Von: mk
Bozen – Die Geschichte der Autonomie, die Entwicklung des Landes, die politische Vielfalt, das Verhältnis zum Staat, die Bürgerbeteiligung und die aktuellen Probleme – das waren die Themen, über die sich heute eine achtköpfige Delegation aus der autonomen Region Gagausien (Moldawien) mit Präsident Roberto Bizzo, Präsidialsekretärin Maria Hochgruber Kuenzer und den Fraktionsvertretern Oswald Schiefer, Alessandro Urzì und Bernhard Zimmerhofer unterhielt. Ziel der Studienreise, an der von Nichtregierungsorganisationen ausgewählte Wissenschaftler teilnehmen, ist es, mehr über die Instrumente und die Umsetzung der Autonomie zu lernen und eine Expertise für die Ausweitung der Autonomie zu erstellen, die den Institutionen Moldawiens und Gagausiens vorgelegt werden soll. Die Gruppe wurde von Paulina Borowska, Koordinatorin des Eurac-Instituts für vergleichende Föderalismusforschung begleitet.
„Für uns ist Südtirol das Mekka der europäischen Autonomien“, begründete Mihail Sircheli, Journalist und Leiter der Organisation „Piligrim Demo“, die sich für mehr Demokratie und Bürgerbeteiligung einsetzt, die Auswahl des Reiseziels. Mit dieser Definition waren die Südtiroler Vertreter nur teilweise einverstanden. Für Maria Hochgruber Kuenzer und Oswald Schiefer ist Autonomie ein ständiges Ringen, und deswegen braucht die Minderheit eine starke Vertretung in Bozen wie in Rom. Bernhard Zimmerhofer hingegen sah durch die Autonomie die Minderheit nicht ausreichend geschützt und plädierte für das Modell Schweiz mit Föderalismus und Basisdemokratie, welche auch Grundlage für eine Autonomiereform sein sollten. Alessandro Urzì betonten gegenüber den sezessionistischen Tendenzen den Wert der nationalen Einheit, besonders für die weniger geschützte italienische Sprachgruppe. Roberto Bizzo verwies auf die Wurzeln des Föderalismus in Italien, die von Don Sturzo und der DC ausgingen; diese hätten sich bei der Verfassung zwar nicht durchgesetzt, aber dennoch die Sonderautonomien ermöglicht.
Gagausiens Autonomie ist durchaus weitreichend, seine Regierungschefin ist gleichzeitig Mitglied der moldawischen Zentralregierung, aber mangels lokaler Parteien scheint wenigstens auf politischer Ebene keine Tendenz zum Ausbau der Autonomie zu geben. Das moldawische und das gagausische Parlament haben zwar zusammen eine Arbeitsgruppe zum Thema eingerichtet, „aber auch hier herrscht eine zentralistische Optik vor, und nichts geht weiter“, bedauert Sircheli, „deswegen haben wir unsere Expertengruppe gegründet.“ Die Schulsprache ist Russisch, denn die gagausische Sprache ist „unvollständig und für den Unterricht nicht geeignet“, wie Minderheitenexpertin Elena Cuijuclu erklärt.