DSN lässt Vorwürfe im Fall Hasan E. nicht gelten

DSN wehrt sich gegen “Desinformation und Diskreditierung”

Donnerstag, 30. Januar 2025 | 13:02 Uhr

Von: apa

Am vor drei Wochen sichergestellten Laptop von Hasan E. (20) aus dem Bezirk Bruck an der Leitha, der im März 2024 in Mekka aus religiös-ideologischen Gründen einen Terror-Anschlag verübt haben soll und sich seither in Saudi-Arabien in Haft befindet, wurde nichts Verdächtiges gefunden. Das gab am Donnerstag die Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) bekannt, die bei dieser Gelegenheit wider sie erhobene Vorwürfe in Richtung angeblicher Ermittlungsfehler zurückwies.

Die Staatsanwaltschaft Wien, die mittlerweile gegen Hasan E. ein so genanntes Inlandsverfahren führt, hatte den Laptop am 7. Jänner 2025 sichergestellt und eine Durchsuchung der darauf befindlichen Daten angeordnet. Am Laptop hätten sich “keine Kommunikationsdaten” befunden, teilte nun die DSN mit. Die vorgenommene Auswertung hätte somit “keine weiteren Ermittlungsansätze ermöglicht”, hieß es gegenüber der APA.

DSN wehrt sich gegen “Desinformation und Diskreditierung”

Aus diesem Anlass trat die Behörde einer “Desinformation und Diskreditierung des Verfassungsschutzes” entgegen, nachdem man bereits am vergangenen Dienstag der APA versichert hatte, bei den Ermittlungen zu Hasan E. habe man “zu jeder Zeit alle gesetzlich zur Verfügung stehenden Maßnahmen und Ermittlungsschritte gesetzt”. Durch “verschiedene Entwicklungen der letzten Wochen” sei es “als wahrscheinlich anzusehen, dass durch eine gezielt falsche zeitliche und inhaltliche Darstellung der komplexen Ermittlungen rund um den vereitelten Terroranschlag in Wien (gemeint: die mutmaßlichen Anschlagspläne auf Taylor Swift vom Sommer 2024, Anm.) der österreichische Verfassungsschutz diskreditiert werden soll.” Mediale Vorwürfe in Richtung angeblicher Ermittlungsfehler lässt die DSN nicht gelten.

Die österreichischen Behörden seien erst elf Tage nach Umsetzung der Tat in Saudi-Arabien von den dortigen Stellen auf Hasan E. und dessen mögliche Anschlagspläne hingewiesen worden. Das niederösterreichische Landesamt Staatsschutz und Extremismusbekämpfung (LSE) habe darauf hin “unverzüglich eine Vielzahl an Zeugenbefragungen und zielgerichteten Ermittlungsschritten durchgeführt, worüber der Staatsanwaltschaft auch laufend berichtet wurde”, betonte die DSN gegenüber der APA. Dabei habe man die Wohnung des in Saudi-Arabien Inhaftierten “auf Hinweise für extremistische Tendenzen und Gesinnungen überprüft”. Hinsichtlich des Laptops habe der zuständige Staatsanwalt auf eine Sicherstellungsanordnung verzichtet, nachdem mehrere Personen – darunter der ältere Bruder des Tatverdächtigen – versichert hätten, Hasan E. habe das Gerät seit Monaten nicht genutzt. Ohne eine entsprechende Anordnung war der DSN die Sicherstellung des Notebooks rechtlich untersagt.

21 Zeugen zu Hasan E. befragt

Laut DSN wurden im Zuge der Ermittlungen gegen Hasan E. 21 Zeugen, darunter vor allem Familienmitglieder des jungen Niederösterreichers vernommen: “Alle befragten Personen gaben übereinstimmend zu Protokoll, dass keinerlei Hinweise oder Wahrnehmungen auf Radikalisierungstendenzen oder auf die Begehung von Gewalttaten durch ihn oder andere wahrnehmbar waren.” Aufgrund dieser Aussagen habe die Staatsanwaltschaft davon Abstand genommen, den Sicherheitsbehörden weitere Ermittlungsmaßnahmen anzuordnen: “Ohne diese Anordnung war es der Kriminalpolizei rechtlich untersagt, weitere – eigenständige – Ermittlungsmaßnahmen zu setzen.”

Mittlerweile steht jedoch fest, dass sich Hasan E., der als Anhänger der radikal-islamistischen Terror-Organisation “Islamischer Staat” (IS) gilt, im vergangenen Februar mit den Gleichgesinnten Beran A. – dem Hauptverdächtigen zu den Anfang August bekannt gewordenen Anschlagsplänen auf ein Taylor Swift-Konzert im Wiener Ernst-Happel-Stadion – und einem Dritten mit offiziell ungeklärter Identität zu drei zeitgleichen terroristischen Attentaten verabredet haben dürfte. Diese hätten am 11. März 2024 in Mekka, Dubai und Istanbul stattfinden sollen. Während der zu diesem Zeitpunkt in Dubai aufhältige Beran A. nichts Verbrecherisches unternahm, weil ihn seinen eigenen Angaben zufolge der Mut verließ und er unverrichteter Dinge nach Österreich zurückkehrte, und auch in Istanbul ein Anschlag ausblieb, stach Hasan E. am Gelände der Al-Haram-Moschee in Mekka fünf Personen mit einem Messer nieder und verletzte sie teilweise lebensgefährlich.

Nach Bekanntwerden des Anschlags leitete die Staatsanwaltschaft Korneuburg gegen den 20-Jährigen – wie in derartigen Konstellationen üblich – ein so genanntes Inlandsverfahren wegen versuchten Mordes, terroristischer Vereinigung und krimineller Organisation eröffnet. Dieses wurde am 17. Oktober wegen Nichtgreifbarkeit des 20-Jährigen abgebrochen.

Zu diesem Zeitpunkt war den Behörden allerdings nicht bekannt, dass Hasan E. zumindest seit Mai 2023 in engem Kontakt mit Beran A. und jedenfalls einem weiteren potenziellen Terroristen stand und mit Beran A. regelmäßige Telefonate führte, die teilweise länger als 50 Minuten dauerten. Die beiden tauschten sich außerdem in Chats nicht nur über Terror-Pläne aus, sondern ergingen sich auch in Folter- und Tötungsfantasien hinsichtlich ihrer Ex-Freundinnen.

Erst Festnahme des Terrorverdächtigen Beran A. führte zu Hasan E.

All diese Umstände kamen erst ans Tageslicht, nachdem Beran A. am 7. August 2024 festgenommen und in weiterer Folge seine Handys und weitere Datenträger ausgewertet wurden. Bei Beran A. wurden mehr als 41 Mobiltelefone sichergestellt. “Deren umfangreiche Auswertung, die sich zum Teil schwierig gestaltete, hat einen Kontakt zwischen dem Taylor Swift-Verdächtigen und dem in Saudi-Arabien inhaftierten Verdächtigen zu Tage gefördert”, bestätigte die DSN am Donnerstag in einer schriftlichen Stellungnahme.

Inzwischen ermittelt die Wiener Anklagebehörde gegen Hasan E. und Beran A. wegen versuchten Mordes, terroristischer Vereinigung, krimineller Organisation und weiterer Delikte. Allerdings erscheint fraglich, wann bzw. ob überhaupt Hasan E. der Wiener Strafverfolgungsbehörde je für eine Beschuldigteneinvernahme zur Verfügung stehen wird. Die DSN hatte im vergangenen Jahr insgesamt sieben Mal versucht, Hasan E. in Saudi-Arabien als Zeugen im Verfahren gegen Beran A. zu vernehmen. Sämtliche Termine wurden seitens der saudischen Behörden aber wieder abgesagt bzw. storniert.

Nach der APA vorliegenden Informationen dürfte Hasan E. nach einem Suizidversuch in Saudi-Arabien in ein anderes Gefängnis verlegt worden sein. Eine Delegation der österreichischen Botschaft in Riad soll ihn an seinem 20. Geburtstag Anfang September im Gefängnis besucht haben. Ob es seither ein Lebenszeichen von Hasan E. gibt, ist unklar. Das Außenministerium erteilt dazu keine Auskünfte. Gegenüber der APA hieß es zuletzt, Hasan E werde konsularisch betreut.

Zuletzt hatte sich die Botschaft in einer so genannten Verbalnote an das saudische Außenministerium nach dem aktuellen Gesundheitszustand des 20-Jährigen erkundigt. Diese dürfte unbeantwortet geblieben sein. Zum Gesundheitszustand des jungen Mannes liegen gegenwärtig keine Informationen vor. Dasselbe gilt für den Ermittlungsstand gegen den 20-Jährigen. Die Ermittlungen werden dem Vernehmen nach direkt vom saudischen Staatsschutz geführt.

Heimische Behörden haben keinen Zugriff auf Handydaten von Hasan E.

Die saudischen Sicherheitsbehörden haben auch das Handy des 20-Jährigen beschlagnahmt, weshalb der heinische Staatsschutz zu keinem Zeitpunkt Zugriff auf das Gerät bzw. die darauf gespeicherten Daten hatte. Eine eigene Auswertung war somit unmöglich. Den österreichischen Sicherheitsbehörden war es auch nicht möglich, von etwaigen Kommunikationsverläufen – abgesehen von jenen zu Beran A. – zu erfahren oder diese auszumitteln. Ohne physische Auswertung des Mobiltelefons lassen sich auch Verbindungsdaten im Zuge von Messengerkommunikation nicht festzustellen, da dies die Rechtslage in Österreich nicht zulässt.

Zu dem mutmaßlichen Terror-Netzwerk, das Hasan E. und Beran A. gebildet haben dürften, hält die DSN abschließend fest: “Durch die intensive Ermittlungsarbeit der Verfassungsschutzbehörden und deren Zusammenarbeit auf nationaler und internationaler Ebene wurde im August 2024 ein gefährlicher Angriff in Österreich abgewehrt. Die zahlreich sichergestellten Mobiltelefone und weitere Datenträger haben eine Verbindung zum in Saudi-Arabien inhaftierten Tatverdächtigen zu Tage gefördert. Unmittelbar nach dem dieser Zusammenhang erkennbar war, wurden weitere Sicherstellungen durchgeführt. Die Ermittlungen zu diesem Komplex werden mit Hochdruck und in bester Kooperation mit der zuständigen Staatsanwaltschaft weitergeführt.”

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