Von: mk
Bozen – Berichte von illegalen Polizeistationen, die die Volksrepublik China in Europa unter dem Deckmantel von “Servicecentern” betreibt, haben für internationales Aufsehen gesorgt. Laut der Menschenrechtsorganisation Safeguard Defenders mit Sitz in Madrid reicht der lange Arm Pekings mittlerweile sogar bis nach Bozen.
Mit dem Fall hat sich auch die Abgeordnetenkammer in Rom im Rahmen der aktuellen Fragestunde befasst. Italien beherbergt laut dem Report der Menschenrechtsorganisation mit elf Stück die größte Anzahl solcher Polizeistationen. Neben Bozen befinden sie sich in Rom, Mailand, Venedig, Florenz, Prato – eine Stadt bei Florenz, in der die größte chinesische Gemeinde Italiens lebt – und auf Sizilien.
Die illegalen Polizeistationen dienen China dazu, um den im Exil lebenden Staatsbürgern nachzustellen und chinesische Dissidenten zu verfolgen. Die Chinesen werden ausgespäht, schikaniert und sogar gewaltsam dazu gezwungen, wieder in ihr Heimatland zurückzukehren.
„Das Innenministerium hat keinerlei Genehmigung für solche Aktivitäten seitens chinesischer Servicecenter erteilt und ich versichere, dass die Ordnungskräfte gemeinsam mit den Geheimdiensten die Situation mit größter Aufmerksamkeit überwachen. Ich persönlich werde mich darum kümmern“, versicherte Innenminister Matteo Piantedosi. Er schließe auch Sanktionen nicht aus.
Medienberichten zufolge nutzt die chinesische Regierung für ihre „Polizeistationen“ offenbar bilaterale Sicherheitsvereinbarungen mit Ländern in Europa und Afrika. Italien hat viele solcher Abkommen mit dem Riesen aus Fernost geschlossen. Diese sehen beispielsweise eine Kooperation bei Streifendiensten vor, die in den Jahren von 2016 bis 2019 durchgeführt wurden. Der Innenminister schloss allerdings einen Zusammenhang zwischen den Abkommen und den illegalen Polizeistationen aus, wie sie die Menschenrechtsorganisation beschreibt.
„Was die Eröffnung einer mutmaßlichen chinesischen Polizeistation in Prato anbelangt, hat die Polizei unmittelbar Ermittlungen angestellt“, erklärte der Minister. Aus denen sei hervorgegangen, dass seit vergangenem März ein chinesischer Kulturverein einen Schalter eröffnet hat, der bürokratische Angelegenheiten für Landsmänner in Italien abwickle sowie einen Dienst zur Verlängerung von Führerscheinen anbiete. „Wie es scheint, bietet das Zentrum solche Dienstleistungen heute nicht mehr an, zumal nur geringes Interesse vorhanden war“, fuhr Piantedosi fort. So habe es nur vier Anfragen gegeben.
Wie der Innenminister weiter betonte, habe die Antiterror-Polizei Digos die Gerichtsbarkeit informiert. Auch in anderen Städten sollen genauere Überprüfungen vorgenommen werden. Ähnliche Fälle wie in Prato scheine es aber in Rom, Venedig, Florenz und Bozen nicht zu geben, fügte der Minister hinzu. Nur in Mailand wickle ein weiteres Servicecenter ebenfalls bürokratische Angelegenheiten für Landsmänner ab. Der Fall wird laut Innenminister untersucht.
Auch die Quästur in Bozen sieht keine konkreten Anhaltspunkte, dass in Bozen eine derartige getarnte Polizeistation existiert.