Kritik an Achammer-Vorstoß

“Das amerikanische Schulmodell passt nicht zu unserer Kultur”

Freitag, 05. Juli 2024 | 08:00 Uhr

Von: mk

Bozen – Bildungslandesrat Philipp Achammer hat heute Abend bei einer Videokonferenz mit Unterrichtsminister Giuseppe Valditara mehrere Themen besprochen. Neben allgemeinen bildungspolitischen Themen brachte Achammer das modulare Bildungssystem zur Sprache. Während Achammer von einem „Südtiroler Anliegen“ spricht, geht der Gewerkschaftsbund UIL auf Distanz. „Ein modulares Schulmodell wie in den USA gehört nicht zu unserer Kultur“, erklären die Vertreter vom Bereich Schule innerhalb der Gewerkschaft.

Wie der Landesrat betonte, soll dieses Schülerinnen und Schülern mehr Wahlfreiheit zugestehen. „Das Ziel, das wir mit dem modularen Lernen anstreben, ist eine Flexibilisierung der Curricula der einzelnen Schülerinnen und Schüler, die bei den derzeit vorherrschenden fixen Stundentafeln der verschiedenen Schultypen und Stundentafeln nicht gegeben ist. Mit der Unterscheidung von Pflichtfächern, Wahlpflichtbereichen und Wahlfächern im modularen System wird die Möglichkeit eröffnet, mehr auf die individuellen Fähigkeiten der einzelnen Schülerinnen und Schüler einzugehen und sich durch einen modularen Aufbau den individuellen Fortschritten anzupassen“, erklärt der Landesrat.

Der Flexibilisierungsgrad soll mit zunehmender Klassenstufe erhöht werden, bestimmte Fächer können zwar reduziert, aber nicht vollständig eliminiert werden. Entscheidungen müssen in Absprache mit einem Lernberater, einer Lernberaterin getroffen werden.

„Kein besseres System“

Die Gewerkschaft UIL bleibt hingegen kritisch, was das modulare Bildungssystem betrifft. „Es ist nicht das bessere System und es steht unserer Kultur fern. Um einen Studientitel zu erlangen, genügt es nicht, nur das zu lernen, was einem gefällt“, erklärt die Gewerkschaft in einer Aussendung.

Das modulare Bildungssystem sei nicht Teil der italienischen Kultur, so die Gewerkschaft. Wie Regionalsekretär Marco Pugliese erklärt, sei in unserer Tradition der Kontext, den eine Klasse bietet, Teil des pädagogischen Gerüsts. „Sich an soziale und kulturell eingespielte Gleichgewichte heranzuwagen, ist immer sehr heikel“, betont Pugliese.

Sicher könne man Experimente durchführen. Doch das amerikanische Schulsystem, bei dem man einzelne Kurse auswählt, stehe im krassen Widerspruch zu jedweder Schulrichtung in Italien und damit auch Südtirol. „Unser System war in den 70-er und 80-er Jahren eines der besten weltweit. Sogar in China hat man es kopiert. In den ersten Nuller-Jahren kam es zu einer Vervielfachung der Schulrichtungen, wodurch ordentlich Konfusion erzeugt wurde“, kritisiert Pugliese. Auch heute noch würden Jugendliche eine bestimmte Richtung einschlagen, weil sie überzeugt seien, damit eine bestimmte berufliche Perspektive zu haben, was dann aber nicht zutreffe.

Kritisch am amerikanischen Modell sieht Pugliese auch die pädagogische Vorstellung, nur das zu lernen, „was einem gefällt“. Vielmehr treffe das Gegenteil zu. „Man muss man auch lernen, mit dem Schwierigsten fertig zu werden, um einen Abschluss zu erreichen. Viele von uns hatten in ihrer Jugend den Eindruck, dass manche Fächer nichts bringen, bis man erkannt hat, dass das Gegenteil stimmt und die Fächer nützlich sind“, betont Pugliese.

Dass es wirklich dringend notwendig ist, das Bildungssystem in Südtirol umzukrempeln, ist für ihn mehr als fraglich. „Ehrlich gesagt, verstehe ich nicht, warum etwas, das bislang funktioniert hat, durch vorschnelle Entscheidungen auf den Kopf gestellt werden sollte“, so Pugliese.

Gleichzeitig warnt er davor, die Schule zu einem Ort der Autodidaktik verkommen zu lassen und sie den Schwankungen der jeweiligen politischen Führung auszusetzen.

Bezirk: Bozen

Kommentare

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9 Kommentare auf "“Das amerikanische Schulmodell passt nicht zu unserer Kultur”"


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Doiger
Doiger
Tratscher
1 h 46 Min
Wos bislong so guat funktioniert hot? De Damen und Herren sitzen so weit af ihren hohen Ross obm, dassnse die Realität nimma amol segn. Schule isch soweit von do Praxis entfernt, dass es höchste Zeit isch des System in Froge zu stellen. Do muisman a koan Wissenschaftler sein. Es genügt zu frogen wos Schüler aus do Schulzeit no wissen und wosnse später a effektiv gebraucht hobm. Sprachen und Grundkenntnisse ausgenommen. ….und Na, damit soll die Schule net zwingend leichter oder feiner gemocht werdn. Lernen und sich a unstrengen miasn soll Teil der “Erziehung” sein, lei mitn Unterschied, dass die Kinder… Weiterlesen »
Oracle
Oracle
Kinig
1 h 35 Min

@Doiger… eine etwas antiquate Ansicht der Gewerkschaften.. Jede Zeit hat seine gute Lösung. Nur weil es “früher” gut gegangen sein sollte, heisst das lange noch nicht, dass es auch in Zukunft die beste Wahl ist…

Oracle
Oracle
Kinig
1 h 39 Min

. .. tja, die Gewerkschaften blocken gleich mal vorbeugend ab, denn vielleicht könnten Privilegien verloren gehen… in welchem Beruf wird man voll bezahlt, hat 3 Monate Urlaub und arbeitet in der Woche keine 38 Stunden?

scrooge
scrooge
Grünschnabel
56 Min 18 Sek

… des isch an unterbezohlter Job, den niamand mehr mochn will… und so muas jeder ungstellt werden wos otmet, und s Niveau sinkt… ober sein jo lei enkre Kinder…..

Pharisaeer
Pharisaeer
Neuling
44 Min 37 Sek

@Oracle wenn dieser Job ja solche Privilegien hat, warum machst du ihn dann nicht?
Da du vormittags Zeit für solche Kommentare hast, muss dein Beruf ja besonders anspruchsvoll sein, gratuliere.
P. S. Neid ist das beste Zeichen der Anerkennung. *grins

Homelander
Homelander
Universalgelehrter
1 h 21 Min

Das ganze Schulmodell wäre meiner Meinung zu überarbeiten… Einige Fächer sind komplett für die Tonne… Besser wenn anderes gelernt würde, was dich im realen Leben weiter bringt…

N. G.
N. G.
Kinig
40 Min 38 Sek

Was nützt das Ganze wenn man sich dann wie in deinem Fall kein Allgemeinwissen aneignet. Das lernt man nicht in der Schule.

Schlernhex01
Schlernhex01
Grünschnabel
1 h 7 Min

Sich ausgerechnet an den Amis orientieren was Schulbildung anbelangt, ist ein schlechter Witz. In einem Land wo der Präsident Belgien als “Nice City” bezeichnet, dürfte die Schulbildung nicht ganz groß geschrieben werden, aber vielleicht hatte er Geographie nie als Wahlfach.
Andererseits wäre es wirklich an der Zeit, das Schulsystem zu überarbeiten. Zum Beispiel werden die alten Ägypter und Griechen sehr oft durchgenommen, aber ab dem 1.ten Weltkrieg bis heute fast gar nichts. Das Pferd wird hier oft vom Schwanz aus aufgezäumt.

PhilGrill
PhilGrill
Tratscher
1 h 1 Min

Ich finde die Idee gut. Meistens gefällt einem das wo man gut darin ist. Das sollte auch gefördert werden. Leider bin ich kein Schüler mehr 😁. Wenn mir z.B. Mathematik gefällt sollte ich die Gelegenheit haben mich zu entscheiden auch ein paar mehr Stunden Mathematik pro Woche zu absolvieren. Wahrscheinlich würde ich mich dann für die Uni entscheiden Ingenieurswissenschaften zu studieren und da kommt mir das bei der Aufnahmeprüfung sicher zugute. Voraussetzung ist aber, dass die Schüler erwachsen genug sind um diese Entscheidung zu treffen… also erst ab den letzten Jahren der Oberschule.

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