Von: mk
Bozen – Der Landtag hat sich am Dienstag mit dem Beschlussantrag Nr. 640/16: Überarbeitung der Einheitlichen Einkommens- und Vermögens-Erhebung EEVE (eingebracht vom Abg. Pöder am 4.8.2016)“ befasst: Die Südtiroler Landesregierung wird verpflichtet, Maßnahmen zur Neuordnung des EEVE-Verfahrens, vor allem im Bereich der Vermögensbewertung und Bemessungskriterien, die sich an den Prinzipien von Transparenz und Kontrolle ausrichten müssen, zu erarbeiten, auch unter Berücksichtigung der Betriebsimmobilien ab einem angemessenen Freibetrag, und diese dem Landtag innerhalb 90 Tagen zur Abstimmung vorzulegen.
“Das Instrument der EEVE muss, nachdem es bereits im Zusammenhang mit den Leistungen im Sozialen und Gesundheitswesen getestet worden ist und auf jene in Wohnbau und Gemeindezuständigkeit ausgedehnt wird, noch weiter verbessert werden”, erklärte Andreas Pöder (BürgerUnion). “Bei der Neuordnung geht es vor allem um ein neues System der Vermögensbewertung und Bemessungskriterien, die sich an den Prinzipien von Transparenz und Kontrolle ausrichten müssen, um Missbräuche zu verhindern und eine höhere Zielgenauigkeit zu garantieren.” Die derzeitige EEVE sehe einige Abzugsmöglichkeiten nicht vor, etwa die Kosten für Schulmensa oder andere Familienausgaben. Auch die Bewertung des Betriebsvermögens müsse gerechter werden.
Pius Leitner (Freiheitliche) erklärte seine uneingeschränkte Zustimmung zum Antrag. Die derzeitige EEVE sei Kommunismus, sie führe auch dazu, dass Vermögen innerhalb der Familie überschrieben werde, um den Wert zu senken. Es sei eine Bestrafung der Fleißigen und Sparsamen. Die Landesregierung solle die Handbremse ziehen und die Parameter neu definieren. Vor allem solle man die 100.000-Euro-Grenze abschaffen, die den Schwindel anreize.
Elena Artioli (Team Autonomie) kündigte ebenfalls Unterstützung an. Die EEVE funktioniere nicht und bringe Familien und Betriebe in Schwierigkeiten. Vor allem der Mittelstand werde benachteiligt. Die EEVE sei ein klares Zeichen, wie sich Südtirol vom italienischen Staat bevormunden lasse, meinte Myriam Atz Tammerle (Süd-Tiroler Freiheit). Mit der EEVE würde vor allem Senioren bestraft und Bürger, die Beiträge bekämen, weil diese als Einkommen berechnet würden.
Die EEVE habe keinen Bezug zu einer staatlichen Regelung, betonte LR Martha Stocker. Sie sei mit Verbänden und Gewerkschaften abgesprochen. Man sei sich bewusst gewesen, dass es auch zu Ungerechtigkeiten kommen könne, etwa wenn das Betriebsvermögen nicht dem Betrieb, sondern einer Holding gehöre. Daher habe man gewisse Standards eingeführt, so etwa ein angenommenes Mindesteinkommen für Selbständige, das dem Mindestlohn eines Angestellten entsprechen müsse. Es werde in Kürze auch Anpassungen zur Bewertung des reinen Besitzes geben. Sollten weitere Korrekturen notwendig sein, dann werde man diese in Absprache mit den Sozialpartnern vornehmen. Stocker plädierte schließlich für eine Ablehnung des Antrags.
Die EEVE müsse in einigen Punkten überprüft werden, betonte Pöder, vor allem sei das Betriebsvermögen zu berücksichtigen. Der Antrag wurde mit zwölf Ja, 17 Nein und drei Enthaltungen abgelehnt.
Beschlussantrag Nr. 715/16: Nein zur öffentlichen Parteienfinanzierung durch das Land (eingebracht vom Abg. Urzì am 16.12.2016. Der Landtag möge sich dafür aussprechen, jedwede Möglichkeit einer öffentlichen Parteienfinanzierung durch das Land, die im Rahmen der Ausarbeitung des gegenständlichen Gesetzentwurfs in Aussicht gestellt wurde, auszuschließen.
Alessandro Urzì (L’Alto Adige nel cuore) erinnerte daran, dass eine Parteienfinanzierung im Rahmen der Debatte zum Gesetzentwurf 109/16 bereits angedacht wurde. Dagegen sollte sich der Landtag deutlich aussprechen. “Die Kosten der Parteien (wohlgemerkt nicht der Politik, sondern der Parteien) müssen von den Parteien mit deren Anhängern und Mandataren selbst getragen und nicht den Bürgern aufgebürdet werden, denn Letztere zahlen die Steuern, um Dienstleistungen zu erhalten und nicht um die Sitze von nimmersatten Parteien zu finanzieren.” Wer eine Partei unterstützen wolle, könne dies bereits über die Steuererklärung. Die Südtiroler Parteien, die vom Staat finanziert worden seien, hätten jetzt große Löcher in der Bilanz. Daher müssten die Parteien wieder lernen, sich selber zu finanzieren.
Seine Bewegung habe keinen Cent Schulden, betonte Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit). Die Demokratie habe ihre Kosten, und wenn man der Logik Urzìs folgen wollte, dann müsste man alle Beiträge abschaffen. Ohne öffentliche Unterstützung würde Politik nur mehr von jenen gemacht, die sie sich leisten könnten. Mehr sparen könnte man mit der Abschaffung des Regionalrats. Zu einer Demokratie gehöre auch ein funktionierendes Parteiensystem. In Italien sei die Parteienfinanzierung abgeschafft worden, gleichzeitig habe man die Politikergehälter erhöht, damit diese die Parteien finanzieren könnten. Besser sei eine transparente Parteienfinanzierung wie in Österreich und Deutschland.
Andreas Pöder (BürgerUnion) sprach sich hingegen für den Antrag aus. Jedes öffentliche Finanzierungssystem werde sicher zugunsten der SVP geschmiedet. Sie habe sich bisher nie für ein lokales Finanzierungssystem eingesetzt, weil sonst auch andere Parteien etwas bekämen. Jetzt, wo Renzi die staatliche Parteienfinanzierung abgeschafft habe, wolle sie eins. Besser als eine Parteienfinanzierung sei eine Finanzierung der Arbeit der Fraktionen.
Walter Blaas (Freiheitliche) befand den Antrag für überflüssig. Die Parteienfinanzierung sei in ganz Italien abgeschafft worden, und daran werde nicht zu rütteln sein. Die Zwei-Promille-Regelung wäre gut, sei aber für Parteien ohne Vertretung in Rom nicht zugänglich. Blaas kritisierte auch Urzìs Wortwahl mit den “nimmersatten Parteien”.
Es gebe derzeit keine gesetzliche Initiative zur Parteienfinanzierung, stellte Dieter Steger (SVP) klar. Urzìs Beweggrund sei billige Propaganda. In der Öffentlichkeit würden Parteien schlecht gemacht, sie hätten selber viel zu diesem Image beigetragen. Man sehe nun auf der ganzen Welt Systeme mit dem starken Mann im Vordergrund, davor graue ihm. Eine private Parteienfinanzierung andererseits gefährde das freie Mandat. Fortschrittliche Demokratien hätten eine sehr hohe Parteienfinanzierung, damit Politiker nicht von irgendwelchen Geldgebern abhängig werden.
Präsident Roberto Bizzo wies darauf hin, dass der Antrag bereits in der Haushaltsdebatte im Dezember behandelt worden sei und daher heute nicht mehr behandelt werden könne.
Beschlussantrag Nr. 723/16: Finanzielle Beihilfen bzw. Darlehen für Südtiroler Medizinstudenten (eingebracht vom Abg. Köllensperger am 23.12.2016). Der Landtag möge die Landesregierung verpflichten, die rechtlichen und inhaltlichen Voraussetzungen zu prüfen, ob Südtiroler Medizinstudentlnnen finanzielle Zuwendungen in Form von Darlehen gewährt werden können, mit gleichzeitiger Verpflichtung nach dem Studium ihre Tätigkeit für einen Mindestzeitraum auf dem Landesgebiet auszuüben.
“Südtirol hat trotz großer Anstrengungen Schwierigkeiten bei der Suche und Anstellung neuer Ärzte, nicht nur wegen der Konkurrenz der Nachbarregionen im ln- und Ausland, sondern auch aufgrund der Voraussetzung der Doppelsprachigkeit”, erklärte Paul Köllensperger (5 Sterne Bewegung). “Umso wichtiger ist es, unsere eigenen Jugendlichen zu Ärzten auszubilden.” Die Verpflichtung zum Dienst in Südtirol bzw. zur Zurückzahlung gebe es bereits für Fachärzte, man sollte sie auf Medizinstudenten ausdehnen. Finnland praktiziere diese Vorgehensweise seit vielen Jahren mit großem Erfolg.
Das Darlehen sei ein positiver Anreiz, aber auch ein Tropfen auf den heißen Stein, meinte Sven Knoll (STF). Die meisten Südtiroler Medizinstudenten wollten ja zurückkehren, aber das sei schwierig. Bis Ende der Ausbildung sei man 30 oder 35, habe sich anderswo bereits ein Leben aufgebaut, mit Wohnung, Familie u.a. Außerdem gebe es Hindernisse für eine Rückkehr, etwa bei der Anerkennung der Ausbildung, wenig Forschungsmöglichkeiten. Er wundere sich, warum das Land die Medizinische Universität Innsbruck nicht unterstütze, die Medical School sei keine Lösung.
Es lasse sich nicht feststellen, wer zurück wolle und wer nicht, erwiderte Dieter Steger (SVP). Diese Freiheit wolle man den Jungmedizinern lassen. Das Land bemühe sich, die Voraussetzungen für eine Rückkehr zu verbessern, zum Beispiel bei der Anerkennung, wo bisher sowohl Italien als auch Österreich eine Hürde gewesen seien. Der Vorschlag Köllenspergers sei ebenfalls ein Beitrag dazu.
In dieser Frage sei man ganz einfach beim falschen Staat, meinte Pius Leitner (F), hier sei die Autonomie an ihre Grenzen gestoßen, ebenso die EU, die keine Vereinheitlichung schaffe. Die meisten möchten schon nach Südtirol zurück. Früher seien Südtiroler im Ausland von der Sanitätseinheit abgeworben worden, er frage sich, warum man das nicht mehr mache.
Der Brief der Jungmediziner habe für Bewegung gesorgt, meinte Hans Heiss (Grüne), und zeige nun auch Wirkung. Man müsse die Voraussetzung für eine Rückkehr schaffen, und der Vorschlag Köllenspergers gehe in diese Richtung. Man könne sich in Sachen Anwerbung auch von Vorarlberg etwas abschauen.
Die Konkurrenz im deutschsprachigen Raum sei groß, erklärte Tamara Oberhofer (F), daher müsse Südtirol noch intensiver werben. Laut Jungmedizinern liege es an den Rahmenbedingungen, dass eine Rückkehr nicht attraktiv sei. Anderswo sei die Ausbildung ein Arbeitsverhältnis, in Italien ein Lehrverhältnis. Südtirol müsse auch auf die Zweisprachigkeit der Ärzte achten, und das sei in Italien schwierig.
Es gebe bedauernswertere Situationen unter Jugendlichen als jene der Jungärzte, meinte Andreas Pöder (BU), vor allem, wenn man auf die Gehälter schaue. Aber wenn man sie brauche, müsse man eine Lösung suchen. Wenn dieser Vorschlag zur Lösung beitrage, sei das wunderbar.
Das Problem seien nicht die Gehälter der Ärzte, sondern der Ärztemangel in der deutschen Sprachgruppe, erklärte Sigmar Stocker (F). Andere Länder hätten bessere Angebote für unsere Jungmediziner, während Ärzte aus anderen Regionen Italiens gerne nach Südtirol kämen. Das habe auch volkstumspolitische Aspekte. Südtirol brächte andere Regeln als Italien, um sich an den mitteleuropäischen Standards orientieren zu können.
Der springende Punkt sei der Mangel an deutschsprachigen Fachärzten, bestätigte Myriam Atz Tammerle (STF). Es gebe oft genug Probleme, einen deutschsprachigen Befund zu erhalten. Südtirol sei nicht untätig, werde aber von anderen Ländern überholt, wenn es um günstige Bedingungen gehe. In Südtirol fehlten z.B. die Aufstiegschancen.
LR Martha Stocker wunderte sich über die Debatte. Manche seien imstande, auch gute Daten, etwa zur Beschäftigung, schlechtzureden. Die Landesregierung sei bemüht, gute Bedingungen zu schaffen, mit Beiträgen, Unterkunft, kulturellem Angebot u.a. Die Gehälter für Fachärzte seien durchaus konkurrenzfähig. Seit Trump bemerke man eine Tendenz zum Protektionismus, auch in europäischen Staaten. Stocker plädierte schließlich für die Annahme des Antrags.
Es gebe mehrere Möglichkeiten zur Lösung, erklärte Paul Köllensperger, wichtig sei, dass man aktiv werde. Südtiroler Jungmediziner würden gegen Studienende aktiv von anderen abgeworben. Der Antrag wurde bei einer Enthaltung angenommen.