Von: mk
Bozen – Die Grünen haben heute in Bozen im Rahmen einer Pressekonferenz ihren Landesgesetzentwurfs „Präventive Menschenrechtskontrolle“ vorgestellt.
Zwar haben theoretisch alle Menschen ein Recht auf Freiheit und auf ein selbstbestimmtes Leben. Unter bestimmten Bedingungen ist dieses Recht allerdings eingeschränkt. Die gravierendste Form dieser Einschränkung ist die Gefängnisstrafe. Es gibt aber noch andere Lebenssituationen, in denen wir faktisch eine Einschränkung der persönlichen Selbstbestimmung erfahren oder erfahren können: Wenn wir beispielsweise stationär ins Krankenhaus müssen oder zum Pflegefall werden, wenn wir alt sind und ins Altersheim kommen, wenn wir nicht (mehr) bei Bewusstsein sind, wenn wir in eine psychische oder soziale Krisensituation geraten, in einer Notunterkunft wohnen, wenn wir Gäste in einer Flüchtlingsunterkunft sind o.ä.
„Auch unter eingeschränkten Freiheitsbedingungen müssen die Grundrechte garantiert werden“, fordern nun die Grünen.
In Österreich ist die Volksanwaltschaft für die Überwachung der Einhaltung der Menschenrechte in sämtlichen Einrichtungen, in denen Menschen mit einer bestimmten Einschränkung ihrer persönlichen Freiheit leben, zuständig. Die Volksanwaltschaft ernennt dafür eine Kommission, die regelmäßig Besuche in Justizanstalten, Kasernen, psychiatrischen Einrichtungen, Alten- und Pflegeheimen, Krisenzentren, Wohngemeinschaften für Jugendliche sowie Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen durchführt.
„Wie der ehemalige österreichische Volksanwalt, Dr. Günther Kräuter, bei der von unserer Volksanwältin organisierten Tagung im August 2016 im Südtiroler Landtag berichtete, wurden bei diesen Besuchen immer wieder Situationen vorgefunden, in denen die Grundrechte eingeschränkt waren. Personalmangel, Schichtarbeit, Überlastung, organisatorische Mängel, veraltete Strukturen – das sind nur einige der Gründe, die dem Problem zugrunde liegen können“, erinnerten die Grünen. Die Tatsache, dass Besuche durchgeführt werden, führe zu mehr Bewusstwerdung der Problematik und einer allgemeinen Verbesserung der Situation, so Kräuter.
In Italien und in Südtirol sei die Situation erst zum Teil rechtlich erfasst worden. Was die Rechte von Kindern und Jugendlichen angeht, gebe es die Garantenfigur in der Kinder- und Jugendanwaltschaft. Der Kinder- und Jugendanwalt oder die Kinder- und Jugendanwältin hat den gesetzlichen Auftrag zur Überwachung der Einhaltung der Menschenrechte, was Minderjährige betrifft.
„Für die Grundrechte von Erwachsenen, die in einer Situation der eingeschränkten Freiheit leben, gibt es dahingegen keine präventive Handhabe. Die Volksanwaltschaft wäre dazu prädestiniert, die präventive Menschrechtskontrolle auszuüben, ist aber (noch) nicht mit dem nötigen Mandat ausgestattet. Diese gesetzliche Lücke soll mit dem Entwurf geschlossen werden, indem der Aufgabenbereich der Volksanwaltschaft durch die Ausübung der präventiven Menschenrechtskontrolle erweitert wird“, erklären die Grünen.
Zum Inhalt des Entwurfs
Im Artikel 1 des grünen Gesetzentwurfs wird die Aufgabe der präventiven Menschenrechtskontrolle dem Aufgabenkatalog der Volksanwältin oder des Volksanwalts hinzugefügt. Die Volksanwältin oder der Volksanwalt wird somit mit der Aufgabe betraut, Einrichtungen wie Krankenhäuser, Seniorenwohnheime, Pflegeeinrichtungen, Langzeitpflegeanstalten, Einrichtungen für psychisch Kranke oder Menschen mit Beeinträchtigung usw. regelmäßig zu besuchen und zu überprüfen und den Einrichtungen auch beratend zur Seite zu stehen. Dazu kann die Volksanwältin oder der Volksanwalt auch unabhängige Kommissionen ernennen, die diese Tätigkeit begleiten und unterstützen. Die Einrichtungen müssen alle erforderlichen Unterlagen zur Verfügung stellen und die Volksanwaltschaft muss ihrerseits auf die Erfordernisse der Einrichtungen Rücksicht nehmen.
„Es soll ein klarer Schritt zur Sensibilisierung für die Rechte aller Menschen und deren Einhaltung auch in unserem Land gesetzt werden. Denn auch innerhalb bestimmter Umstände, die Freiheit und Selbstbestimmung einschränken, bestehen die Menschenrechte fort. Umso mehr braucht es hier Institutionen und Personen, die dafür sorgen, dass dies auch in der Realität so bleibt“, erklären die Grünen.