Von: luk
Brenner – In der Gemeinde Brenner stand die Gemeindeverwaltung im Jänner dieses Jahres nach dem tragischen Ableben von Bernardo Ponzano vor der Herausforderung, den Gemeindeausschuss gemäß demokratischen Rahmenrichtlinien wieder aufzustocken und damit die Repräsentanz der italienischen Gemeindebürger innerhalb der Gemeindeführung zu gewährleisten.
Für den verstorbenen Gemeinderat Ponzano rückte die zweitgewählte Kandidatin der Liste „partito valore umano“ Verena Marcassoli in den Gemeinderat nach. Damit erhöhte sich die Frauenquote im Gemeindeausschuss von bisher einem Ausschussmitglied auf deren zwei. Gemeinderätin Marcassoli gehört der ladinischen Sprachgruppe an, damit war die italienische Sprachgruppe im Gemeinderat nur noch durch den Rat Giuseppe Sabatelli von der Oppositionspartei „Fratelli d’Italia“ vertreten.
Die Vertretung der Sprachgruppen in den jeweiligen Verwaltungsfunktionen wird in Südtirol durch das Autonomiestatut geregelt. “Und das bildete auch die Grundlage für die Entscheidung der Gemeindeorgane, weiterhin eine Vertretung der italienischen Sprachgruppe im Gemeindeausschuss zu garantieren”, so Bürgermeister Martin Alber. “Gemeindeausschuss und Gemeinderat entschieden nach gewissenhafter Abwägung und Prüfung der politischen und rechtlichen Ausgangssituation, eine Gemeindebürgerin italienischer Muttersprache von außen in den Gemeindeausschuss zu wählen. Diese Gemeindebürgerin sollte politisch eine möglichst neutrale Position einnehmen. Der Bürgermeister und der Gemeindeausschuss unterbreiteten deshalb dem Gemeinderat den Vorschlag Stefania De Bettin. In der Gemeinderatssitzung vom 6. April 2021 wurde Stefania De Bettin vom Gemeinderat Brenner mit einer Gegenstimme und drei Enthaltungen bei elf Dafür-Stimmen in den Gemeindeausschuss gewählt. Damit setzte der Gemeinderat ein starkes, demokratisches Zeichen, das auch und vor allem die politischen Verhältnisse im Gemeinderat berücksichtigt”, so Alber.
“Eine politische Mehrheit für eine Wahl des Gemeinderates Sabatelli von der Liste „Fratelli d’Italia“ in den Gemeindeausschuss war/ist unter derzeitigen Gesichtspunkten nicht realistisch. Auch eine dafür notwendige Umgestaltung des Gemeindeausschusses ist realitätsfremd und entspricht nicht den politischen Mehrheitsverhältnissen im Gemeinderat. Die Entscheidung, eine italienische Mitbürgerin von außen in den Gemeindeausschuss zu wählen, fußt auf folgenden Grundlagen: die Sicherstellung und Einhaltung der Frauenquote im Gemeindeausschuss sowie eine Vertretung der italienischen MitbürgerInnen im Ausschuss”, heißt es weiter.
“Die derzeitige agitatorische und populistische Vorgangsweise der Partei ‘Fratelli d’Italia’ zeigt auf, warum eine Zusammenarbeit mit dieser Fraktion in der derzeitigen Situation nicht möglich ist und vor allem demokratiepolitisch nicht mehrheitsfähig ist. Auf propagandistischen Unterlagen der Partei wurde italienweit unsere Gemeinde Brenner als „anti-italienisch“ und mit folgenden Aussagen beschrieben: ‘Basta odio antiitaliano!’ oder ‘Inammissibile discriminazione’. Dies entspricht schlichtweg nicht der Wahrheit und in keinerlei Art und Weise der politischen Einstellung der demokratisch gewählten Institutionen der Marktgemeinde Brenner. Selbst der Alleinvertretungsanspruch dieser Partei in Hinblick auf die italienische Bevölkerung ist an den Haaren herbeigezogen. Drei andere Parteien haben ebenso erhebliche Stimmenanteile aus der italienischen Bevölkerung erhalten, zwei italienische Kandidaten der ‘Freien Liste Brenner’ sogar erheblich mehr Vorzugsstimmen als der Kandidat Giuseppe Sabatelli, der nur aufgrund der Wahlarithmetik einen Sitz im Gemeinderat hat. Deshalb sind die Aussagen von ‘Fratelli d’Italia’ unqualifiziert und untergriffig”, so Alber.
“Es ist mir ein ehrliches Anliegen, eine angemessene Vertretung der Frauen im Gemeindeausschuss zu gewähren und ich finde es gut, wenn die beiden Frauen auch unterschiedlichen Sprachgruppen angehören. Es ist mir zudem wichtig, unmissverständlich klar zu stellen, dass sich dieser Gemeindeausschuss mit allen Mitteln nicht nur für ein friedliches, sondern für ein gutes und konstruktives Zusammenleben der deutschen und italienischen Sprachgruppe einsetzt und einsetzen will. Die Gemeinde Brenner ist nicht irgendeine Gemeinde. Die Geschichte hat dem Namen „Brenner“ eine sehr starke Symbolkraft verliehen. Diese Symbolkraft muss nach den Jahrzehnten, in welchem der Begriff für die Trennung stand, für das Miteinander der Sprachgruppen und Völker in Europa stehen”, so Bürgermeister Alber.