etwa hundert ungenutzte Hallen in der Industriezone. Es brauche Wege, um zur Nutzung zu zwingen, die GIS sei ein schwaches Instrument.
Auch Maria Elisabeth Rieder (Team K) unterstützte den Antrag, plädierte jedoch dafür, zwischen Bozen und der Peripherie zu unterscheiden. Manchmal hänge es von den Lebensumständen ab, ob eine Wohnung genutzt werde. Es wäre aber einfacher, wenn man die Meldepflicht wieder einführen und Strafen vorsehen würde. Die GIS-Erhöhung habe nicht zu einer Verbesserung geführt.
Magdalena Amhof (SVP) verwies auf die jüngste Reform zur Urbanistik, bei der man auch einiges zum Leerstand vorgesehen habe. Auch die steuerlichen Maßnahmen zeigten sehr wohl Wirkung. Die Forderungen des Antrags seien daher weitgehend erfüllt, daher werde man ihm nicht zustimmen.
Diego Nicolini (5 Sterne Bewegung) sah in den Forderungen des Antrags einen Beitrag zur Lösung des Problems und verwies auf die Studie von Alberto Filippi, laut der es rund 3.000 Leerstände gebe.
Vor allem länger leer stehende Wohnungen seien deutlich höher zu besteuern, meinte Andreas Leiter Reber (Freiheitliche). Man müsse die Spekulation bekämpfen, ebenso solle das sog. sorglose Vermieten gefördert werden. Die bebaubaren Flächen seien begrenzt, daher sei bestehende Kubatur zu nutzen.
Sven Knoll (STF) bezeichnete die Bozner Baupolitik als verfehlt. Die Stadt habe lange einen Einwohnerschwund gehabt und sei trotzdem gewachsen – und viele Wohnungen stünden jetzt leer. Die Stadt müsse darauf achten, dass nur bei Bedarf gebaut wird und dass es nicht mehr attraktiv ist, eine Wohnung leer zu lassen.
Alessandro Urzì (L’Alto Adige nel cuore – Fratelli d’Italia) sah Widersprüche in der Debatte. Man müsse davon ausgehen, dass jeder mit seinem Eigentum tun könne, was er wolle. Wenn man die Eigentümer zum Vermieten überreden wolle, sei das in Ordnung, aber man dürfe sie nicht kriminalisieren. Wenn jemand nicht um 700 Euro vermieten wolle, weil die Wohnung eigentlich 2.500 wert sei, dann sei das ein Grund. Tatsache sei, dass eine Wohnung in Bozen dreimal so viel koste als in Verona, weil der Markt mit Beiträgen verfälscht werde.
Gerhard Lanz (SVP) erinnerte an die negative Erfahrung von Berlin, wo der Zwang zu günstigen Mieten zur Flaute bei Bauten und Renovierungen geführt habe. Das neue Urbanistikgesetz biete eine Reihe von Mitteln, um die Nutzung von Leerstand zu fördern.
Hanspeter Staffler (Grüne) wies auf Wien hin, wo es immer noch leistbares Wohnen gebe. Dort habe die Stadt mit Gemeindebauten den Wohnungsmarkt entschärft. Es gebe tausend verschiedene Gründe, um nicht zu vermieten, und nicht alle Situationen werde man mit Zwangsmaßnahmen in den Griff bekommen. Man müsse mehr für den öffentlichen Wohnbau ausgeben.
LR Maria Hochgruber Kuenzer erinnerte daran, dass laut neuem Raumordnungsgesetz die Leerstandserhebung Voraussetzung für die Siedlungsabgrenzung ist. Für Bozen sei eine solche Erhebung natürlich eine große Herausforderung. An der GIS ließe sich der Leerstand nicht genau ablesen. Einige Gemeinden hätten bereits gute Instrumente zur Erhebung. Die angesprochenen Garantien für die Vermieter seien positive Ansätze, die im Wohnbaugesetz sicher Berücksichtigung finden würden.
Sandro Repetto wollte sich nicht auf das neue Gesetz vertrösten lassen. Er schlage konkrete Lösungen vor. Es gebe eine Reihe von Maßnahmen, um die Eigentümer zur Vermietung zu überzeugen, aber es brauche auch eine Erhebung, um zu wissen, ob diese Maßnahmen fruchteten.
Der Antrag wurde mit 13 Ja, 14 Nein und einer Enthaltung abgelehnt.