Von: mk
Bozen – Der Landtag hat sich am Donnerstag mit dem Landesgesetzentwurf Nr. 79/16: „Neuregelung der Bezüge der Organe des Landtages und der Landesregierung“ (vorgelegt von Landtagsvizepräsident Widmann, Landtagspräsident Bizzo und den Präsidialsekretären Renzler und Tinkhauser) befasst.
Es sei eine Folgemaßnahme des Monti-Dekrets zu den Entschädigungen, erklärte Landtagsvizepräsident Thomas Widmann, Erstunterzeichner des Entwurfs. Der Landtag habe die Fraktionskosten bereits unter die von Monti vorgegebene Schwelle gedrückt, nun gehe es um die Funktionszulagen. Man habe sich die Regelungen in den anderen Regionen angeschaut und einiges davon übernommen, anderes, wie die Kumulierbarkeit von Bezügen, nicht. Insgesamt spare das Land damit 229.770 Euro im Jahr. Ein Gutachten sehe bei den Fraktionsmitarbeitern zwar Spielraum, bei den Funktionszulagen weniger. Ein anderes Gutachten von Prof. Falcon sehe auch bei den Zulagen Spielraum, und als Autonomist sei er dafür, diesen auszunutzen. Der Gesetzentwurf regle bezüglich Entschädigungen alles, was auf Landesebene geregelt werden könne, es sei damit ein Einheitstext.
Ausschussvorsitzender Christian Tschurtschenthaler berichtete über die Arbeiten im III. Gesetzgebungsausschuss, der den Entwurf mit sechs Ja und zwei Enthaltungen gebilligt hat.
Andreas Pöder (BürgerUnion) erinnerte LH Kompatscher daran, dass er im Wahlkampf auch die Reduzierung seines Gehalts versprochen habe und sich an die Spitze der Kämpfer gegen die Privilegienkaste gesetzt. Nach den Wahlen sei es dann darum gegangen, die Autonomie zu retten, unter besonderer Berücksichtigung der Entschädigung für Landeshauptmann und Landesräte. Das Gutachten von Caia sei das einzige, das der Landtag vorliegen habe, und der sage deutlich, dass Montis Obergrenze einzuhalten sei. Alle anderen hätten unter dem Monti-Dekret zu leiden, etwa bei der Rechnungslegung, aber bei den Gehältern der Landesregierung wolle man eine Ausnahme und bestelle sich über Zeller ein zweites Gutachten.
Politik und Demokratie müssten auch etwas kosten dürfen, aber die Kosten müssten transparent sein, erklärte Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit). Die Diskussionen über die Abgeordnetengehälter habe dazu geführt, dass man nur mehr über die Kosten rede, nicht über die Leistung. Trotzdem seien immer noch Falschinformationen im Umlauf, über Beträge, Spesenvergütungen usw. Nach allen Spesen und Abgaben blieben ihm 2.300 Euro netto, und das zwölfmal im Jahr. Man sollte den Bürgern vermitteln können, dass die Entschädigung leistungsgerecht ist, aber dem sei nicht so: Manche Ausschüsse träfen sich einmal im Monat, andere dreimal im Jahr. Es sei daher nicht gerecht, wenn man allen Ausschussvorsitzenden dieselbe Zulage gewähre. Ähnliches gelte für die Kilometerspesen; manche seien sehr viel unterwegs, auch abends nach der Landtagssitzung, denn das gehöre zur politischen Arbeit. Knoll erklärte schließlich, dass er nicht für den Entwurf stimmen könne, obwohl er erhebliche Einsparungen bringe, denn er berücksichtige nicht das Leistungsprinzip.
Alessandro Urzì (L’Alto Adige nel cuore) bezeichnete es als unhaltbar, einem Prinzip, das für alle gelte, nicht zu folgen. Auch LH Rossi, der ein gleich autonomes Land wie Kompatscher verwalte, habe die autonome Zuständigkeit des Landes für die Entschädigungen unterstrichen, aber er habe sich sein Gehalt unter die vorgeschriebene Schwelle gekürzt. Das Gutachten, das der Landtag bestellt habe, sehe keine mögliche Ausnahme von dieser Pflicht. Um die Gehälter in dieser Höhe zu retten, habe man sich ein zweites Gutachten bestellt, und berufe sich nun auf dieses, weil es günstiger sei. Unangenehm sei auch, dass man, um die Gehälter der Landesregierung zu retten, auch für andere Geschenke eingeplant habe, um die man nicht gebeten habe: Entschädigungen für Ausschuss- und Fraktionsvorsitzende. Er wolle dieses Geld nicht, betonte Urzì. Er verlangte Auskunft darüber, ob man auch eine Parteienfinanzierung plane – auch dies wäre nicht tragbar.
Brigitte Foppa (Grüne) erinnerte an die Proteste vor dem Landtag gegen die Politikerrenten, bei der die Distanz zwischen Bevölkerung und Politik offensichtlich geworden sei. Die Politiker verglichen ihre Gehälter immer mit ihresgleichen, auch heute, und das sei der falsche Weg. Es sei überhaupt falsch, dass nur die Politik über dieses Thema entscheide. Die Leute würden die Bezüge der Südtiroler Politiker nicht mit jenen der Steiermark oder des Trentino vergleichen, sondern mit ihrem Einkommen. Foppa bezeichnete es als heimtückische Aktion, in dieses Gesetz auch andere Zulagen einzubauen. In der Privatwirtschaft sei es üblich, dass jene mehr verdienten, die mehr arbeiten. Bei Präsidiumsmitgliedern, Kommissionspräsidenten oder Fraktionsvorsitzenden seien die Zulagen nicht durch Mehrarbeit gedeckt. Diese Aktion tue den Einbringern nicht gut, aber auch nicht allen anderen, die dagegen seien.
Paul Köllensperger (5 Sterne Bewegung) erinnerte wie Urzì an LH Rossi, der die Autonomie verteidigt, aber trotzdem sein Gehalt gekürzt habe. Bei schmerzlichen Maßnahmen im Gesundheitswesen halte man sich an die römischen Vorgaben, bei den Politikergehältern nicht. Durch den Trick der steuerfreien Aufwandsentschädigung sei die Kürzung schon gering gewesen, nun schaue gar nichts mehr heraus. Wenn dieses Gesetz von Rom angefochten werde, so stehe man in ganz Italien wieder als Privilegienritter da. Er habe eine Reihe von Änderungen vorgeschlagen, von deren Annahme mache er seine Zustimmung abhängig.
Die Abgeordnetendiäten seien schnell an das Monti-Dekret angepasst worden, die Regierungsgehälter nicht, bemerkte Pius Leitner (Freiheitliche), das habe für böses Blut gesorgt. Kompatscher sei von der Geschichte eingeholt worden, die er bei der Leibrentenfrage losgetreten habe. Die Zulage für Fraktionsvorsitzende lehne er ab, auch wenn es sie anderswo gebe. Die Vorgangsweise mit den Gutachten böte auch eine schiefe Optik: Man bestelle solange Gutachten, bis sie stimmten, und man verteidige sein Gehalt im Namen der Autonomie. Leitner forderte, endlich die Zuständigkeit für die Abgeordnetenentschädigungen vom Regionalrat an den Landtag zu übertragen. Er kritisierte Urzìs Meinung zur Parteienfinanzierung. Ohne Mittel für die Politik würden die Interessenvertretungen entscheiden.
Riccardo Dello Sbarba (Grüne) bezeichnete die Angelegenheit als peinlich. Bei seinem ersten Mandat habe er 6.700 Euro verdient, seit Beginn dieser Legislaturperiode, nach den Kürzungen gemäß Monti, nur mehr 5.300 bis 5.500 Euro. Ebenso seien die Zuwendungen an die Fraktionen gekürzt worden. Es sei nicht nachvollziehbar, dass man mit den Funktionszulagen gewartet habe. Die Politikergehälter blieben ein Privileg, niemand sonst könne selbst sein Gehalt festlegen. Knoll fordere leistungsgerechte Entlohnung, aber Politik sei keine Arbeit im klassischen Sinn und schwer messbar. Zu den neuen Zulagen für Fraktions- und Ausschussvorsitzende meinte Dello Sbarba, dass das Monti-Dekret nicht dazu verpflichte. Es sei nicht der böse Monti, der uns die Einschnitte vorgebe, es sei die Staat-Regionen-Konferenz gewesen, in der auch Kompatscher sitze. LH Rossi habe sich das Gehalt ohne Bezug auf das Monti-Dekret gekürzt, um so auch die Autonomie zu unterstreichen. Die Zulagen für Fraktions- und Ausschussvorsitzende habe nie jemand verlangt, wenn die SVP ihren Vorsitzenden bezahlen wolle, solle sie das selber tun. Dello Sbarba kündigte an, als Fraktionsvorsitzender auf diese Zulage zu verzichten. Ein solches Gesetz nähre den Populismus.
Walter Blaas (Freiheitliche) sah ein fatales Signal in den neuen Zulagen. Wenn diese Regelung so durchgehe, wären alle von der SVP versorgt, außen vor würden nur einige wenige von der Opposition bleiben. Er wäre für eine Feierabendpolitik und Politiker, die gleichzeitig im Berufsleben stehen. Wenn dieses Gesetz so durchgehe, würden die Bürger protestieren. Die Freiheitlichen hätten für den Rentenskandal gezahlt, ein zweites Mal würden sie den schwarzen Peter nicht annehmen.
So viel Demagogie habe er selten erlebt, erklärte LH Arno Kompatscher, der auch auf die Abstimmung im Gesetzgebungsausschuss verwies, wo niemand dagegen gestimmt habe. Die Landesregierung habe zahlreiche ihrer Ausgaben gekürzt, unter anderem die Repräsentationsfonds, und koste nun 53 Prozent weniger als vor fünf Jahren. Heute seien unhaltbare Vorwürfe gegenüber der Landesregierung und der SVP gefallen, während im Ausschuss niemand protestiert habe. Die Mehrheit werde dieses Gesetz jedenfalls nicht allein durchdrücken, während diese Vorwürfe im Raum stünden. Wenn, dann sollte die Verantwortung schon gemeinsam getragen werden. Er sei dafür, über dieses Gesetz heute nicht abzustimmen.
Man habe heute sofort verstanden, dass die Opposition der SVP den schwarzen Peter zuschieben wolle, erklärte Dieter Steger (SVP) und verwies ebenfalls auf die Zustimmung im Ausschuss. Er kündigte an, den Antrag auf Rückverweisung an den Ausschuss zu stellen.
Sven Knoll wollte festgehalten wissen, dass seine Fraktion nicht im Ausschuss vertreten sei. Elena Artioli (Team Autonomie) erklärte, dass sie bei der Abstimmung im Ausschuss wegen einer Beerdigung verhindert war. Sie begrüßte die Absicht, den Entwurf zu überarbeiten. Auch Alessandro Urzì betonte, nicht Mitglied des Ausschusses zu sein.
Hans Heiss betonte, dass er im Ausschuss gegen die neuen Zulagen gestimmt habe. Paul Köllensperger berichtete dasselbe für seine Person. Man brauche den Entwurf jetzt nicht zurückzuziehen, man bräuchte nur seine Änderungsanträge annehmen, die die beanstandeten Punkte bereinigten. Pius Leitner sprach sich für eine Fortsetzung der Arbeiten aus.
Pius Leitner (Freiheitliche) hat zum Entwurf eine Tagesordnung vorgelegt, mit der er die Übertragung der Zuständigkeit für die Abgeordnetenentschädigungen von der Region an den Landtag fordert. Das Präsidium sei bereits 2014 damit beauftragt worden, die entsprechenden Schritte zu setzen. Die Tagesordnung wurde mit 13 Ja und 20 Nein abgelehnt.
Die Arbeiten werden morgen wieder aufgenommen.