Von: mk
Bozen – Österreichs Außenminister Sebastian Kurz, bei den künftigen Nationalratswahlen aussichtsreich platzierter ÖVP-Spitzenmann, hat mit Charme, Härte und einfachen Rezepten heute auch in Südtirol geworben: Zwar hat er die weitere Öffnung des Brenners vorerst zugesichert und damit in Bozen und Rom gepunktet, aber weitere Maßnahmen nicht ausgeschlossen.
Neben Lob für die Autonomie und Entwicklung Südtirols habe Kurz auch sein Generalrezept zum Umgang mit Flüchtlingen werbewirksam wiederholt, erklären die grünen Landtagsabgeordneten Hans Heiss, Riccardo Dello Sbarba und Brigitte Foppa.
„Retten – versorgen – retournieren“, dabei insgesamt die Mittelmeerroute schließen – lautet die Therapie für die Elendsflüchtlinge des afrikanischen Kontinents.
„So gut dieses Rezept in Österreich und in Südtirol ankommt, so gleicht es doch dem Versuch, ein Spaghetti-Sieb als Wasserbehälter zu nutzen. Denn anders als bei der Westbalkanroute gibt es im Norden Afrikas keine handlungsfähigen Staaten, sondern zerfallene Stammesgebiete wie in Libyen ohne staatliche Autorität, dafür aber mit einer Küste von knapp 1800 km Länge, von wo aus Schlepper problemlos ihr übles Geschäft betreiben. Die Regierungen in Ägypten und Algerien dagegen werden sich hüten, Aufnahmelager einzurichten, da sie diese als soziale und politische Zeitbomben betrachten“, erklären die Grünen.
Nicht die Hoffnung auf Wohlstand und ein „Ticket nach Mitteleuropa“, sondern Verzweiflung, Verfolgung, Armut und Kriege in rund zwölf afrikanischen Staaten würden Millionen Migranten durch die Sahara in die Hölle von Libyen treiben, wo sie in Lagern eingepfercht auf eine Chance hoffen. „Die Überbevölkerung des afrikanischen Kontinents und die Wucht der Migrationsbewegung lassen sich nicht einfach stoppen, sondern nur mit einem abgestimmten Paket von Maßnahmen eindämmen, auf die wir Grüne mit humanitären Organisationen gebetsmühlenartig verweisen“, betonen Foppa, Heiss und Dello Sbarba.
International seien Fluchtursachen zu bekämpfen und die Flüchtlingshilfe zu erhöhen, damit Flüchtende in der Nähe ihrer vertrauten Sprach- und Kulturräume bleiben können. Entwicklungszusammenarbeit sollte man gezielt und projektorientiert ausbauen, Handelsbarrieren seien abzubauen und Absatzmärkte zu stärken.
In der EU sollte ein faires Verteilsystem für Asylsuchende endlich umgesetzt werden; Menschen auf der Flucht solle man in gut ausgebauten Erstaufnahmezentren in EU-Grenzländern aufnehmen, betreuen und dann direkt auf EU-Staaten verteilen. In Zentren in Nordafrika könne niemand eine humanitäre Führung garantieren.
In Italien sollten Menschen auf der Flucht in menschenwürdigen, überschaubaren Unterkünften untergebracht werden, wie dies auch in Südtirols kleineren Gemeinden vor Ort bereits erfolgreich praktiziert wird, erklären die Grünen. Spracherwerb, Aus- und Weiterbildung, Berufseinstieg seien nach Kräften zu unterstützen. Bis ein „Marshallplan für Afrika“ greift, werde noch viel Zeit vergehen, da es aktuell weder einen Staatsmann vom Format G. C. Marshalls gibt, noch Afrika mit dem Westeuropa der Nachkriegszeit vergleichbar ist. Bis dahin ließen sich Migrations- und Fluchtbewegungen eindämmen und humanitär gestalten, die Schließung des Mittelmeers aber bleibe eine kurzlebige Illusion, erklären die Grünen abschließend.