Von: mk
Bozen – Die Mehrheit der Amerikaner ist extrem verunsichert. Da sind das tödliche Virus und die massiven wirtschaftlichen Probleme. In den überwiegend von Weißen bewohnten Vorstädten kommt es zu massiven Protesten gegen Polizeigewalt und Rassismus, während Mega-Feuer weite Teile der Westküste in Brand setzen. In dieser Situation trübt die Sehnsucht nach einer starken Hand bei vielen US-Amerikanern die kritische Ursachenforschung.
Dass Donald Trump als amtierender Präsident ein Teil des Problems ist oder Probleme zumindest verschlimmert, wollen viele immer noch nicht wahrhaben. Grundsätzlich leidet Trump an zwei Krankheiten: Einerseits hat er – gelinde gesagt – ein kompliziertes Verhältnis zur Wahrheit. Andererseits ist er ein hoffnungsloser Egoist.
So hat Trump erst kürzlich erneut verkündet, dass die USA in wenigen Wochen einen Impfstoff gegen das Coronavirus haben würden, obwohl dies als äußerst unwahrscheinlich gilt. Er leugnet den Klimawandel und blockiert Gelder für Anti-Rassismus-Schulungen der Mitarbeiter staatlicher Behörden.
Im Interview mit dem Journalisten Bob Woodward räumte er ein, die Gefahr der Pandemie absichtlich heruntergespielt zu haben, um keine Panik auszulösen. Dabei wusste er bereits Anfang Februar, dass das Virus sich über Luft überträgt und eine höhere Sterberate als eine Grippe aufweist.
Nach außen hin präsentiert sich Trump als harter Kerl, der sich um die Wissenschaft und die ganzen Nerds nicht kümmert, der alle Corona-Maßnahmen schnellsten hinter sich lassen und die Wirtschaft wieder ankurbeln möchte. Doch wenn es ernst wird, denkt er zunächst an seine eigene Haut: Im Gespräch mit Woodward im April räumte er ein, den Raum verlassen zu haben, als jemand niesen musste. Zur selben Zeit hatte er Gouverneure aufgefordert, den Lockdown zu beenden.
Dafür mimt er außenpolitisch den starken Mann, wie etwa bei der Unterzeichnungszeremonie des Abkommens zwischen Israel und Bahrain und den Vereinigten Arabischen Emiraten. Trump will allen zeigen, wie viel Kraft noch in ihm steckt und wie leicht es ihm fällt, seinen Herausforderer Joe Biden alt aussehen zu lassen. Hoffentlich geht die Rechnung nicht auf.