Von: mk
Bozen – Spuren von Pflanzenschutzmitteln bedeuten nicht automatisch ein Gesundheitsrisiko. So lautet die Antwort von Landesrat Arnold Schuler auf den offenen Brief der Umweltschutzgruppe Vinschgau.
In Südtirol wird Pflanzenschutz durch Vorschriften des integrierten Anbaus bzw. von biologischen Anbauverbänden streng geregelt und der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln auf das notwendige Maß beschränkt. “Nur weil etwas messbar ist, muss es noch lange nicht bedenklich für die Gesundheit sein”, unterstreicht Landwirtschaftslandesrat Arnold Schuler, “es kommt vielmehr auf die Menge an”.
Der Einsatz von Pflanzenschutzmittel ist erforderlich, um Pflanzen vor Schaderregern zu schützen. Auch bei einem sachgerechten Einsatz dieser Mittel können Rückstände im Erntegut und in den daraus gewonnenen Lebens- und Futtermitteln verbleiben.
Mit der heutigen Labortechnik sind selbst Mengen im Spurenbereich messbar. Man findet deswegen heute alle möglichen Spuren von Stoffen und eben auch von Pflanzenschutzmitteln. Dies bedeutet aber nicht automatisch eine Gesundheitsgefahr.
Vor 50 Jahren konnte bis zu 1 Part per Million (ppm) gemessen werden. Das ist ein Milligramm pro Liter oder Kilogramm. Die Nachweismethoden für Spurenstoffe sind in den letzten 50 Jahren immer empfindlicher geworden. Heute kann bereits 1 Part per Quadrillion (ppq) nachgewiesen werden. Praktisch bedeutet dies, dass man ein einzelnes Roggenkorn in einem 20.000 Kilometer langen Güterzug voll Weizen nachweisen kann. Was man sucht, das kann man also auch finden.
Rückstandshöchstgehalte sind keine toxikologischen Grenzwerte
Grundsätzlich gilt: Ein Vergleich von Rückständen auf Gras oder in Wasser mit den Rückstandshöchstwerten auf Lebensmitteln ist zwar fachlich unzulässig, weil Gras ja nicht gegessen wird, aber es kann helfen, die Werte einzuordnen und ein Gefühl für diese zu bekommen.
Für jedes Lebensmittel gelten eigene Rückstandswerte. Die gesetzlich festgelegten maximalen Rückstandsmengen in Milligramm pro Kilogramm liegen generell weit unter der für den Menschen toxikologischen Menge (Faktor 100).
Rückstandshöchstgehalte geben die maximal zulässige Konzentration eines Pflanzenschutzmittelwirkstoffs in einem Lebensmittel an. Die Überschreitung eines Rückstandshöchstgehalts stellt einen Gesetzesverstoß dar, die Ware darf nicht in Umlauf gebracht werden. Dies muss aber nicht bedeuten, dass der nachgewiesene Rückstand auch ein Risiko für Verbraucher darstellt. Rückstandshöchstgehalte sind nämlich keine toxikologischen Grenzwerte.
Im Mai wurden im Auftrag der Umweltschutzgruppe Vinschgau an acht
Standorten im Vinschgau Pflanzenproben in der Nähe von Apfelanlagen entnommen, und zwar bei den Grundschulen Tartsch, Eyrs, Tschars, am Sportplatz Goldrain, Kinderspielplatz Kompatsch-Naturns, Radweg Plaus, in einem Privatgarten und in einer Grünlandwiese in Prad. Die Proben wurden im Labor für Lebensmittelanalysen der Landesagentur für Umwelt in Bozen auf Pestizidrückstände analysiert, die Analyseergebnisse vom Toxikologen Peter Clausing interpretiert.
“Die nun im Gras gefunden Rückstandsmengen liegen größtenteils weit unter den maximal erlaubten Rückstandshöchstgehalten von Lebensmitteln mit Ausnahme von zwei Ausreißern, die genauer untersucht werden sollen”, erläutert Landesrat Schuler. Einzelne Rückstandsmengen auf dem Gras sind zwar höher, aber Rückstände auf Gras, das nicht zum Verzehr bestimmt ist, lassen sich nicht mit Rückständen auf Lebensmitteln vergleichen.
“Was die toxikologische Bewertung der Kontaminationen betrifft, so sind die Werte niedrig”, weist Landesrat Schuler hin. Selbst der Toxikologe Peter Clausing, der die Analyseergebnisse im Auftrag der Umweltschutzgruppe Vinschgau interpretierte, kommt zum Schluss, dass viele der Rückstandswerte vergleichsweise gering sind.
Rückstände weiterhin auf Minimum beschränken
Eine gesundheitliche Gefährdung ist bei oraler Aufnahme um ein vielfaches höher als bei Kontakt. Wenn nun schon die gefundenen Werte im Gras, das man ja nicht isst, weit unter dem Höchstwert liegen, dann ist die Menge, die man über den Umweg der Hände, z.B. beim Verzehr der Jause, in den Mund bekommt, nochmals um vieles niedriger.
Insgesamt kann gesagt werden, dass sich die heurige Situation zum Jahr 2014 in den wieder beprobten Orten verbessert hat, obwohl die Witterung im heurigen Frühjahr nicht einfach war. So wurden etwa in der diesjährigen Grasprobe des Sportplatzes Goldrain zwei Mal weniger Chlorpyriphos und acht Mal weniger Fluazinam als im Jahr 2014 gefunden.
“Trotzdem muss weiterhin alles getan werden, um die Rückstände auf ein Minimum zu reduzieren”, betont Agrarlandesrat Schuler. Es gibt sicher auch noch Verbesserungspotential, insbesondere in der Ausbringungstechnik, beim Verzicht auf bestimmte Pflanzenschutzmittel, Rückstandsanalysen usw.
Landesrat Schuler ersucht die Umweltschutzgruppe Vinschgau erneut, die Landesverwaltung bzw. die Bürgermeister vor Ort bei den Untersuchungen und den Probenentnahmen miteinzubinden, nicht nur weil diese für etwaige Maßnahmen verantwortlich sind, sondern auch um die Ursachen verstehen zu können.
“Wir werden weiterhin Proben nehmen, um zusätzliche Sicherheit zu garantieren und die Wirksamkeit der Maßnahmen zu überprüfen”, erklärt Landesrat Schuler.