Plenarsitzung

Der Landtag befasst sich mit seinem Personal

Freitag, 02. Dezember 2016 | 13:20 Uhr

Von: mk

Bozen – Im Landtag wurde heute der Landesgesetzentwurf Nr. 109/16: „Bestimmungen über das Personal der Fraktionen des Südtiroler Landtages“ (vorgelegt von Landtagspräsident Bizzo) behandelt. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass das Personal der Fraktionen auf deren Vorschlag vom Landtag direkt angestellt wird, allerdings mit Kollektivvertrag für den Privatsektor. Eine besondere Regelung wird dabei für die Einhaltung der Bestimmungen zur Zweisprachigkeit vorgesehen. In erster Anwendung des Gesetzes haben die Mitarbeiter 24 Monate Zeit, um einen Zweisprachigkeitsnachweis zu erlangen, wobei dieser noch nicht der jeweiligen Funktionsebene entsprechen muss. Danach wird eine weitere Frist von 30 Monaten eingeräumt, innerhalb der ein Zweisprachigkeitsnachweis vorgelegt werden muss, der Funktionsebene und Studientitel entspricht – ansonsten erfolgt eine Rückstufung in der Besoldung.

Präsident Roberto Bizzo erklärte, dass die geplante Verfassungsreform einen Geldtransfer zugunsten der Fraktionen verbiete. Die Regierung habe sich aber verpflichtet, eine Regelung für die Übernahme des Personals vorzulegen. Der vorliegende Gesetzentwurf sehe genau dies vor, wobei das Fraktionspersonal vom Landtag übernommen werden, aber nicht zum Stellenplan des Landtags zählen soll. Die Anzahl pro Fraktion werde von der Geschäftsordnung geregelt, das Arbeitsverhältnis sei zeitbeschränkt und auf Vertrauensbasis. Bizzo betonte auch, dass durch das Gesetz dem Landtag keine Mehrkosten entstehen. Der Entwurf wurde im I. Gesetzgebungsausschuss mit 5 Ja und 4 Enthaltungen gutgeheißen, wobei letztere vor allem mit einem Klärungsbedarf bei den Zweisprachigkeitsbestimmungen begründet wurden, wie Ausschussvorsitzende Magdalena Amhof berichtete.

Andreas Pöder (BürgerUnion) bedankte sich bei Präsidium und Generalsekretär für die Erstellung dieses Entwurfs. Dieser sei ein vernünftiger Kompromiss, um die Arbeitsfähigkeit der Fraktionen zu erhalten, ohne zusätzliches Personal einzustellen. Nicht zustimmen werde er der Ausnahmeregelung zu den Zweisprachigkeitsbestimmungen, gerade der Landtag sollte diese einhalten. Die Übergangsregelung sei akzeptabel, da das heutige Personal ja unter anderen Bedingungen eingestellt wurde. Er werde für den Entwurf stimmen, unter der Bedingung, dass der Personalstand bleibe, wie zu Beginn der Legislatur ausgemacht.

Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit)  bezeichnete das Gesetz als Anlassgesetz, durch die Verfassungsreform bedingt. Bisher hätten die Fraktionen Geld vom Landtag bekommen, um Mitarbeiter einstellen zu können, die man übrigens nicht abschätzig als “Portaborse” bezeichnen sollte. Ein STF-Mitarbeiter beherrsche z.B. Luxemburgisch, und so habe man Kommissionspräsident Juncker einen Brief zur Studentenquote in Österreich in seiner Muttersprache schreiben können – mit externem Übersetzungsdienst wäre das teuer geworden. Knoll kritisierte die Uneinheitliche Position des Rechnungshofs bei der Prüfung der Fraktionsspesen, für die die Fraktionssprecher persönlich haften müssten. Mit vorliegendem Landesgesetz versuche man nun, die Mitarbeiter der Fraktionen zu behalten, aber es bleibe ein fahler Beigeschmack. Man werde dem Entwurf zustimmen, obwohl es darin auch einige kritische Punkte gebe, etwa jene zur Zweisprachigkeit. Noch anzugehen sei die Frage der Zuwendungen an die Fraktionen, die durch die Verfassungsreform ebenfalls fallen würden. Die Fraktionen hätten gewissen Ausgaben, etwa für Rechtsberatung, die Landesregierung habe dafür ihren Beamtenstab.

Auch Pius Leitner (Freiheitliche) betonte die Bedeutung der Mitarbeiter für die Fraktionen. Anscheinend wolle man dieses Gesetz unabhängig von der Verfassungsreform anwenden. Die Zweisprachigkeitsbestimmungen sollten, abgesehen von einer Übergangsregelung, eingehalten werden. Laut Verteilungsschlüssel wäre mehr Personal möglich, aber es fehle der Platz dafür. Auch Leitner kritisierte die Vorgangsweise des Rechnungshofs, der vorab nicht sage, was erlaubt sei und was nicht. Die finanzielle Austrocknung der Fraktionen sei ein Schaden für die Demokratie. Gestern sei gesagt worden, man dürfe sich nicht mit anderen vergleichen, aber es gehe nicht anders, man müsse auch sehen, was in anderen Landtagen Praxis sei. Ohne finanzielle Ausstattung funktioniere Demokratie nicht, dann wären vor allem kleine, regionale Parteien ausgeschlossen. Trient gebe weit mehr für die Information über die Tätigkeit des Landtags aus, vielleicht zu viel, Südtirol habe das einzige Informationsblatt abgeschafft. Leitner kündigte schließlich seine Zustimmung zum Gesetz an.

Der Stellenwert der Politik sei in den letzten Jahren dramatisch gesunken, stellte Dieter Steger (SVP), auch weil vieles nicht korrekt abgelaufen sei, vor allem in anderen Regionen, und dafür zahle man heute die Rechnung. Die Geldkürzung für die Parteien sei gefährlich für die Demokratie, für die Unabhängigkeit der Mandatare. Wenn die Parteien ihre Arbeit nicht machen könnten, könne auch das Parlament nicht gut arbeiten. Nicht jeder Abgeordnete sei Jurist, und daher brauche er Unterstützung, um einen Gesetzestext formulieren zu können. Aber die vorgesehenen Summen würden für Topexperten nicht reichen. In funktionierenden Demokratien würden die Parteien öffentlich finanziert, dafür fehle bei uns aber das Verständnis in der Bevölkerung. Der Entwurf sei gut gemacht, er schreibe nicht vor, sondern gebe Möglichkeiten. Die Übernahme der Fraktionsmitarbeiter durch den Landtag werde auch in anderen Regionen so gehandhabt. Sie habe auch den Vorteil der Kontinuität, denn Fraktionen würden gebildet und aufgelöst, gute Mitarbeiter würden ihren Platz aber behalten können.

Es sei ein technischer und kaum politischer Entwurf, bemerkte Alessandro Urzì (L’Alto Adige nel cuore). Er kritisierte das Bestreben, die Finanzierung der Arbeit der Fraktionen auszudünnen, damit werde die Demokratie beschnitten, und vor allem die Opposition würde das treffen.

Myriam Atz Tammerle (Süd-Tiroler Freiheit) kündigte ihre Zustimmung an, da dieses Gesetz wichtig sei, für die Mitarbeiter wie für die Arbeit der Fraktionen. 30 Monate Schonfrist für den Zweisprachigkeitsnachweis seien zu viel. Die Übergangsregelung sei in Ordnung, aber danach sollten 6 Monate reichen.

Riccardo Dello Sbarba (Grüne) wies auf den Vertrauensverlust der Eliten und insbesondere der Politik hin. Mit einer Kürzung der Ausgaben für die Demokratie würde die politische Elite sich selbst absichern, indem die Entscheidungskette verkürzt wird. Die Fraktionsmitarbeiter seien für die Arbeit der Abgeordneten unerlässlich, jene der Grünen hätten studiert und seien im Besitz des Zweisprachigkeitsnachweises, würden Recherchen durchführen, Pressemitteilungen und Gesetzentwürfe schreiben und ein Netz von Kontakten aufrecht erhalten. Über eine Parteienfinanzierung sollte man gemeinsam nachdenken, auch mit Einbeziehung der Bürgerinnen und Bürger. Diese Finanzierung, oder auch Bereitstellung von Arbeitsmitteln, sollte zweckgebunden sein, sie sollte auch auf Bürgerinitiativen ausgedehnt werden. Bei den Ausnahmen von der Zweisprachigkeitspflicht sehe er die Gefahr einer Anfechtung. Um dies zu bereinigen, seien Änderungsanträge vorgelegt worden.

Helmuth Renzler (SVP) hatte mit dem Gesetzentwurf Bauchweh. Jemandem mit Zweisprachigkeitsnachweis D eine A-Stelle geben sei gefährlich, denn bei nicht bestandener Prüfung sei eine Rückstufung beim Gehalt nicht mehr möglich. Man sollte die Durchführungsbestimmung zur Zweisprachigkeit nochmals überdenken, denn mit der derzeitigen Regelung gingen viele Stellen für Südtiroler im Staatsdienst verloren. Ebenso habe sich der flexible Proporz eingebürgert, der ausschließlich zu Lasten der deutschen Sprachgruppe gehe – und das sei möglich gewesen, weil man bei den Zweisprachigkeitsbestimmungen kulant geworden sei. Die 30-Monate-Frist im Entwurf sei vernünftig, damit habe man auch Zeit, eine Sprache zu erlernen. Auch die Übergangsfrist sei nachvollziehbar, aber höchstens noch für die nächste Legislatur.

Präsident Roberto Bizzo unterstrich, dass die Staatsregierung erklärt habe, dass die Übernahme von Personal und die Bereitstellung von Arbeitsmittel für die Fraktionen nicht im Widerspruch zum Finanzierungsverbot stehen.

Der Übergang zur Artikeldebatte wurde einstimmig genehmigt.

Art. 1 mit der Zielsetzung und Art. 2 zur Zuweisung von Personal wurden ohne Debatte genehmigt.

Art. 3 legt die Voraussetzungen für die Aufnahme des Personals fest.
Riccardo Dello Sbarba beantragte, dass die Einstufung in die Funktionsebene ohne Ausnahme den Voraussetzungen entsprechen sollte, das Dienstalter mit Gehaltsvorrückungen sollte aber anerkannt werden. Pius Leitner wollte die 30-Monate-Frist auf diese und die nächste Legislaturperiode beschränken. Myriam Atz Tammerle beantragte die Reduzierung der Frist auf sechs Monate, dies müsste für die Prüfung reichen; 30 Monate ein bestimmtes Gehalt zu beziehen, ohne die Voraussetzungen zu erfüllen, sei zu viel. Paul Köllensperger plädierte für eine einmalige Übergangsfrist.

Auf Antrag Stegers wurde die Sitzung für eine Beratung unter der Mehrheit unterbrochen.

Bestimmungen zum Personal der Landtagsfraktionen verabschiedet

Am Nachmittag wurde die Behandlung des Landesgesetzentwurfs Nr. 109/16: „Bestimmungen über das Personal der Fraktionen des Südtiroler Landtages“ (vorgelegt von Landtagspräsident Bizzo) bei Art. 3 wieder aufgenommen.

Art. 3 legt die Voraussetzungen für die Aufnahme des Personals fest.

Riccardo Dello Sbarba beantragte, dass die Einstufung in die Funktionsebene ohne Ausnahme den Voraussetzungen entsprechen sollte, das Dienstalter mit Gehaltsvorrückungen sollte aber anerkannt werden. Pius Leitner wollte die 30-Monate-Frist auf diese und die nächste Legislaturperiode beschränken. Myriam Atz Tammerle beantragte die Reduzierung der Frist auf 6 Monate, dies müsste für die Prüfung reichen; 30 Monate ein bestimmtes Gehalt zu beziehen, ohne die Voraussetzungen zu erfüllen, sei zu viel. Paul Köllensperger plädierte für eine einmalige Übergangsfrist. Der Antrag Leitners zur 30-Monate-Frist wurde angenommen, die anderen wurden abgelehnt. Der Artikel wurde mit 21 Ja und fünf Enthaltungen genehmigt.

Art. 4, 5 und 6 wurden ohne Debatte genehmigt.

In seiner Stimmabgabeerklärung bedauerte Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit), dass der Antrag seiner Fraktion zur Zweisprachigkeit nicht angenommen wurde. Die nun gewählte Ausnahmeregelung sei bedenklich, da würden Personen eine Zeitlang so bezahlt, als hätten sie die geforderten Voraussetzungen. Dennoch werde man dem Gesetz zustimmen, denn die Mitarbeiter hätten ein Recht auf gesicherte Arbeitsverhältnisse.

Pius Leitner (Freiheitliche) betonte die Verpflichtung gegenüber den Mitarbeitern, die sonst auf der Straße gestanden wären. Die Übergangsklausel sei ein vertretbarer Kompromiss, ab dann seien die Zweisprachigkeitsbestimmungen einzuhalten. Die Fraktionen selbst müssten Interesse an zweisprachigem Personal haben.

Paul Köllensperger (5 Sterne Bewegung) meinte, bei einem Nein zur Verfassungsreform sollte dieses Gesetz nicht angewendet werden; die derzeitige Situation sei besser. Bei den Zweisprachigkeitsbestimmungen habe er ein bisschen Bauchschmerzen, werde aber zustimmen.

Alessandro Urzì (L’Alto Adige nel cuore) betonte, dass die angekündigten Einschnitte vor allem die Opposition träfen, nicht die Regierungsmehrheit. Zu diesem Gesetz, das man nicht angestrebt habe, werde man regelrecht gezwungen.

Ricardo Dello Sbarba (Grüne) kündigte seine Zustimmung an. Dennoch blieben die Vorbehalte gegenüber der Bestimmung zur Zweisprachigkeit, die möglicherweise auch anfechtbar sei. Zähle man die Mitarbeiter im Regionalrat dazu, sei die heutige Ausstattung der Fraktionen ausreichend.

Andreas Pöder (BürgerUnion) dankte Präsident Bizzo und Generalsekretär Zelger für den Gesetzentwurf. Er sei nicht der Meinung, dass man zu viel Geld für die Fraktionen ausgebe, anderswo gebe man mehr aus.

Die Verabschiedung dieses Entwurfs sei zeitlich notwendig, erklärte Dieter Steger (SVP). Der Entwurf sei flexibel, denn er räume Möglichkeiten ein. Positiv sei auch die Änderung zur Zweisprachigkeitsbestimmung, die einen breiten Konsens ermögliche.

Der Gesetzentwurf wurde einstimmig genehmigt (31 Stimmen).

Bezirk: Bozen