Von: mk
Bozen – Nach 16 Jahren verbschiedet sich die mächtigste Frau Europas im Alter von 67 aus der Politik. Ziehen sich die Koalitionsverhandlungen in Deutschland nach der Wahl hin, könnte die Regierungszeit von Angela Merkel sogar noch länger als jene von Adenauer oder Kohl dauern.
“Kann auch ein Mann Bundeskanzlerin werden?”, haben deutsche Kinder gefragt. Damit hat Merkel wohl mehr zur Gleichberechtigung der Geschlechter beigetragen, als es das Gendern in der deutschen Sprache je könnte. Staatsmännischer als Trump und Berlusconi war sie auf alle Fälle.
Die Raute, die sie mit den Händen bildete, ist eines ihrer Markenzeichen – genauso wie ihre Fähigkeit, Politisches von Privatem zu trennen, und ihre Bodenständigkeit. Dazu passte ihr jährlicher Sommerurlaub in Sulden.
Ihre Wertehaltung war konservativ und wirtschaftsorientiert, in der Flüchtlingskrise im Jahr 2015/2016 überraschte sie dann mit ihrer Aussage „Wir schaffen das“ und polarisierte das Land. Erst mit dem Deal mit der Türkei im Jahr 2016 und dem Rückgang der Flüchtlingszahlen erholte sich ihre Popularität.
Im Rahmen der Euro-Schuldenkrise pochte sie auf einen strengen Sparkurs und wurde deshalb vor allem im Süden Europas angefeindet.
Internationale Anerkennung gewann sie als europäische Krisenmanagerin und Krisen bot die Welt reichlich in ihrer Amtszeit. Dass Merkel gelernte Physikerin und nicht nur Berufspolitikerin ist, wurde in der Corona-Pandemie deutlich: Die Bundeskanzlerin rechnete im April 2020 anschaulich vor, was eine Zunahme der Reproduktionszahl um 0,1 bereits anrichten kann.