Von: mk
Bozen – Alles sieht so aus wie in einem Roman von Dan Brown. Doch Schauplatz ist keine düstere Metropole oder ein abgelegenes Kloster am Land, sondern es handelt sich um den Treffpunkt der Freimaurer-Loge in Bozen, die angesichts des Besuchs der Großmeister aus Österreich und Bayern, Wolfram Höflinger und Hannes Brach, einen Tag der offenen Tür auch für Nicht-Eingehweihte veranstaltet. Das Angebot hat Bürgermeister Renzo Caramaschi angenommen.
Der Kompass als Symbol des Kreises und der Perfektion, das Quadrat, das für Rationalität steht, das aufgeschlagene Johannesevangelium in der Bibel, um das Licht darzustellen, die zwölf Säulen des Tempels von Jerusalem, Schwerter, sieben Stufen und an der Decke ein Firmament aus Sternen – alles passt perfekt.
Caramaschi hat sich zu dem Besuch vor allem aus „intellektueller Neugier“ hinreißen lassen, wie er dem Alto Adige gegenüber verrät. Begleitet wurde Caramaschi vom italienischen Großmeister Stefano Bisi und vom Philosophieprofessor Claudio Bonvecchio, der ebenfalls Freimaurer ist und mehrere einschlägige Bücher veröffentlicht hat.
Offenbar sind die hochrangigen Vertreter darum bemüht, mittels einer Transparenzoffensive das Image des Ordens aufzupolieren, nachdem die parlamentarische Antimafia-Kommission im vergangenen Herbst die Beschlagnahme mehrerer Mitgliedslisten in Kalabrien und Sizilien verlangt hatte.
Obwohl auch Bürgermeister Caramaschi Offenheit einforderte, erklärte er, dass es sich um eine Begegnung „ohne Vorurteile“ gehandelt habe. Der Dialog sei auf jeden Fall ein hohes Gut.
Bisi räumte durchaus ein, dass italienische Mitglieder der Freimauerei viele Fehler begangen hätten. Doch er warnte davor, das Kind mit dem Bade auszuschütten. „Wenn ein Carabiniere etwas falschmacht, wird nicht gleich das ganze Heer beschuldigt. Wenn ein Pfarrer einen Fehler begeht, verurteilt man auch nicht die gesamte Kirche. Dasselbe hoffe ich in unserem Fall“, betonte Bisi.
Die Freimaurer verstehen sich nicht nur als Verfechter der Aufklärung, sondern auch als Triebfeder wichtiger politischer Entwicklungen, wie etwa die Vereinigung Italiens sowie die französische und die amerikanische Revolution. In der Tat waren neben Garibaldi und König Viktor Emanuel II. auch George Washington, Samuel Adams und Benjamin Franklin Freimaurer.
Wegen ihrer Tendenz zur Geheimhaltung und ihrer verästelten Beziehungen zu Vertretern in Politik und Wirtschaft steht der Orden heutzutage häufig jedoch auch in Verruf, eine potente Lobby hinter den Kulissen zu sein, die Institutionen unterwandert, durch Empfehlungen die eigenen Vertreter voranbringt und eigene Interessen durchsetzt, die nicht unbedingt mit dem Allgemeinwohl übereinstimmen müssen.
Dass es in Italien Beziehungen zwischen einzelner Freimaurer-Logen und Mafia-Organisationen zumindest in der Vergangenheit gegeben hat, konnte nachgewiesen werden.