Von: mk
Bozen – Der Landtag hat sich heute mit einem parteiübergreifenden Begehrensantrag zur Impfpflicht des Gesundheitspersonals befasst.
Begehrensantrag Nr. 23/21: Aufhebung der Impfpflicht für das Personal im Gesundheits- und Pflegebereich (eingebracht von den Abg. Leiter Reber, Mair, Rieder, Köllensperger, Ploner A., Ploner F., Faistnauer, Knoll, Atz Tammerle, Unterholzner, Foppa, Dello Sbarba und Staffler am 06.05.2021). Der Landtag möge Regierung Parlament auffordern, 1. die Verpflichtung zur Anti-SARS-CoV-2-Impfung für Mitarbeiter im Gesundheitswesen und in sozio-sanitären Berufen zu überdenken und die darin vorgesehenen Suspendierungen zurückzunehmen, welche in Artikel 4 des Gesetzesdekrets Nr. 44 vom 01. April 2021 verabschiedet und durch das Staatsgesetz 76/21 vom 28 Mai 2021 bestätigt wurde. 2. den Grundsatz der Freiwilligkeit hinsichtlich der derzeit zur Verfügung stehenden COVID-19- Impfungen zu respektieren und nicht indirekt auszuhebeln; 3. an Stelle einer direkten oder indirekten Impfpflicht auf umfassende Aufklärung, Information und positive Kampagnen zu setzen.
Die Debatte dazu hatte bereits am Vormittag begonnen. Myriam Atz Tammerle (Süd-Tiroler Freiheit) betonte, dass es hier nicht ums Impfen, sondern um den Impfzwang gehe, durch denen manche ihre Arbeit verlieren könnten. Einige Pflegerinnen hätten ihr berichtet, sie müssten Patienten behandeln, die nach der Impfung erkrankt seien. Die Impfung sei eine persönliche Entscheidung. Das Recht auf Arbeit müsse gewährleistet sein. Es sei keine Anti-Covid-Impfung, wie es das Gesetz formuliere, sondern eine Abschwächung des Risikos. Dieses Gesetz sei daher zu hinterfragen. In England und Israel würden die Infektionen wieder zunehmen, in letzter Zeit sei es zu mehr Fehlgeburten gekommen.
Mit dem Antrag wolle man keine Impfung verhindern, sondern dem Personal die Freiheit zurückzugeben, betonte Franz Ploner (Team K). Man müsse bedenken, welche Konsequenzen das Ausscheiden dieses Personals für die Pflege hätte. Dieses Personal sei seit über einem Jahr im Ausnahmezustand und brauche Zeit zum Überlegen. Man wisse nun, dass die Impfung vor schwerer Erkrankung schütze, aber nicht vor Ansteckung und Übertragung. Allen Mitarbeitern sei bewusst, dass die Impfung helfe, die Pandemie zu überwinden. Wenn man bei der Gesamtbevölkerung eine hohe Durchimpfungsrate erreiche, würden die wenigen Verweigerer keine Rolle spielen. Man sollte den Weg der Überzeugung beschreiten, nicht des Zwangs.
LR Waltraud Deeg unterstrich ihre Wertschätzung für das Pflegepersonal, das schwere Zeiten zu meistern hatte. Sie bedauerte, dass die Stimmung zum Impfzwang gekippt sei. Es habe aber keinen Sinn, jetzt noch ein Begehren nachzureichen. Man müsse jetzt eine klare Information bieten und dürfe die vorhandenen Ängste nicht noch zusätzlich befeuern. Die Information sei Aufgabe der Fachleute, Politiker sollten nicht für noch mehr Verwirrung sorgen. Die Impfungen seien die wirksamste Waffe, um Infektionen schnell einzudämmen. Wo die Risikogruppen geimpft seien, seien auch die Todeszahlen und die Belegung der Intensivbetten stark zurückgegangen. Auch in dieser Debatte gehe es um Risikogruppen. Diese dürften nicht Angst haben, ins Krankenhaus zu gehen. Es gebe auch ein Grundrecht der Patienten, geschützt zu werden.
LR Thomas Widmann betonte ebenfalls, dass alle, die mit vulnerablen Personen zu tun hätten, sich impfen lassen sollten. Er sei nicht für den Zwang, man dürfe aber auch nicht falsche Hoffnung nähren. 4.000 Mitarbeiter, die noch nicht geimpft seien, seien angeschrieben und um Erklärung gebeten worden. Fast alle hätten geantwortet, die Antworten würden noch ausgewertet. Laut nationalen Umfragen sei die große Mehrheit der Italiener für die Impfpflicht für das Gesundheitspersonal.
Andreas Leiter Reber (Freiheitliche) kritisierte, dass man das Staatsgesetz als gottgegeben annehme, auch vonseiten von Landesräten, die eigentlich gegen den Impfzwang seien. Italien habe als einziges Land in Europa eine Impfpflicht eingeführt. Der Landtag sollte wenigstens ein Zeichen setzen, die SVP-Parlamentarier in Rom hätten darauf verzichtet. Der Antrag wurde mit 13 Ja und 17 Nein abgelehnt.
Landesgesetzentwurf Nr. 6/19: Klimaschutz, Einschränkung des Flugverkehrs und Übertragung des Flughafens Bozen an das Land (vorgelegt von den Abg. Dello Sbarba, Foppa und Staffler). Der Gesetzentwurf will den Flugverkehr stark einschränken, sämtliche öffentliche Finanzierungen des Luftverkehrs streichen, die Übertragung des Flughafens samt Zubehör ans Land festlegen. Er sieht ein Einvernehmen mit Anrainergemeinden und -bezirken zu den Zielsetzungen des Flughafens vor, legt die Zuständigkeiten des Landes bei der Vergabe des Flughafenbetriebs fest und sieht ein Einvernehmenskomitee zwischen Land, Betreiber, Bezirk und Gemeinden vor.
Jasmin Ladurner, Vorsitzende des IV. Gesetzgebungsausschusses, berichtete von den Arbeiten des Ausschusses, der zum Gesetzentwurf ein negatives Gutachten (drei Ja, vier Nein) abgegeben habe.
Riccardo Dello Sbarba (Grüne) betonte, dass für seine Fraktion der Flughafen immer eine Frage des Umweltschutzes gewesen sei. Flüge seien Klimakiller, vor allem Kurzflüge, da es bei Abflug und Landung den meisten Ausstoß gebe. Die derzeitigen Flüge aus Bozen würden meist Parma als Zwischenstation anpeilen. Das Nein zum Flughafen beim Referendum gründe nicht nur auf Umweltsorgen, sondern auch auf den Aspekt der öffentlichen Ausgaben. Das Referendum habe nicht nur die Finanzierung betroffen, sondern auch den Flughafenentwicklungsplan. Die privaten Betreiber hätten ein legitimes Interesse am Gewinn, aber sie müssten sich innerhalb der Gesetze bewegen, und hier gehe es um ein neues Gesetz. Dieses Land regle jeden Flecken Grund per Gesetz, nur nicht den Flughafen. Man solle sich nicht auf die staatlichen Zuständigkeiten hinausreden, auch bei den Stromkonzessionen konnte eine Landesregelung erreicht werden, ebenso für den öffentlichen Nahverkehr. Das Landesgesetz, das mit dem Referendum abgelehnt wurde, habe eine Flughafenkategorie von maximal 2C zugelassen, während man mit der Pistenverlängerung von 200 Metern auf 3C gehen könnte. Auch die Unterlandler Gemeinden forderten eine gesetzliche Regelung des Flughafens, die Abschaffung des Masterplans und die Eingliederung des Areals in die Landesdomäne. Dies sehe auch vorliegender Gesetzentwurf vor. Damit würde der Flughafen unter die Zuständigkeit des Landes fallen, wie es das DPR 201/2015 ermögliche. Wer wolle, könne ein noch besseres Gesetz vorlegen. Das Land könne es sich aber nicht leisten, kein Gesetz dazu zu haben.
Giuliano Vettorato (Lega Salvini Alto Adige Südtirol) zeigte sich als Bewohner des Unterlandes besorgt über den Entwicklungsplan des Flughafens, wobei er den privaten Unternehmen Respekt für ihre Investitionen zolle. Eine gesetzliche Regelung für den Flughafen wäre eine Garantie für die Bevölkerung wie auch für die privaten Investoren.
Die kürzlich erfolgte Landung einer Boeing in Bozen habe viele im wahren Sinne des Wortes aufhorchen lassen, bemerkte Brigitte Foppa (Grüne). Auch wenn man im Flughafen eine Tourismusförderung sehe, müsse man einsehen, dass nur wenige Gäste mit dem Flugzeug kommen würden. Im Unterland sei man schon lange gegen den Flughafen, in einigen Gemeinden habe das Nein bei über 90 Prozent gelegen. Die Menschen hätten nicht nur die öffentliche Finanzierung abgelehnt, sondern das ganze Flughafenkonzept. Und jetzt werde der Flughafen durch Private ausgebaut. Das sei nicht im Sinne des Referendums, das werde LH Kompatscher im Unterland sicher übelgenommen. Man dürfe auch nicht immer nur von Biodiversität reden, man müsse auch etwas dafür tun.
Carlo Vettori (Forza Italia Alto Adige Südtirol) erinnerte daran, dass sich 70 Prozent der Bevölkerung damals gegen das Flughafengesetz ausgesprochen hätten. Es sei damals klar gesagt worden, dass der Flughafen an Private gehe, wenn das Land aussteigen müsse, und nun müsse man die Scherben einsammeln. Die Pandemie habe die Wirtschaft bereits enorm geschädigt, und nun schlage man ein Gesetz vor, das den Landeshaushalt weiter belasten würden, während ein funktionierender Flughafen Tourismus und Geld für die Landeskasse bringen würde.
Die damalige Referendumskampagne sei nicht ehrlich gewesen, meinte Alessandro Urzì (Fratelli d’Italia), und die Grünen sollten dies nicht wiederholen. Man habe damals nicht über den Flughafen an sich abgestimmt, sondern über seine Finanzierung durch das Land. Der vorliegende Gesetzentwurf hätte eine neutrale Regelung sein können, stattdessen lege er Ziele fest wie die Einschränkung des Flugverkehrs, auch des militärischen. Dieser Gesetzentwurf sei ein einfaches Nein zum Flughafen und gehe damit weit über das Ergebnis des Referendums hinaus. Er sei ein ideologisches Manöver, geschrieben, um abgelehnt zu werden und um selbst als einzige Vertreter der Bevölkerung dazustehen.
Sandro Repetto (Demokratische Partei – Bürgerlisten) erinnerte daran, dass der PD beim Referendum das Ja empfohlen habe, da er den Übergang an Private als riskant erachtet habe. Tourismus und Mobilität seien tragende Säulen unserer Wirtschaft. Das Referendum sei falsch aufgestellt gewesen, man habe nicht gewusst, worauf es hinauslaufen würden. Nun habe man den Salat. Der Flughafen sei nun in privater Hand, die Landebahn werde verlängert, und der Bürgermeister von Leifers mache mit seinen Aussagen eine schlechte Figur. Einige Aspekte des Gesetzentwurfs sehe er positiv, etwa das Einvernehmenskomitee, nicht aber die Eingliederung in die Landesdomäne. Die Grünen sähen zu recht eine Gesetzeslücke, aber ihr Entwurf gehe nicht in die richtige Richtung. Er werde sich der Stimme enthalten.
Nach dem Referendum habe man 2018 den Flughafen Privaten übergeben und den Ausbau erlaubt, stellte Paul Köllensperger (Team K) fest, während die Bevölkerung beim Referendum auch gegen den Ausbau gestimmt habe. Das Land habe überdies den Flughafen als von öffentlichem Interesse eingestuft und ermögliche damit auch Beiträge an die Privaten. Vielleicht müsse das Land auch 900.000 Euro für Feuerschutz zahlen. Die privaten Betreiber wurden zudem verpflichtet, den Masterplan umzusetzen, der beim Referendum abgelehnt worden sei. Damit habe man die Bevölkerung an der Nase herumgeführt. Seine Fraktion befürworte den Gesetzentwurf, habe aber auch einige Zweifel, etwa zu den Art. 4-6, die den Weg für Rechtsstreitigkeiten eröffnen würden.
Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) fragte, wozu Südtirol überhaupt einen Flughafen brauche. Es gebe in der Nähe Flughäfen, von denen aus man die ganze Welt erreichen könne. Die Touristen fänden auch ohne Flughafen her, und es sei die Frage, ob man noch mehr Touristen brauche. Die Pandemie habe gezeigt, dass nicht jedes Meeting in Präsenz stattfinden müsse. Man sollte zum Referendum keine Ausreden bemühen, die Bevölkerung habe klar und deutlich nein zum Flughafen gesagt. Daher werde man den Gesetzentwurf auch mit Überzeugung mittragen. Klimaschutz müsse daheim anfangen, deswegen müsse auch Südtirol dazu beitragen. Südtirol sei wegen der weitgehend unberührten Natur beliebt, das sollte man nicht durch einen Flughafen aufs Spiel setzen.
LR Daniel Alfreider wies darauf hin, dass einige Artikel im Gesetzentwurf durch Entscheidungen der letzten Jahre überholt seien. Einiges sei auch rechtlich nicht haltbar. Das Land habe seinerzeit in der Flughafengesellschaft bleiben wollen, um bei den Spielregeln mitreden zu können. Die Bevölkerung sei dazu befragt worden und habe entschieden. Nirgends sei gestanden, dass der Flughafen bei einem Nein geschlossen würde, und der Masterplan sei bereits vom Enac genehmigt gewesen. Das Land habe keine Zuständigkeit für den Flugverkehr, in diesem Punkt sei der Gesetzentwurf rechtlich nicht haltbar. Auch der Rat der Gemeinden habe sich gegen den Entwurf ausgesprochen.
Riccardo Dello Sbarba (Grüne) erwiderte, dass sich der Rat der Gemeinden im letzten Satz seines Gutachtens für einen Übergang des Flughafens an das Land und für eine Regelung durch das Land ausspreche. Auch das per Referendum abgelehnte Gesetz habe solche Regelungen enthalten, was darauf hinweise, dass sie rechtlich haltbar seien. Das Referendum sei übrigens von der SVP eingeleitet worden. Manche hätten aus Umweltgründen mit Nein gestimmt, manche wegen der öffentlichen Finanzierung. Die Landesregierung lege das Ergebnis aber als Auftrag zur Privatisierung aus. Wenn LR Alfreider sage, für dieses Gesetz bräuchte es zuerst eine Durchführungsbestimmung zum Statut, dann solle er das anstreben; wenn es um Wölfe ginge, hätte es die Landesregierung längst angestrebt. Wer am Gesetzentwurf einige Punkte beanstande, solle Änderungsanträge einbringen oder einen besseren Entwurf vorlegen. Die Regeln für den Flughafen sollten per Gesetz festgelegt werden, nicht durch Abkommen mit den privaten Betreibern. Dello Sbarba schlug vor, den Übergang zur Artikeldebatte zu genehmigen und dann zu vertagen; damit würde ein Monat Zeit für Verbesserungen bleiben.
Alessandro Urzì ging auf diesen Vorschlag ein und schlug eine Fraktionssprechersitzung vor, um Klarheit über die Positionen zu schaffen. Riccardo Dello Sbarba teilte anschließend mit, dass die Mehrheit auf das Angebot eingegangen sei. Der Übergang zur Artikeldebatte – und damit der Gesetzentwurf – wurde mit 14 Ja, 18 Nein und zwei Enthaltungen abgelehnt.