Von: ka
Bozen/Rom – Nachdem noch vor wenigen Wochen Hoffnung geherrscht hatte, dass es doch noch für einen Kompromiss in der Südtiroler Ortsnamensfrage reichen könne, kam es am Mittwoch in der Sechserkommission zur kalten Dusche.
Der Versuch der Senatoren Karl Zeller und Francesco Palermo mittels einer paritätisch besetzen wissenschaftlichen Kommission – drei deutsche und drei italienische Mitglieder – zu einer konsensfähigen Ortsnamensliste zu gelangen, kann als vorläufig gescheitert betrachtet werden. Laut dem Plan der beiden Senatoren und der am 23. Februar verkündeten Kompromiss in der Sechserkommission, hätte die Kommission per Beschluss entscheiden sollen, welche Namen einsprachig deutsch(mit erklärendem Zusatz wie „Lago“ oder „Malga“) oder zweisprachig deutsch/italienisch in ein Landesregister eingetragen werden. Laut übereinstimmenden Medienberichten war bis zuletzt strittig, welche Namenslisten der Norm beigelegt werden sollen. Noch bis vorige Woche habe auch in dieser Sache eine Einigung bestanden, wobei sich die Kontrahenten Palermo und Zeller auf der einen und Bizzo auf der anderen gerade noch auf einen kleinsten Nenner einigen konnten.
Toponomastik: 102 Senatoren stellten sich quer
Für weiteren Druck dürften die Appelle von 102 Senatoren gesorgt haben. 102 Senatoren brachten nach der Einigung der sogenannten Sechserkommission auf einen Entwurf für eine Durchführungsbestimmung zum Autonomiestatut in der seit Jahren umstrittenen Frage der Ortsnamensregelung in Südtirol eine Petition dagegen ein, mit der die neue Regelung verhindert werden sollte. Die Sechserkommission setzt sich paritätisch aus Vertretern des Staates und der Länder Südtirol und Trentino zusammen. Die Verabschiedung der dort ausgehandelten Texte durch den Ministerrat in Rom sollte eigentlich nur eine Formsache sein. 102 der 315 Senatoren quer durch alle politischen Gruppen hätten sich nun in einer Petition gegen die Abschaffung italienischer Namen ausgesprochen.
Bizzo überdenkt seine Zustimmung vom 23. Februar
Roberto Bizzo stellte am Mittwoch in der Sechserkommision neue Forderungen und beharrte darauf, dass alle umstrittenen 8.000 Ortsnamen zuerst alle zweinamig anerkannt werden müssen, bevor die paritätische Kommission in jedem Einzelfall entscheidet, welche Namen einsprachig deutsch (mit erklärendem Zusatz wie „Lago“ oder „Malga“) oder zweisprachig deutsch/italienisch in ein Landesregister eingetragen werden. Zudem gab Bizzo zu verstehen, dass er selbst im Falle einer Zustimmung zu dieser Forderung noch mit seiner Partei, dem Partito Democratico, Rücksprache halten müsse. Für Karl Zeller und Francesco Palermo waren die neuen Einwände Bizzos unannehmbar. Francesco Palermo zog seinen Antrag auf Abstimmung zurück. Die Kontrahenten einigten sich, sich in zwei Wochen erneut zu treffen um einen neuen Anlauf für einen Konsens zu versuchen.
Zeller enttäuscht: “Bizzo hat Sand in die Räder geworfen”
Nach dem Scheitern der Ortsnamenregelung in der Sechserkommission gibt sich Senator Karl Zeller enttäuscht. Landtagspräsident Roberto Bizzo habe Sand in die Räder geworfen. Er war plötzlich nicht mehr damit einverstanden, dass eine Kommission über die einzelnen Namen befindet, er wollte, dass vorerst alle 8.000 Namen zweisprachig bleiben. In zwei Wochen muss der Kompromiss zur Ortsnamenregelung noch einmal in der Sechserkommission behandelt werden.
Pöder: “SVP soll Koalition mit PD beenden”
“Die SVP soll nach der geplatzten Toponomastiklösung die Koalition mit dem Partito Democratico beenden”, schlägt der Landtagsabgeordnete Andreas Pöder (BürgerUnion) vor.
“Der PD betreibt offensichtlich ein Doppelspiel, es ist nicht vorstellbar, dass Roberto Bizzo seine harte Toponomastiklinie zugunsten der Tolomei-Namen nicht mit seinen Parteigranden abgestimmt hat”, so Pöder.
“Jetzt wird die SVP die ganze Schuld auf Bizzo abladen, dabei ist es die widersprüchliche Haltung der SVP selbst, die in der Toponomastikfrage dieses Debakel verursacht hat. Einzige Lösung: Raus aus der Koaltion mit dem PD und eine harte Topnomastiklösung über den Landtag.”
STF: “Das hat die SVP nun davon”
Die Durchführungsbestimmung zur Toponomastik wurde versenkt. Cristian Kollmann, Toponomastikexperte der Süd-Tiroler Freiheit, zeigt sich erleichtert.
Er kommentiert: „Das was von der Südtiroler Volkspartei salbungsvoll als Kompromiss angepriesen wurde, war das Papier nicht wert. Statt sich auf einen wissenschaftlichen Diskurs einzulassen, war die SVP mehr denn je dazu bereit, möglichst viele faschistische Orts- und Flurnamen amtlich anzuerkennen. Doch die italienischen Partner, die ausnahmslos alle Nationalisten sind und die faschistischen Kulturverbrechen auf Punkt und Beistrich verteidigen, haben wieder ihr wahres Gesicht gezeigt. Das hat die SVP nun davon: Sie hat sich argumentativ in eine Sackgasse hineinmanövriert und zieht nun lange Gesichter! So lange die SVP nicht einsieht, dass den italienischen Nationalisten und Faschismusverteidiger nur mit wissenschaftlichen, faschistisch unbelasteten Argumenten und internationalen Richtlinien beizukommen ist, wird sie immer den Kürzeren ziehen! Und dies nicht nur auf ihre eigenen Kosten, sondern auch auf Kosten der Entfaschistisierung und Befriedung Südtirols.“