Von: APA/dpa/AFP
Im Iran ist der deutsch-iranische Doppelstaatsbürger Jamshid Sharmahd trotz internationaler Kritik an dem Todesurteil wegen Terrorvorwürfen hingerichtet worden. Wie das offizielle Justizportal Misan bekannt gab, erfolgte die Exekution Montagfrüh. Deutschland hatte die Aufhebung des Urteils gefordert. Irans Justiz verweigerte bis zuletzt konsularischen Zugang – ein übliches Vorgehen bei Gefangenen mit iranischer Staatsbürgerschaft.
Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz und Außenministerin Annalena Baerbock verurteilten die Hinrichtung – wie Scholz betonte – “auf das Schärfste”. Der Kanzler sprach in einem Post auf der Plattform X von einem “Skandal”. “Jamshid Sharmahd hat nicht einmal die Gelegenheit erhalten, sich im Prozess gegen die gegen ihn erhobenen Vorwürfe zu verteidigen”, unterstrich Scholz. “Die Bundesregierung hat sich immer wieder intensiv für Herrn Sharmahd eingesetzt. Mein tiefes Mitgefühl gilt seiner Familie.”
Außenministerin Baerbock verwies darauf, dass mehrfach ein hochrangiges Team in den Iran entsandt worden sei. “Dabei haben wir Teheran immer wieder unmissverständlich klar gemacht, dass die Hinrichtung eines deutschen Staatsangehörigen schwerwiegende Folgen haben wird”, sagte Baerbock.
Gazelle Sharmahd, die Tochter des Deutsch-Iraners, forderte Beweise für den Tod ihres Vaters und eine “schwere Strafe” für den Iran. Auf X (früher Twitter) erklärte sie am Montag, sie warte darauf, die US- und die Bundesregierung zu sprechen und zu prüfen, ob diese Beweise für die Hinrichtung ihres Vaters haben. Sie forderte die “sofortige Rückkehr meines Vaters (tot oder lebendig)” und eine “schwere Strafe für die Mörder des islamischen Regimes”.
Sharmahd wurde in der iranischen Hauptstadt Teheran geboren, wuchs in Deutschland auf und lebte zuletzt in den USA. Von dort aus setzte sich auch seine Tochter Gazelle vergeblich für die Rettung ihres Vaters ein. Weder flehende Appelle noch politischer Druck zeigten Wirkung. EU-Chefdiplomat Josep Borrell verurteilte die Hinrichtung scharf. Die EU erwäge “Maßnahmen” als Reaktion, schrieb er auf X.
Ein Revolutionsgericht hatte Sharmahd im Frühjahr 2023 wegen Terrorvorwürfen verurteilt. Hintergrund dürfte sein Engagement in der iranischen Exil-Oppositionsgruppe “Tondar” (Donner) sein. Die iranische Staatsführung wirft der monarchistischen Organisation vor, für einen Anschlag im Jahr 2008 in der Millionenstadt Schiras mit mehreren Todesopfern verantwortlich zu sein. Die Vorwürfe lassen sich nicht unabhängig überprüfen. Sharmahds Familie und Menschenrechtler wiesen die Anschuldigungen vehement zurück.
In blau gestreifter Gefangenenkleidung, wie sie im Iran üblich ist, saß Sharmahd vor Gericht. Staatliche Medien veröffentlichten immer wieder Fotos des 69-Jährigen – mal mit Brille, mal mit Gesichtsmaske und weit geöffneten Augen. Die bedrückenden Bilder sind die letzten öffentlich bekannten Aufnahmen vor seiner Hinrichtung. Todesstrafen werden im Iran normalerweise durch Erhängen vollstreckt.
Kritiker bezeichneten den Prozess als grob unfair – Sharmahd durfte keinen eigenen Anwalt wählen, und sein Aufenthaltsort blieb bis zuletzt unbekannt. Geständnisse, die im Staatsfernsehen ausgestrahlt wurden, könnten unter Folter erzwungen worden sein. Der Deutsch-Iraner war im Sommer 2020 unter mysteriösen Umständen während einer Reise aus Dubai in den Iran verschleppt worden; mehrere Berichte sprechen von einer Entführung durch den iranischen Geheimdienst. Seitdem saß er in Isolationshaft. Den Vorsitz im Sharmahd-Prozess hatte Abolghassem Salawati, auch bekannt als “Richter des Todes”, der von den USA und der Europäischen Union mit Sanktionen belegt wurde.
Die Vollstreckung des Todesurteils dürfte in den diplomatischen Beziehungen zwischen Teheran und Berlin zu neuen Spannungen führen. Nach der Protestwelle im Iran im Herbst 2022 und dem gewaltsamen staatlichen Vorgehen gegen die Demonstranten haben sich die Beziehungen zwischen dem Iran und Europa verschlechtert. Auch für ihre Nahost-Politik und die militärische Unterstützung Russlands steht Irans Regierung in der Kritik.
Hinrichtungen europäischer Staatsbürger sind im Iran äußerst selten. Doch mit der Vollstreckung von Todesurteilen gegen einen Schweden und einen Briten, die beide auch die iranische Staatsbürgerschaft besaßen, löste die iranische Justiz im vergangenen Jahr einen Aufschrei aus. Experten kritisierten immer wieder, dass der Sicherheitsapparat des Irans Ausländer inhaftiert, um wichtige Funktionäre im Ausland freizupressen. Auch Sharmahds Familie hoffte bis zuletzt auf einen solchen Deal.
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