Von: mk
Bozen – Wegen eines Loches von knapp einem Kubikdezimeter auf einer gepflasterten Straße muss die Gemeinde Bozen nun 7.600 Euro Schadenersatz zahlen. Ein Rollstuhlfahrer war in der Altstadt gestürzt und hatte sich verletzt, berichtet das Tagblatt Dolomiten.
Das Bozner Landesgericht war hatte die Gemeinde im Mai 2015 noch von jeglicher Verantwortung freigesprochen. Die Abweisung der Klage des Rollstuhlfahrers wurde damit begründet, dass dem Fehlen eines einzigen Pflastersteins, der eine Unebenheit von maximal ein paar Zentimetern hervorgerufen hatte, nicht als mangelhafte Sorgfalt der Gemeinde ausgelegt werden könne. Außerdem erklärte das Gericht, dass man sich nicht darauf verlassen dürfe, dass sich ein Straßenbelag aus Pflastersteinen in einwandfreiem Zustand sei.
Die Rechtsanwälte Markus Wenter und Martin Gabrieli, die den 48-jährigen Rollstuhlfahrer vertraten, legten Berufung ein – und das Oberlandesgericht gab ihnen recht.
Ihr Mandant hatte sich bei dem Sturz am Dominikanerplatz im Oktober 2010 Verletzungen an Schultern und Knien zugezogen. Laut den Anwälten sei es ausdrücklich wegen des fehlenden Pflastersteins zu dem Vorfall gekommen. Weil sich die Straße in Verwahrung der Gemeinde befinde, müsse diese auch für eine ordnungsgemäße Instandhaltung sorgen – und sie hafte für Unfälle, die durch Mängel entstehen.
Das Oberlandesgericht befand, dass das Hängenbleiben und Kippen des Rollstuhls von einer „eindeutigen Anomalie“ in der Pflasterung zeuge.
Die Gemeinde hatte sich mit dem Argument verteidigt, dass sie täglich Arbeiter zur Kontrolle des Straßennetzes einsetze. Laut Gericht belege dies allerdings, dass sich die Verwaltung selbst durchaus der Gefahr solcher Unebenheit bewusst sei und damit indirekt das Bestehen solcher Gefahrensituationen anerkannt habe. Außerdem sei der Unfall gegen 22 Uhr passiert: Man könne nicht annehmen, dass ein Rollstuhlfahrer in der Lage sei, ein Loch in der Dunkelheit aufzuspüren und ihm noch auszuweichen, erklärte das Gericht.
Die Gemeinde muss nun dem Kläger 7.600 Euro Schadenersatz zu zahlen – und ihr wurden auch drei Fünftel seiner Verfahrenskosten aufgebürdet, wobei die erste Instanz mit eingeschlossen ist.