Von: luk
Bozen – Agri-Camping, also die Form von kleinen Campingstellen auf dem Gelände von Bauernhöfen, ist erneut im Gespräch. Der Landtagsabgeordnete Peter Faistnauer von der Landtagsfraktion “Perspektiven für Südtirol” ist bekanntermaßen ein Verfechter von Agri-Camping. Doch seiner Ansicht nach stößt das Konzept in Südtirol auf beinahe unüberwindbare Hürden. In dieser Hinsicht sei Südtirol nicht Italien, aber auch nicht Österreich, Schweiz oder Bayern, meint der Politiker.
“Die Nachfrage ist in kürzester Zeit enorm gestiegen, die Bedarfsdeckung ist derzeit aber bei Weitem nicht gegeben. Agri-Camping ist bereits in ganz Italien möglich, nur in Südtirol nicht. Dies bedeutet einen groben Wettbewerbsnachteil für unsere landwirtschaftlichen Betriebe”, heißt es weiter.
“Innerhalb von zehn Jahren verzeichneten Südtirols Campingplätze 84,64 Prozent mehr Gästeankünfte und 45,18 Prozent mehr Übernachtungen. Corona hat eine weitere, enorme Steigerung ausgelöst. Auch Agri-Camping ist gefragt. Seit Jahren aber verhindert Landwirtschafts- und Tourismus-Landesrat Arnold Schuler eine Gleichstellung mit den anderen Regionen Italiens. Gegenargumente wie die immer wieder diskutierte Hürde der Befahrbarkeit von Gebirgsstraßen für Campingfahrzeuge konnten Bergregionen wie das Trentino meistern. Genauso wird man sich wohl in Österreich und der Schweiz um das Landschaftsbild sorgen. Was, wenn man wenige Stellplätze gegenüber Bettenburgen in die Waagschale werfen würde? Dabei wird bei Weitem nicht an jedem Bergbauernhof ein Camper stehen, aber für einige kann dieser Zuerwerb die bisherige Tätigkeit und das Wirtschaftsbudget passend ergänzen”, so Faistnauer.
“Alle UAB-Gesetze der anderen Regionen Italiens sehen das Campen am Bauernhof vor. Ein solcher Zuerwerb könnte auch in Südtirol an das Erfolgskonzept UAB anknüpfen. Agri-Camping im Sinne dieses LGE bedeutet die Möglichkeit, auf landwirtschaftlichen Betrieben eine limitierte Anzahl an Camping-Stellplätzen in einer vorgegebenen Saison für touristische Zwecke vermieten zu können, um einen für die Wirtschaftlichkeit des Betriebes bedeutenden Zuerwerb zu generieren. Da für die Aufnahme dieser Tätigkeit nur moderate Investitionen notwendig sind, erscheint es vor allem in der aktuellen Wirtschaftskrise angebracht, dies für unsere Bergbauernhöfe endlich vorzusehen – auch in Anbetracht der Bedeutung bäuerlicher Betriebe. Denn die Südtiroler Gesellschaft profitiert direkt und indirekt von gut funktionierenden landwirtschaftlichen Betrieben: Für die Lebensmittelversorgung, aber auch für die Landschaftspflege, was insbesondere dem Tourismus zugutekommt. Camping auf dem Bauernhof könnte eine substanzielle Hilfe für die Südtiroler Berglandwirtschaft sein, um weiterem Höfesterben entgegenzuwirken. Es wird in ganz Italien und unseren Nachbarländern bereits erfolgreich umgesetzt“, so der Abgeordnete Peter Faistnauer der dazu auch einen Gesetzesentwurf eingebracht hat.
Heute befasst sich der II. Gesetzgebungsausschusses im Landtag mit einem Gesetzesentwurf zum Thema „Agri-Camping“.
“Falscher Ansatz”
Für den Landtagsabgeordnete Helmut Tauber stellt Agri-Camping hingegen einen falschen Ansatz dar, um die Berglandwirtschaft weiterzuentwickeln.
“Bereits im vergangenen Sommer hat sich der Landtag mit dem Thema ‘Agri-Camping’ als substanzielle Hilfe für die Berglandwirtschaft beschäftigt. Der Antrag wurde mehrheitlich abgelehnt“, erklärt Tauber. “Probleme in der Berglandwirtschaft damit lösen zu wollen, indem immer mehr unterschiedliche Möglichkeiten des Zu- und Nebenerwerbs geschaffen werden, kann nicht der richtige Weg sein, um die Berglandwirtschaft weiterzuentwickeln“, so Tauber und erklärt weiter: „Nicht zuletzt gilt es immer auch die Auswirkungen auf andere Branchen und Sektoren zu bedenken. Wir haben Camping-Plätze im Land, die diese Tätigkeit im Haupterwerb betreiben und davon leben. Eine Branche zu stärken, während man eine andere schwächt, kann nicht das Ziel von Wirtschaftspolitik sein.“
Auch der Überlegung, dass mittels Agri-Camping das Phänomen der ‘Wildparker’ unterbunden werden kann, steht Tauber kritisch gegenüber: „Ich bin absolut dafür, dass Wildcampern Einhalt geboten wird. Hier sind jedoch in allererster Linie stärkere Kontrollen und Sanktionen notwendig. Die Tatsache, dass sich Menschen mit ihrem Wohnwagen je nach Herzenslaune und kostenlos niederlassen, wird nicht automatisch dadurch gelöst, dass eine Vielzahl neuer Camping-Plätze entsteht“, ist der Landtagsabgeordnete überzeugt. Was hingegen eine höhere Nachfrage von Camping-Plätzen betrifft, so gelte es diese gemeinsam mit den Branchenvertretern zu analysieren und je nach Bedarf darauf zu reagieren. Der zuständige Landesrat arbeite derzeit bereits an einem Gesamtkonzept für das Camping in Südtirol. „Nicht zuletzt wäre auch dem Landschaftsbild Südtirols nicht gedient, würden fortan eine Vielzahl von Campern an idyllischen Bergbauernhöfen herumstehen. Ebenso wenig gedient wäre aber auch dem Verkehr und der Sicherheit auf den Bergstraßen“, so Tauber abschließend.