Borrell kritisierte den Alleingang Orbans scharf

Borrell: Nächster Außenministerrat in Brüssel statt Budapest

Montag, 22. Juli 2024 | 20:05 Uhr

Von: APA/dpa

Als Reaktion auf das Verhalten des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán will der EU-Chefdiplomat Josep Borrell ein für Ende August geplantes informelles Treffen der EU-Außenminister statt in Budapest in Brüssel abhalten. Borrell wollte nicht von einem “Boykott” des Treffens in Budapest reden, da nur der Austragungsort des Treffens verlegt werde, sagte er am Montag bei einer Pressekonferenz in Brüssel.

Unter den Außenministern der EU, die sich am Montag in Brüssel getroffen haben, habe es keine einheitliche Meinung dazu gegeben, wo man den informellen Rat in nach der Sommerpause abhalten solle. Damit sei es an ihm gewesen zu entscheiden, sagte Borrell. Als Motivation für seine jetzige Entscheidung verwies Borrell auch auf Aussagen des ungarischen Außenministers Peter Szijjarto, wonach die EU den Krieg in der Ukraine befördere. Er habe hier ein Signal senden wollen, dass dies Konsequenzen habe, so Borrell.

Ungarn hat zur Zeit für sechs Monate den rotierenden Vorsitz im Rat der EU-Staaten inne. Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán heimste sich mit seinen jüngsten Reisen nach Kiew, Moskau und Peking aber deutliche Kritik von Seiten der anderen EU-Staaten ein. Allerdings sind sich die EU-Staaten nicht einig in der Frage, inwiefern man als Reaktion Ministertreffen in Ungarn boykottieren soll.

Am deutlichsten kritisierte am Montag noch vor dem Treffen Luxemburgs Außenminister Xavier Bettel die Boykottüberlegungen. Er sprach von Schwachsinn und warb dafür, nach Budapest zu reisen und dort der ungarischen Regierung klar und deutlich seine Meinung zu sagen. Klar gegen den Borrell-Vorstoß äußerten sich auch Länder wie Spanien und Slowenien.

Hinter den Kulissen äußerten sich nach Angaben von Diplomaten auch die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock sowie Vertreter von Ländern wie Frankreich und Italien ähnlich. Auf der anderen Seite standen hingegen unter anderem Länder aus Nordosteuropa wie Polen. Litauen und Schweden hatten als Reaktion auf die Alleingänge Orbans bereits vor Tagen angekündigt, vorübergehend keine Ministerinnen und Minister zu Treffen nach Ungarn schicken.

Als Kompromissvorschlag stand am Montag nach Angaben von Polens Außenminister Radoslaw Sikorski kurzzeitig im Raum, das von Ungarn geplante Außenministertreffen in der von Russland angegriffenen Ukraine zu organisieren. Dies scheiterte aber daran, dass Ungarn hätte zustimmen müssen.

Österreichs Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) konnte nicht am heutigen Treffen teilnehmen und wurde von einem Diplomaten vertreten. Schallenberg hat sich in der Vergangenheit aber grundsätzlich gegen einen Boykott des ungarischen EU-Ratsvorsitzes ausgesprochen.

Für den NEOS-Europaabgeordneten Helmut Brandstätter ist Borrells Entscheidung ein “wichtiges erstes Zeichen, dass Ungarns Missbrauch der Ratspräsidentschaft Konsequenzen haben wird”. Die NEOS würden dieselbe Klarheit auch von Schallenberg erwarten. “Österreichs Bundesregierung muss dringend vermeiden, ein weiterer Statist in Orbáns Propaganda-Show zu werden”, so Brandstätter in einer Aussendung.

Im Vorfeld auf das heutige Treffen der EU-Außenminister forderte Schallenberg zudem mit sieben weiteren Kolleginnen und Kollegen eine Wiederannäherung der Europäischen Union an Syriens Machthaber Bashar al-Assad. “So bitter es auch ist, mit Hilfe des Irans und Russlands sitzt das Assad-Regime weiterhin fest im Sattel”, meinte Schallenberg in einer Aussendung. Angedacht wird unter anderem eine stärkere Gleichbehandlung der verschiedenen Bürgerkriegsparteien auf diplomatischem Niveau. Zudem solle die EU einen Syrien-Entsandten ernennen, der Kontakt mit allen Seiten hält.

EU-Chefdiplomat Borrell reagiert verhalten auf den Vorschlag. Man habe den acht Ländern zugehört und die “Arbeit werde weitergehen – pragmatisch aber nicht naiv”, antworte Borrell auf eine entsprechende Journalistenfrage. “Wir wissen wo das syrische Regime steht, und das ist ganz nah an Russland und dem Iran.”