Kommentar

Corona und die WHO – eine Zwischenbilanz

Dienstag, 19. Mai 2020 | 09:04 Uhr

Von: mk

Bozen – Ist die Kritik an der WHO falsch, nur weil sie von Donald Trump kommt? Der US-Präsident droht mit Abbruch der Zahlungen und einer Beendigung der Mitgliedschaft.

Trump wirft China Vertuschen und Versagen vor. Peking weist die Anschuldigung der USA zurück. Obwohl auch andere Länder eine unabhängige Untersuchung über den Ursprung der Pandemie verlangen, wurde dies von China bislang verweigert.

Trump gilt als impulsiv und will vielleicht vor innenpolitischen Schwächen ablenken. Doch WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus, der seit 2017 im Amt ist, musste weltweit Kritik einstecken, weil er China für den Umgang mit dem Coronavirus lobte, nachdem das Land den Ausbruch in Wuhan erst ignorierte, um dann rigorose Maßnahmen durchzusetzen. Als ein großer WHO-Fehler gilt auch der lang geltende Ratschlag an die Mitgliedsländer, den Reiseverkehr und den Warenaustausch mit China aufrechtzuerhalten. Das lag im wirtschaftlichen Interesse Chinas.

Im Streit um Taiwan folgt Tedros ebenfalls der Linie Pekings. Taiwan ist nach wie vor von einer WHO-Mitgliedschaft ausgeschlossen und hat keinen vollen Zugang zu den Corona-Daten der WHO, weil China die Republik als abtrünnigen Landesteil betrachtet.

Wichtigstes Kapital der WHO sind Glaubwürdigkeit und Autorität. Mit dem Schmusekurs gegenüber China – dem Ursprungsland der Pandemie – hat die WHO ihre Neutralität jedoch untergraben. Angesichts der Tatsache, dass das Coronavirus nahezu den gesamten Globus lähmt, ein fataler Fehler.

Genauso schwer wiegt der Vorwurf der Kopflosigkeit. Die WHO verfolgt keine klare übergeordnete Strategie im Kampf gegen die Pandemie, sie gibt keine Ziele und keine Richtlinien vor. Stattdessen lässt sie sich zum Spielball der Mächte USA und China machen. Dabei könnte die US-Unterstützung für die Vereinten Nationen immer schneller schwinden und China immer mächtiger werden.

Bezirk: Bozen