Chats bringen erstmals konkrete Hinweise auf geplanten Pride-Anschlag

Erste konkrete Hinweise auf Anschlagspläne auf Pride-Parade

Dienstag, 07. November 2023 | 15:21 Uhr

Von: apa

Neue Erkenntnisse zu jenen drei jungen Männern, die im Verdacht stehen, einen Anschlag auf die Wiener “Pride” am 17. Juni geplant zu haben, kommen einmal mehr aus dem europäischen Ausland. Bei einem mutmaßlichen Jihadisten konnten die dortigen Behörden ein Handy sicherstellen, auf dem die Ermittler Chatverläufe mit den Beschuldigten gefunden haben. Einer von ihnen soll über einen geplanten Anschlag in Wien bei einer “gay parade” kommuniziert haben.

Dabei soll er angegeben haben, Teilnehmer der Veranstaltung mit einem Auto überfahren beziehungsweise diese mit Messern attackieren zu wollen, wie eine gemeinsame Recherche von “Puls 24”, des “Standard” und der APA ergab. In den Ermittlungen gegen den 15-jährigen Wiener und das 18- und 20-jährige Brüderpaar aus St. Pölten ist das der erste konkrete Hinweis auf einen geplanten Anschlag. Bisher wurde auf den Handys der drei IS-Propaganda gefunden, der Jüngste soll entsprechendes Material auch selbst angefertigt, einen “Terror-Kanal” gegründet und mehrere Bombenbau-Anleitungen besessen haben.

Über verschiedene Social-Media-Plattformen soll der im Ausland aufhältige mutmaßliche Islamist, dessen Mobiltelefon nun weitere Details ans Licht brachte, Kontakt zu dem St. Pöltner Brüderpaar gehabt haben. Zuerst zu dem 18-Jährigen, dieser soll dann den Kontakt zu seinem großen Bruder hergestellt haben. Im Frühjahr 2023 soll dann eine Kommunikation mit dem ausländischen mutmaßlichen Jihadisten über einen geplanten Anschlag in Wien, genauer bei einer “gay parade” stattgefunden haben.

Der 18-jährige Bruder chattete zumindest mit zwei mutmaßlichen IS-Unterstützern außerhalb Österreichs, wobei Anschlagspläne auf die Wiener “Pride-Parade” thematisiert wurden und er in Aussicht stellte, in Tschechien eine “AK-47” und ein großes Messer für einen Terroranschlag zu erwerben. Dabei soll ihn sein älterer Bruder “zumindest psychisch unterstützt” haben.

Aber auch beim zum Zeitpunkt der Wiener Pride-Parade erst 14-Jährigen fanden die Ermittler auf dem Handy einiges, was auf eine Radikalisierung des jungen Mannes hindeutet. So soll er terrorismusförderndes Propaganda-Material erstellt und bearbeitet haben, in einer Chatgruppe Fundraising für Waffenkäufe für den Islamischen Staat der Provinz Khorasan (ISKP, Ableger des IS der in weiten Teilen Afghanistans, Pakistans, des Iran und Zentralasiens aktiv ist) betrieben haben und angegeben haben, sich dem ISKP in Afghanistan anschließen zu wollen, sobald er die Volljährigkeit erreicht habe.

Gegen die drei Terror-Verdächtigen wird von der Staatsanwaltschaft St. Pölten ermittelt. Wie Behördensprecher Leopold Bien auf APA-Anfrage mitteilte, dürften diese noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Rechtshilfeersuchen an zwei europäische Staaten sollen Licht in noch offene Fragen bringen, zudem liegt auch noch kein Abschlussbericht der Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) vor.

In einem wenige Wochen alten Bericht der Deradikalisierungsstelle “Derad” heißt es, das St. Pöltner Brüderpaar sei “bemüht, alles richtig zu machen”. Beim jüngeren der beiden konnte “eine echte Radikalisierung im Sinne verfestigter extremistischer Ansichten oder Verhaltensmuster anhand bisheriger Gespräche nicht festgestellt werden”.

Erstmals bekannt wurden die vermeintlichen Anschlagspläne am Tag nach der Pride-Parade, als die Direktion für Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) die Öffentlichkeit in einer eilig einberufenen Pressekonferenz darüber informierte, einen Anschlag vereitelt und mehrere Hausdurchsuchungen bei den Verdächtigen durchgeführt zu haben. Auf die drei aufmerksam gemacht wurde die DSN von einem ausländischen Partnerdienst. In den bisher bekannten Chats fanden die Ermittler zwar einiges an Terrorpropaganda, der Konnex zur “Pride” fehlte jedoch. Gegen die drei jungen Männer wird im Zusammenhang mit den mutmaßlichen Anschlagsplänen wegen terroristischer Vereinigung und krimineller Organisation ermittelt. Der 14-Jährige wird zudem der Anleitung zur Begehung einer terroristischen Straftat verdächtigt. Alle drei Verdächtigen befinden sich inzwischen wieder auf freiem Fuß.