Von: mk
Bozen – Landeshauptmann Arno Kompatscher hat am heutigen Mittwochvormittag im Landtag das Wirtschafts- und Finanzdokument des Landes (WFDL) 2024-2026 vorgestellt, das die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die Tätigkeit und die Finanzplanung der Landesverwaltung beschreibt.
Die Landesregierung stellt das WFDL 2024-2026 in einer Übergangszeit vor, die von den bevorstehenden Landeswahlen bedingt ist, heißt es im Vorwort des WFDL. Unter Berücksichtigung der neuen politischen Rahmenbedingungen habe das Exekutivorgan eine Programmierungsübersicht übereinstimmend mit den geltenden Bestimmungen abgefasst. Das WFDL beschreibt somit die internationale, staatliche und ländliche Wirtschafts- und Finanzevolution und aktualisiert die mehrjährigen finanziellen Rahmenbedingungen der Europäischen Union, der regionalen Politik und des institutionellen Kontextes unter Berücksichtigung der Auswirkungen des staatlichen Haushaltsgesetzes 2023. Im Dokument findet sich eine aktuelle Darstellung der wirtschaftlichen und finanziellen Situation, welche die Grundlage der Wirtschaftspolitik und der Reformplanung bildet, die die nächste Regierung anwenden wird.
Die Erstellung des Wirtschafts- und Finanzdokuments der Autonomen Provinz Bozen-Südtirol erfolge, wird im WFDL festgehalten, „erneut zu einem Zeitpunkt der Unsicherheit, auch wenn der Inflationsdruck im Jahr 2022 leicht nachgelassen hat und in den ersten Monaten des Jahres 2023 weiter anhält.“ Trotz einer starken Erholung im Jahr 2022 sei die Inflation in den europäischen Volkswirtschaften immer noch zu hoch. „Hinzu kommt die Anfälligkeit für geopolitische Spannungen, die keine Anzeichen für ein Nachlassen zeigen und welche erhebliche wirtschaftliche Folgen auf die Haushalte der Nato-Länder haben. Eine weitere Variable ist die jüngste Hinwendung der westlichen Länder zu einer restriktiven Geldpolitik, deren Auswirkungen bereits zu gewissen, wenn auch begrenzten finanziellen Instabilitäten geführt haben. Laut Schätzungen des Internationalen Währungsfonds (IWF) verzeichnen die internationalen Wirtschaftsmächte im Jahr 2023 ein, wenn auch bescheidenes, Wachstum des weltweiten BIP von +2,8 Prozent.“
Beim Blick auf den gesamtstaatlichen Kontext wird im WFDL darauf hingewiesen, dass mit dem Jahr 2022 „das BIP aller betrachteten Gebiete das Niveau vor der Pandemie im Jahr 2019“ übersteigt. Dank der raschen Rückkehr zur Normalität und der Rekordzahlen im Tourismus seien die Konsumausgaben der privaten Haushalte im Jahr 2022 auf gesamtstaatlicher Ebene um 5,5 Prozent gestiegen, wenn sie auch noch nicht auf Vorpandemieniveau vom Jahr 2019 (-1,8 Prozent) lägen. Die statistischen Ämter schätzen für 2023 begrenzte, aber dennoch positive Veränderungen. Für Italien werde laut Istat ein BIP-Wachstum von 0,4 Prozent erwartet (Eurostat: +0,8 Prozent). Für Österreich, Deutschland und die EU-27 schätzt Eurostat Veränderungen von +0,5 Prozent, +0,2 Prozent bzw. +0,8 Prozent.
Auf Landesebene werde laut Schätzungen des Landesinstituts für Statistik Astat im Jahr 2022 eine BIP-Veränderung von +4,5 Prozent erwarten. „Damit würde die Südtiroler Realwirtschaft wieder das vorpandemische Volumen des Jahres 2019 erreichen“, so das WFDL. „Das Bild für 2023 ist auch für Südtirol sehr unsicher und hängt von der Entwicklung der Variablen Inflation, internationalen Spannungen, Geldpolitik und Dürrerisiko ab. Für das Jahr 2023 wird die Schätzung leicht nach unten korrigiert und liegt bei +0,5 Prozent. Für das Jahr 2024 wird in einer ersten Prognose ein Wachstum von 1,0 Prozent erwartet, das mit dem der anderen betrachteten Gebiete übereinstimmt.“
Hinsichtlich des institutionellen Rahmens wird im WFDL ein Blick auf den Aufbau und die Tätigkeit der Landesverwaltung geworfen. Die zentralen Herausforderungen seien die Gestaltung von modernen, familienfreundlichen und innovativen Arbeitsbedingungen und Arbeitsplätzen, die transparente und zielgerichtete Auswahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die ständige Weiterentwicklung und Förderung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, deren leistungsgerechte Entlohnung, sowie der Einsatz zeitgemäßer informationstechnischer Hilfsmittel in der Personalverwaltung. Nachdem keine Stellungnahmen vonseiten der Abgeordneten kamen, wurde der Beschlussvorschlag “Wirtschafts- und Finanzdokument der Autonomen Provinz Bozen (WFDL) 2024-2026” abgestimmt: Er wurde mit 14 Ja und 16 Enthaltungen angenommen.
Es wurde mit der Behandlung der drei Gesetzentwürfe fortgefahren, die sich mit der Rechnungslegung 2022 des Landes und dem Nachtragshaushalt 2023 befassen.
Im Rahmen seiner Erläuterungen erklärte LH Arno Kompatscher u.a., dass die Einnahmen und Ausgaben im Haushaltsjahr 2022 für die eigene Kompetenz Euro 6.655,7 Mio. Euro betragen hätten. Auf 2.407,5 Mio. Euro habe sich der Kassenfonds zum Ende des Haushaltsjahres belaufen. 351,2 Millionen Euro sei das verfügbare Verwaltungsergebnis. Von den Ratingagenturen werde das Land als schuldenfrei bewertet. Der LH zeigte dann eine PowerPoint-Präsentation. In dieser war u.a. ein Vergleich des BIP der europäischen Regionen angeführt. In dieser Rangliste stehe, so der LH, Südtirol an dritter Stelle unter den nicht-städtischen Räumen. Das BIP sei kein Maßstab für das Glück, aber wirtschaftlich gesehen sei Südtirol auf einem guten Weg. Der Landeshaushalt sei in den vergangenen Jahren gewachsen, ohne die Familien stärker zu belasten – das Steueraufkommen sei gewachsen, aber nicht, weil die Steuern erhöht worden seien, sondern weil die Wirtschaft gewachsen sei. Man habe zuletzt deutlich mehr in Sanität und das Soziale investiert; diese Bereiche seien im Verhältnis mehr gewachsen als der Haushalt. Durch Vereinbarungen mit dem Staat habe es Ersatzzahlungen der Mindereinnahmen Covid gegeben (insgesamt mehr als 900 Mio. Euro); auch seien rückständige Einnahmen aus Geldspielen mit Bargeldgewinnen, die nicht steuerlicher Natur seien, überwiesen worden – dies aufgrund einer Streitbeilegung mit dem Staat. Jeweils mehr als 100 Mio. Euro jährlich kämen aus der Rückerstattung von Irpef-Einnahmenverlusten: Dies, weil der Staat die Steuersätze für den unteren Mittelstand gesenkt habe, der Staat habe die Differenz ersetzt. Der LH unterstrich auch, dass Südtirol nicht die Kosten von Rai Südtirol bezahle: Die Vereinbarung sei, dass Südtirol vorstrecke, und der Staat das zurückgebe – es habe in Bezug auf zwei Jahre einen Streit gegeben, es sei um insgesamt 24 Mio. Euro gegangen, auch diese kämen jetzt zurück. Als Finanzlandesrat sei er stolz darauf, was die Verhandlungen mit dem Staat seit 2020 für Südtirol gebracht hätten: insgesamt 1.967 Mio. Euro. Das Ergebnis sei, dass die Bürger weniger Steuern zahlten, und das Land trotzdem einen größeren Haushalt habe.
Zum Landesgesetzentwurf Nr. 145/23 Nachtragshaushalt der Autonomen Provinz Bozen für das Finanzjahr 2023 und für den Dreijahreszeitraum 2023-2026 verwies der LH auf 351 Mio. Euro, die als freier Überschuss zur Verfügung stünden. Dazu kämen weitere Mittel – neue Mittel kämen u.a. durch eine Übernahme seitens der Region des Anteils des Landes an den Staatsschulden (23 Mio. Euro), es gebe einen Rückfluss von der ASWE (23,5 Mio. Euro), die wieder ins Soziale flössen, es gebe Einnahmen aus Dividenden, und eine neue Schätzung habe Mehreinnahmen von 148,9 Mio. Euro ergeben, die eingeschrieben werden könnten. In Summe habe man für den Nachtragshaushalt knapp 568 Mio. Euro zur Verfügung.
Kompatscher ging auf die Verteilung der Geldmittel ein. Dann folgte die Generaldebatte.