Von: mk
Bozen – Bildungslandesrat Philipp Achammer hat erst kürzlich bei einer Videokonferenz mit Unterrichtsminister Giuseppe Valditara mehrere Themen besprochen. Neben allgemeinen bildungspolitischen Themen brachte Achammer das modulare Bildungssystem zur Sprache. Während Achammer von einem „Südtiroler Anliegen“ spricht, geht der Gewerkschaftsbund UIL auf Distanz. „Ein modulares Schulmodell wie in den USA gehört nicht zu unserer Kultur“, erklären die Vertreter vom Bereich Schule innerhalb der Gewerkschaft.
Wie der Landesrat betonte, soll dieses Schülerinnen und Schülern mehr Wahlfreiheit zugestehen. „Das Ziel, das wir mit dem modularen Lernen anstreben, ist eine Flexibilisierung der Curricula der einzelnen Schülerinnen und Schüler, die bei den derzeit vorherrschenden fixen Stundentafeln der verschiedenen Schultypen und Stundentafeln nicht gegeben ist. Mit der Unterscheidung von Pflichtfächern, Wahlpflichtbereichen und Wahlfächern im modularen System wird die Möglichkeit eröffnet, mehr auf die individuellen Fähigkeiten der einzelnen Schülerinnen und Schüler einzugehen und sich durch einen modularen Aufbau den individuellen Fortschritten anzupassen“, erklärt der Landesrat.
Der Flexibilisierungsgrad soll mit zunehmender Klassenstufe erhöht werden, bestimmte Fächer können zwar reduziert, aber nicht vollständig eliminiert werden. Entscheidungen müssen in Absprache mit einem Lernberater, einer Lernberaterin getroffen werden.
„Kein besseres System“
Die Gewerkschaft UIL bleibt hingegen kritisch, was das modulare Bildungssystem betrifft. „Es ist nicht das bessere System und es steht unserer Kultur fern. Um einen Studientitel zu erlangen, genügt es nicht, nur das zu lernen, was einem gefällt“, erklärt die Gewerkschaft in einer Aussendung.
Das modulare Bildungssystem sei nicht Teil der italienischen Kultur, so die Gewerkschaft. Wie Regionalsekretär Marco Pugliese erklärt, sei in unserer Tradition der Kontext, den eine Klasse bietet, Teil des pädagogischen Gerüsts. „Sich an soziale und kulturell eingespielte Gleichgewichte heranzuwagen, ist immer sehr heikel“, betont Pugliese.
Sicher könne man Experimente durchführen. Doch das amerikanische Schulsystem, bei dem man einzelne Kurse auswählt, stehe im krassen Widerspruch zu jedweder Schulrichtung in Italien und damit auch Südtirol. „Unser System war in den 70-er und 80-er Jahren eines der besten weltweit. Sogar in China hat man es kopiert. In den ersten Nuller-Jahren kam es zu einer Vervielfachung der Schulrichtungen, wodurch ordentlich Konfusion erzeugt wurde“, kritisiert Pugliese. Auch heute noch würden Jugendliche eine bestimmte Richtung einschlagen, weil sie überzeugt seien, damit eine bestimmte berufliche Perspektive zu haben, was dann aber nicht zutreffe.
Kritisch am amerikanischen Modell sieht Pugliese auch die pädagogische Vorstellung, nur das zu lernen, „was einem gefällt“. Vielmehr treffe das Gegenteil zu. „Man muss auch lernen, mit dem Schwierigsten fertig zu werden, um einen Abschluss zu erreichen. Viele von uns hatten in ihrer Jugend den Eindruck, dass manche Fächer nichts bringen, bis man erkannt hat, dass das Gegenteil stimmt und die Fächer nützlich sind“, betont Pugliese.
Dass es wirklich dringend notwendig ist, das Bildungssystem in Südtirol umzukrempeln, ist für ihn mehr als fraglich. „Ehrlich gesagt, verstehe ich nicht, warum etwas, das bislang funktioniert hat, durch vorschnelle Entscheidungen auf den Kopf gestellt werden sollte“, so Pugliese.
Gleichzeitig warnt er davor, die Schule zu einem Ort der Autodidaktik verkommen zu lassen und sie den Schwankungen der jeweiligen politischen Führung auszusetzen.