Von: mk
Bozen – Man ist sich einig: Der Informationsfluss zwischen Landtag und Landesregierung soll durch regelmäßige Sitzungen verbessert werden. Einen Kompromiss zwischen Mehrheit und Opposition zu finden, war aber nicht einfach. Bekanntlich hatte die Opposition einen Sondersitzung im Landtag gewünscht und einen Antrag zur Einbeziehung in die Entscheidungen zu Corona-Maßnahmen vorgelegt.
Am Nachmittag wurde die Debatte zum Antrag der Opposition wieder aufgenommen. Bei der Landesregierung herrsche blanke Ideenlosigkeit und Uneinigkeit, meinte Ulli Mair (Freiheitliche). Der sinnlose Massentest im Herbst sei bezeichnend gewesen. Auf die Opposition habe man nicht gehört. Wer einen negativen Test habe, solle am normalen Leben teilhaben können. Stattdessen gebe es Einschränkungen, ohne die dadurch entstehende Not der Familien aufzufangen. Es gebe keine langfristige Strategie, Wirtschaft und Familien würden im Stich gelassen. Eine solche Landesregierung verliere zurecht jeden Rückhalt. Das Krisenmanagement sei verpolitisiert. Wenn man einen Sonderweg beschließe, müsste ein klarer Plan Voraussetzung sein. Südtirol brauche keine Schönwetterpolitik mit Durchhalteparolen. Ein Sonderweg sei möglich, aber dazu brauche es echte Unabhängigkeit, die Leuten wie Kompatscher und Achammer fehle. Die Bürger interessiere es nicht, wer was vorschlage, sie wolle Einigkeit und Einsatz für die Allgemeinheit, und dazu brauche es auch transparente Kommunikation.
Sandro Repetto (Demokratische Partei – Bürgerlisten) sprach von einem Totalversagen, vor allem in der Sanität. Es gebe keine Transparenz zu den Zahlen, keinen Impfplan, keine Sicherheit zu den verfügbaren Intensivbetten. Zu Maßnahmen nach Covid herrsche Konfusion, der intermittierende Lockdown sei verstörend, ebenso die hochnäsige Haltung gegenüber Italien. Der Lockdown werde immer härter, was auch einen Ausbau der Grünen Nummer nötig machen würde, es fehle ein regelmäßiger Austausch mit den Hausärzten. Kompatscher sollte über seine Verantwortung und die der anderen Entscheidungsträger nachdenken.
Franz Ploner (Team K) erinnerte daran, dass es die Landesregierung bereits vor einem Jahr nicht für nötig hielt, die Lage zu erklären. Es habe viele Todesfälle gegeben und immer mehr Intensivbetten würden in Anspruch genommen, aber der Gesundheitslandesrat bleibe der Meinung, dass nur Südtirol richtig liege. Die Bürger seien müde von den vielen Verordnungen. Der Höhepunkt sei noch nicht überschritten, die Lage in den Krankenhäusern sei angespannt, es fehle Personal. Es brauche klare Kriterien für die Entscheidungen der Landesregierung, die die Bevölkerung nur verstehen werde, wenn sie vom Landtag legitimiert seien. Zur Verantwortung gehöre es auch, Fehler einzugestehen.
Diego Nicolini (5 Sterne Bewegung) teilte die Meinung des Landtagspräsidenten, dass es jetzt nicht um die Suche nach Schuldigen gehe, aber allen sei klar, dass auch grobe Fehler gemacht worden seien – Südtirol sei die einzige tiefrote Zone Italiens. Es gebe wenig Transparenz, auch zur Zahl der Intensivbetten. Dass die Sanität nicht funktioniere, habe man bereits vor Corona gewusst, sie koste viel und leiste wenig. Die Führungsspitze müsste eigentlich zurücktreten. Im Herbst habe man wertvolle Zeit auf der Suche nach einer rechtlichen Grundlage für den Sonderweg verloren, um einer weltweiten Seuche zu begegnen. Viele Fehler seien auch in der Kommunikation gemacht worden.
Fehler seien überall gemacht worden, meinte Riccardo Dello Sbarba (Grüne), aber man sollte sie auch eingestehen. Der Sonderweg sei international kritisiert worden, auch aus Bayern. Das Land habe seine Kräfte überschätzt, und es fehlten im Gesetz klare Kriterien für die jeweiligen Entscheidungen. Man habe sich als gelbe Zone aufgeführt, als man rot war. Das Land sollte auf das wissenschaftliche Komitee des Staates hören, es habe keinen Sinn, sich ein eigenes Komitee einzurichten. Der Sonderweg sei zum Boomerang geworden, man müsse jetzt schließen, während andere öffnen würden. Zur Verantwortung müsse es Klarheit geben: Die Landesregierung habe die Verantwortung, Entscheidungen zu treffen, die Opposition habe zu kontrollieren und müsse dazu in die Lage versetzt werden.
Myriam Atz Tammerle (Süd-Tiroler Freiheit) stimmte dem zu. Die Landesregierung müsse die Entscheidungen treffen, aber nicht diktatorisch, sondern in einem partizipativen Prozess. Es sei Aufgabe der Opposition, im Sinne der Bürger kritische Fragen zu stellen. Die Bürger würden sich fragen, was einen neuen Lockdown rechtfertige – man müsse ihnen die Kriterien vorlegen. Wer zur Schließung zwinge, müsse Ausgleichszahlungen vorsehen oder wenigstens Verpflichtungen stunden.
Magdalena Amhof (SVP) zeigte sich schockiert über die Debatte. Fast alle wollten Fehlerzuweisungen. Die Opposition wolle heute eine Abrechnung, das habe man sich von anderen Landtagen gut abgeschaut. Für diese Pandemie gebe es keine Blaupause. Familien, Betriebe und Arbeitnehmer seien am Anschlag – es sei leicht, daraus politisches Kapital zu schlagen. Die Pandemie mache keine Pause, aber das Land habe viele Öffnungen ermöglicht. Andere Länder hätten seit November bzw. seit Weihnachten geschlossen. Die Kommunikation der Mehrheit sei nicht fehlerfrei gewesen, aber jene der Opposition auch nicht. Diese wolle spalten, und das sei in dieser Zeit verantwortungslos.
Franz Locher (SVP) berichtete von der Dankbarkeit der Senioren in seiner Heimatgemeinde, in der am Wochenende ein Impftag stattgefunden habe. Heute hingegen werde nur draufgehauen. Diese Pandemie sei nicht einfach zu handhaben. Alle Länder hätten seit Weihnachten zu, Südtirol habe vieles, darunter die Schulen, offenhalten können; das sei eine große Erleichterung für die Bevölkerung. Ebenso könnten Handwerk und Industrie weiterarbeiten, ansonsten würden diese Arbeitsplätze verlorengehen. Auf diesem Wege müsse man weitergehen, anstatt aufeinander draufzuhauen.
Hanspeter Staffler (Grüne) sah eine momentane Vertrauenskrise gegenüber der Politik. Das betreffe Landesregierung und Landtag genauso, weil die Bevölkerung da nicht genau unterscheide. Aber auch die Abgeordneten hätten kein Vertrauen mehr in die Landesregierung. Die Grünen hätten Vertrauen gegeben, den Haushalt unterstützt, der Expertenkommission vertraut, aber die Ergebnisse seien enttäuschend. Sie seien gegenüber dem Sonderweg skeptisch gewesen, hätten aber die Einsetzung einer Expertenkommission begrüßt; nach Lektüre der Protokolle sei man jedoch enttäuscht. Der Vertrauensvorschuss sei nun aufgebraucht, es sei ein neuer Weg zu gehen.
Helmut Tauber (SVP) erinnerte daran, dass die Mehrheit der Opposition seit Frühjahr die Hand gereicht und regelmäßige Konsultationen angeboten habe, aber die Opposition habe abgelehnt. Die Situation sei für alle nicht zufriedenstellend, alle seien ausgelaugt, viele Betriebe und Existenzen stünden vor dem Aus. Man müsse sich bewusst sein, dass es um die größte Krise seit Kriegsende handle, daher müsse man zusammenschauen, anstatt immer wieder Unruhe zu stiften. Die Situation sei viel zu dramatisch, als dass man sie zum politischen Spielball machen könnte.
Manfred Vallazza (SVP) warf der Opposition vor, sie fordere das Gegenteil von dem, was sie tue. Das sei nur zum Schämen. Genau sie sei daran schuld, dass sich die Leute nicht mehr auskennen würden. Die Kommunikation der Landesregierung sei besser geworden, jene der Opposition nicht. Die Landesregierung habe ein Hilfspaket angekündigt, habe aber noch auf das OK aus Rom warten müssen, die Opposition stelle das völlig verkehrt dar. Was sie derzeit mache, ähnle einem Kindergarten.
Peter Faistnauer (Team K) wollte zu den Fakten zurückkehren. Fakt sei, dass der Tourismuslandesrat Daten vom Sanitätslandesrat vermisst habe. Fakt sei auch, dass eine Abgeordnete der Mehrheit für den Rücktritt des Gesundheitslandesrats sei. Bei den Quarantänebestimmungen gebe es Chaos, ein Bürger habe erst nach 40 Tagen wieder an die Arbeit dürfen, das sorge für Unmut und Misstrauen.
Helmuth Renzler (SVP) zeigte sich überrascht. Heute habe er nur Vorwürfe gehört, keine Lösungsvorschläge. Die Landesregierung sei sehr aktiv gewesen, die Armut der Lohnabhängigen mit einem Vorschuss abzuwenden. Es sei nicht ihre Schuld, wenn die staatliche Verwaltung bei den Auszahlungen im Rückstand sei. 2013 habe Südtirol eine Arbeitslosenrate von 12 Prozent, heute 9 Prozent, das sollte man sich in Erinnerung halten. Man müsse sowohl den gesundheitlichen als auch den wirtschaftlichen Aspekt im Auge behalten. Er räume ein, dass es weniger Maßnahmen und ein wenig mehr Klarheit bräuchte.
Diese Zeit habe uns gezeigt, wie viel vom Tourismus abhänge, meinte Jasmin Ladurner (SVP), und es brauche die Anstrengung von allen, damit man bald wieder öffnen könne. Es brauche auch eine klare Kommunikation, damit die Maßnahmen akzeptiert würden und Vertrauen geschaffen werde. Ein Hilfspaket sei in Vorbereitung, man müsse schnell intervenieren, damit es nicht zu spät sei.
Rita Mattei (Lega Salvini Alto Adige Südtirol) wunderte sich nicht über die heutige Debatte. Man sei mit einem klaren Ziel gestartet, aber die Opposition beschränke sich auf die Anklage. Südtirol sei ein autonomes Land, und darüber sei sie – anders als Urzì – sehr glücklich. Der Staat habe auf der ganzen Linie versagt. Von diesem nämlich müsste der Großteil der Hilfsgelder kommen, aber gekommen sei nichts. Wenn das Land bei Lohnausgleich und Arbeitslosengeld nicht eingesprungen wäre, wären viele leer ausgegangen. Südtirol könne allein nicht 80 Prozent des entgangenen Umsatzes ersetzen, wie Knoll fordere, Südtirol sei kein Staat, es könne nur die staatlichen Hilfen aufstocken. Die STF schüre nur die Unzufriedenheit.
Das heute sei kein Sonderlandtag, sondern eine Sonderpeinlichkeit, befand Andreas Leiter Reber (Freiheitliche). Viele Menschen seien am Ende, sie interessiere wenig, wie oft sich der Landtag treffe. Sie erwarteten sich, dass die getroffenen Maßnahmen nachvollziehbar und verständlich seien. Die Landesregierung müsse sich überlegen, wie lange man sich gewisse Maßnahmen leisten könne, wie lange man die Kollateralschäden aushalten könne und ob man es schaffe, eine Alternative zu den Lockdowns zu bieten. LH Kompatscher habe mit seiner unglücklichen Kommunikation die Lage verschärft. Die Leute seien verunsichert und müde. Kompatscher habe das Vertrauen vieler Menschen verspielt.
Alex Ploner (Team K) stellte eine Unfähigkeit fest, Kritik anzunehmen. Die SVP behaupte, sie habe Zusammenarbeit angeboten. Heute gehe es um das Wie dieser Zusammenarbeit. Er erinnerte an seine Vorschläge vom April vergangenen Jahres, die immer noch nicht umgesetzt seien. Die Opposition mache auch Vorschläge, die Mehrheit müsse lernen, auf diese einzugehen.
Carlo Vettori (Alto Adige Autonomia) zeigte sich über die Kritik an der Landesregierung verwundert. Vieles davon wäre eigentlich an die Zentralregierung in Rom zu richten, wo man nicht imstande sei, für genügend Masken und Impfstoffe zu sorgen. Die Opposition habe angeblich das Vertrauen in die Landesregierung verloren, aber sie habe ihr das Vertrauen ja nie gegeben. Sie mache nur Vorwürfe, ohne Verantwortung zu tragen. Sie wolle ständig reden und nehme den Landesräten die Zeit, ihrer Arbeit nachzugehen.
Es gehe nicht um eine Schuldzuweisung, sondern um Lösungen, betonte Gert Lanz (SVP). Man tue so, als lebte man in einer Diktatur. Vor einem Jahr habe die Mehrheit das Angebot zu einem ständigen Austausch gemacht, aber es sei nie angenommen worden. Jetzt komme die Opposition mit dieser Forderung, aber man zweifle angesichts der Vorwürfe am Willen zur Zusammenarbeit. Mit einer Schlammschlacht komme man nicht weiter.
Inzwischen wurde ein weiterer Änderungsantrag vorgelegt, unterzeichnet von Sven Knoll, Brigitte Foppa, Paul Köllensperger, Gert Lanz, Andreas Leiter Reber, Rita Mattei, Diego Nicolini, Sandro Repetto, Josef Unterholzner, Alessandro Urzì und Carlo Vettori. „Der Südtiroler Landtag wolle beschließen, dass im Sinne eines verbesserten Informationsaustausches und der konstruktiven Zusammenarbeit zwischen den Institutionen im Hinblick auf die Maßnahmen im Zusammenhang mit der Covid-Pandemie folgende Vorgangsweise festgelegt wird: 1. Für die Dauer der Corona-Krise findet regelmäßig ein institutionelles Treffen, auch per Videokonferenz, zwischen dem Landeshauptmann und dem Kollegium der Fraktionsvorsitzenden statt, um Informationen auszutauschen und die jeweilige Corona-Lage und die damit verbundenen Maßnahmen gemeinsam zu erörtern. Dem Kollegium wird zu diesem Zweck ein wöchentlicher Bericht samt Einschätzung des Gesundheitsbetriebes zur Verfügung gestellt. 2. Vor kurzfristig anstehenden, einschneidenden Entscheidungen informiert der Landeshauptmann den Landtagspräsidenten sowie die Fraktionsvorsitzenden umgehend über die geplanten Maßnahmen, um sich mit diesen über die Entscheidungsgrundlagen auszutauschen und allfällige Stellungnahmen und Hinweise seitens der Fraktionsvorsitzenden entgegenzunehmen. 3. Zu Beginn jeder Landtags-Session informiert die Landesregierung die Abgeordneten über die Entwicklung der Covid-Pandemie sowie über die getroffenen und geplanten Maßnahmen.“
Hauptanliegen des neuen Antrags sei, dass man transparente Kriterien für die Entscheidungen haben und eine Einbindung des Landtags wolle, erklärte Erstunterzeichner Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit), der sich zuversichtlich zeigte, dass es zur Zusammenarbeit kommen werde. Dieser Antrag ermögliche eine Einbindung auch der Opposition, die kritische Fragen stelle, aber auch Vorschläge bringe. Alle hätten dasselbe Ziel: das Beste für unser Land zu erreichen. Man müsse bereit sein, aufeinander zuzugehen, sonst verliere man das Vertrauen der Bevölkerung.
Alessandro Urzì (L’Alto Adige nel cuore – Fratelli d’Italia) sah ein Missverständnis. Es gehe heute nicht nur um die Form der Zusammenarbeit. Es gehe auch um die Feststellung der Verantwortlichkeiten. Südtirol sei tiefrotes Gebiet, die Intensivbetten fast alle ausgelastet, das sei die Folge des Sonderwegs, und dies müsse man eingestehen. Man hätte heute auch über die mangelnden Ausgleichszahlungen reden müssen.
Paul Köllensperger (Team K) sah den heutigen Konsens zum Antrag als Erfolg. Er erinnerte die Mehrheit daran, dass auch in ihren Reihen manche dagegen ruderten, auch unter den Landesräten. Es sei nicht wahr, dass die Opposition keine Lösungsvorschläge bringe, seine Fraktion habe zahlreiche Vorschläge gemacht, ohne Gehör zu finden.
Josef Unterholzner (Enzian) erinnerte daran, dass zu dieser Zeit viele Steuern fällig seien, und dass viele Betriebe keinen Kredit mehr bekämen. Man müsse den Familien und den Betrieben nun eine Perspektive geben; diese habe in den letzten Monaten gefehlt. Vor- und Nachteile einer Maßnahme seien vor der Entscheidung abzuwägen. Die bis jetzt angerichteten Schäden seien nicht mehr bezahlbar. Unterholzner richtete schließlich einen Appell an alle, gemeinsam einen Weg aus dieser Krise einzuschlagen.
Sandro Repetto (Demokratische Partei – Bürgerlisten) betonte, dass der Antrag nur die Zusammenarbeit zwischen Mehrheit und Opposition betreffe, etwas, was man schon vor Monaten schon hätte erreichen können. Die Opposition mache ihre Vorschläge und versuche, konstruktiv zu sein. Diese Pandemie müsse Anlass sein, das Gesundheitswesen zu überdenken, auch ihre Führungsspitze.
Diego Nicolini (5 Sterne Bewegung) sprach von einem guten Kompromiss. Er hoffe, der Dialog zwischen Regierung und Opposition verbessere sich. Es sei die Aufgabe der Opposition, zu kritisieren, wenn Fehler gemacht würden, vor allem grobe. Sie habe auch eine gewisse Solidarität gezeigt, während die Mehrheit immer geblockt habe. Nun beginne eine neue Phase. Er stimmte zu, dass über das Gesundheitswesen, das bereits vorher nicht funktioniert habe, grundsätzlich zu reden sei.
LR Thomas Widmann sprach von einer Extremsituation, die nicht nur die Gesundheit betreffe, auch Wirtschaft, Kultur, Familien. In dieser Situation seien immer wieder neue Entscheidungen zu treffen, es lägen auch immer wieder neue Informationen, neue Notwendigkeiten und neue Parameter vor. Im März habe man 30 Tests pro Tag durchgeführt, heute 10.000. Man habe auch das Contact Tracing ausgebaut, bis es nicht mehr möglich gewesen sei. Die Spitze des Sanitätsbetriebs wisse sehr wohl, wie es den Mitarbeitern gehe. Widmann stellte auch in Abrede, dass man im Sommer nichts getan habe – man habe die Intensivstationen ausgebaut, auch wenn dies schwierig gewesen sei. Heute habe man von der Opposition nur gehört, was nicht gehe. Sie vermisse einen Impfplan, aber hier könne das Land keinen eigenen Weg gehen; die Emilia Romagna habe ihren deswegen dreimal umschreiben müssen. Südtirol habe inzwischen doppelt so viel geimpft als der Durchschnitt Italiens. Die Opposition verlange Alternativen zum Lockdown, aber sie solle auch sagen, welche. Auch die Opposition sei im November für den Massentest gewesen, den sie nun als nutzlos hinstelle. Man sollte am Ende gemeinsam Bilanz ziehen, anstatt jetzt Unruhe zu stiften. Die 21 Kriterien, die die Grundlage der Entscheidungen bildeten, seien klar und transparent.
Widmann teilte mit, dass es Verdacht auf einen Fall mit südafrikanischer Variante gebe. Sobald er bestätigt sei, werde er es bekannt geben.
Auf der ganzen Welt gebe es drei Säulen in der Coronastrategie, erklärte LR Waltraud Deeg, Einschränkung der Kontakte, Massentests, Abfederung der Kollateralschäden. Die Pandemie habe zu Toten geführt, zu Schäden für Wirtschaft, Soziales, Psyche. England sei jetzt im dritten Lockdown, was zeige, dass überall dasselbe passiere. Was die Menschen heute nicht bräuchten, sei Verunsicherung. In den Südtiroler Altersheimen würden Antigentests durchgeführt, und das sei anderswo nicht selbstverständlich, ebenso die Direkthilfen im sozialen Bereich. Man stehe in der schlimmsten Krise seit Jahrzehnten, umso wichtiger sei es, zusammenzustehen und den Menschen Perspektiven zu bieten.
LH Arno Kompatscher erinnerte daran, dass das Angebot zum regelmäßigen und auch zum punktuellen Austausch seit Frühjahr 2020 stehe. Er freue sich, dass nun der gemeinsame Wille dazu bestehe. Zumindest die Kernbotschaften sollte man gemeinsam an die Bevölkerung weitergeben. Die Situation ändere sich weltweit schnell, und das habe überall zur Verunsicherung geführt. In der westlichen Welt stehe man vor der zusätzlichen Herausforderung, wie man mit dem tief verankerten Individualismus umgehe. Auch Italien habe laufend seine Maßnahmen anpassen müssen, Deutschland, Schweiz und Österreich ebenso. Auch dort stoße die Ausstattung an ihre Grenzen, wenn die Personaldecke kurz sei. Die Alternative wäre der komplette Dauerlockdown gewesen. Der realistische Umgang mit dem Virus sei ein “Tanz mit dem Tiger”, wie es Drosten formuliert habe, man müsse immer wieder die Leine anziehen. Sicher habe man Fehler gemacht. Man hätte bei jeder Lockerung deutlicher kommunizieren müssen, dass die Gefahr noch nicht vorbei sei. Kompatscher appellierte an die Abgeordneten, nicht dieses Spiel jener mitzumachen, die Haarspalterei betrieben und ständig das Schlupfloch in den Verordnungen suchten. Es sei überzogen, wenn man die vielen Schwierigkeiten an der Kommunikation festmache. Es sei übrigens auch falsche Kommunikation, wenn man Südtirol als rot bezeichnet; es sei orange eingestuft. Die Öffnung im Frühjahr sei ein Erfolg gewesen, und der ganze Landtag sei dafür gewesen. Der Lockdown im November sei mit dem Ministerium abgesprochen gewesen, ebenso der Massentest. Die nachfolgende Öffnung habe noch nicht zum Schaden geführt, noch am 7. Jänner sei Südtirol von Rom als gelb eingestuft worden. Dann habe man weiter geöffnet – nach eingehender Diskussion in der Landesregierung und nach Abwägen des Für und Wider. Die Ansteckungen hätten jedenfalls nicht wegen dieses Sonderwegs zwischen den Feiertagen zugenommen, sondern in den Wochen danach. Er sei ständig in Austausch mit den anderen Regionen, auch, wie gestern, mit Ministern Italiens, Österreichs und Deutschlands zum Stau am Brenner. Wenn sich der Verdacht auf die von Widmann erwähnten Varianten bestätige, werde man in der Landesregierung über die nötigen Maßnahmen beraten. Es brauche Maßnahmen je nach Lage, man wolle aber unnötige Maßnahmen vermeiden. Der Landtag werde im März dann mit der Entscheidung über die Mittel für die Unterstützungsmaßnahmen befasst. Südtirol liege in der Impfstatistik vorne, aber in ganz Europa fehlten die Impfdosen. Südtirol werde versuche, sich am Einkauf anderer Regionen zu beteiligen, aber man dürfe sich da keine falschen Hoffnungen machen.
Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) stimmte zu, dass man die Bevölkerung bei den Maßnahmen mitnehmen müsse. Diese habe sich oft über den Sinn und die Ausgewogenheit mancher Maßnahmen Fragen gestellt. Der Dialog zwischen Mehrheit und Opposition sei wichtig, damit man den Bürgern die Maßnahmen verständlich machen könne. Man werde in dem Gremium, das vorliegender Antrag fordere, über die einzelnen Maßnahmen diskutieren müssen. Er sei zuversichtlich, dass der Dialog gelingen werde. Niemand könne sich darin profilieren, es gehe vielmehr darum, die Gründe für die einzelne Entscheidung klar herauszuarbeiten. Man werde sich angesichts der Varianten auch Gedanken machen müssen, mit welchen Impfstoffen man die Bürger impfen wolle.
Der Antrag wurde mit 34 Ja einstimmig angenommen. Damit war die Sitzung beendet.